Alkohol und Schmerzen: Warum die Uni Bamberg Testtrinker sucht

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Foto: Arno Burgi dpa
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Fotos: Groscurth
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Alkohol trinken für die Wissenschaft: Die Uni Bamberg untersucht den Zusammenhang von Alkohol und Schmerzempfinden.

Es war eine Meldung, die sich in Windesweile über ganz Deutschland verbreitete: Die Bamberger Uni sucht Testtrinker für eine Studie über Alkohol und Schmerzempfinden. Schöne Vorstellung: Wissenschaftler flößen Probanden hochprozentige Getränke ein, um so neue Erkenntnisse zu bekommen.

Dabei hat das Ganze einen ernsten Hintergrund. Denn der Lehrstuhl Physiologische Psychologie von Prof. Stefan Lautenbacher betritt wissenschaftliches Neuland. Lautenbacher erklärt: "Menschen, die viel Alkohol trinken, klagen oft über Schmerzen. Patienten mit chronischen Schmerzen wiederum greifen häufig zur Flasche. Nach wie vor ist aber wenig bekannt, wie Alkoholkonsum und Schmerzempfinden zusammenhängen." Gemeinsam mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Claudia Horn-Hofmann und Eva Capito will er nun Licht in dieses Dunkel bringen. Bislang existieren nur wenige Arbeiten zu diesem Thema, die zumeist aus den 70er und 80er Jahren stammen.


Hausmittel Alkohol?

Es wäre eine bizarre Vorstellung: Ein Schoppen Wein oder eine Halbe Bier haben eine therapeutische Wirkung und Alkohol dient plötzlich nicht mehr nur dem Genuss, sondern hat eben auch heilende Kräfte. Nun ja, viele glauben ja schon heute an diesen Effekt. Bewiesen wurde er aber noch nie.

Dabei gibt es durchaus Stoffe, die eine interessante Karriere hinter sich haben. Wie etwa Cannabis. Galt es früher als reines Suchtmittel, so rückt diese Pflanze immer mehr in den Fokus von Forschung oder Pharmafirmen, die aus Cannabis effektivere Schmerzmedikamente entwickeln wollen. "Häufig gilt ja auch der Genuss von Alkohol quasi als Hausmittel zur Selbstheilung bei bestimmten Schmerzarten. Das wollen wir näher analysieren und herausfinden, wie Alkohol unser Schmerzempfinden beeinflusst", sagt Claudia Horn-Hofmann.


So läuft die Studie ab

Doch wie genau läuft nun der Test an der Uni Bamberg ab? Die Teilnehmer müssen dreimal ins Labor des Lehrstuhls kommen. Diese Treffen finden in einem Abstand von jeweils zwei bis fünf Tagen statt und dauern jeweils ungefähr zwei Stunden. Die Probanden erhalten zudem eine Aufwandsentschädigung von 180 Euro. Im Uni-Labor wird gemessen, wie Testpersonen nüchtern Schmerzen empfinden und damit umgehen. Das geschieht zum einen mit einer Thermopode (einer kleinen Metallplatte), die am Unterarm befestigt wird und sich allmählich erwärmt. Wird sie zu heiß, muss dies der Teilnehmer angeben. Zum anderen wird bei einem weiteren Versuch die Hand in 46 Grad warmes Wasser gelegt und die Zeit gemessen, bis das Ganze unangenehm wird.

Sind beide Tests fertig, kommt der Alkohol ins Spiel. Die Wissenschaftler arbeiten mit einem Getränk namens "Blauer Kapitän" - einem Longdrink aus Blue Curacao, Limettensaft und Ethanol. Je nach Besuch wird bis zum Promillewert 0,6 sowie 0,8 getrunken. Außerdem befindet sich bei einem der drei Termine gar kein Alkohol im Getränk. "Wir wollen herausfinden, ob das Mix-Getränk Schmerzen verdrängen kann, oder seine Wirkung dazu führt, dass wir zwar Schmerzen spüren, doch sie uns eher egal sind", so Lautenbacher. Alkohol ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Menschen, die viel unter Schmerzen leiden - etwa wegen einer Erkrankung am Kreuz, den Schultern oder den Gelenken - würden häufig trinken, um ihre Leiden abzumildern. So kann aber ein Abgleiten in eine Alkoholsucht die Folge sein, meint der Wissenschaftler. "Schließlich gewöhnt sich der Organismus an den Konsum, was zur Folge hat, dass diese Menschen immer mehr trinken und damit eine Abhängigkeit droht."


Zu viele Nebenwirkungen

Dann ist Alkohol also alles andere als ein Schmerzmittel? "Davon gehe ich aus, auch wenn diesen Beleg erst unsere Studie liefern kann. Ich glaube aber, dass Alkohol einfach zu viele Nebenwirkungen hat und daher zu einer solchen Anwendung eher nicht geeignet ist", so der Psychologe. Das klingt zum Glück nach Entwarnung - und ein Seidla Bier wird wohl auch nach der Studie nicht apothekenpflichtig.
Die Ergebnisse der Bamberger Forscher sollen auf jeden Fall in den kommenden Monaten vorliegen.