Tiefkühlkost erhitzt die Gemüter

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Bei der Vorstellung des neuen Tiefkühl-Systems im Oktober hatte der Vorstandsvorsitzende der Sozialstiftung, Xaver Frauenknecht (rechts), auf eine Erhöhung der Essensqualität gehofft. Foto: Sebastian Schanz
Bei der Vorstellung des neuen Tiefkühl-Systems im Oktober hatte der Vorstandsvorsitzende der Sozialstiftung, Xaver Frauenknecht (rechts), auf eine Erhöhung der Essensqualität gehofft.  Foto: Sebastian Schanz

Über die Bamberger Klinik bricht mal wieder eine Welle der Beschwerden herein: Das neu eingeführte, gefrorene Essen wird als unappetitlich geschmäht. Defekte Aufwärm-Wagen sorgen in den Stationen für Probleme.

Bamberg diskutiert über einen Linseneintopf. Ein Besucher im Krankenhaus hat in den sozialen Medien ein Foto eines Gerichtes im Bamberger Klinikum online gestellt. Darauf zu sehen: zwei Wienerle, die in einer grünen Pampe liegen, die aussieht wie eine Pressspanplatte. Sofort prasselte eine Welle der Empörung über die Sozialstiftung herein.

"Der Koch sollte besser in der Pathologie arbeiten", schrieb Martin G.; Catharina F. meinte: "Puh, erschreckend wenn man das hier so liest. Wenn das Essen so einen hohen Stellenwert hat und Leute deswegen nicht mal mehr im Klinikum liegen möchten, kann man nur froh sein, dass Pflege und Ärztemangel aktuell kein Thema sind." Kaum jemand ließ am Internetpranger ein gutes Haar am Klinikessen - die meisten fanden ein Haar in der Suppe. Eine Einschätzung lieferte Iva S. : "Die Gerichte, die verkostet wurden, waren damals alle gut. Dann wurde der neue Auftrag erteilt, und nach und nach wurde das Essen schlechter. Jetzt ist es eine Katastrophe." Doch nicht alle sprangen auf den Zug auf. Julia B. schrieb: "Also ich weiß ja nicht, was ihr alle habt, aber ich kenne das Essen anders. Sieht gut aus und ist auch gut."

Die Klinikleitung räumte Probleme ein. Was den explosiven Linseneintopf angeht, sagt Finanzvorstand Johannes Goth: "Er hatte die vorgesehene Temperatur und auch Geschmack, aber die Konsistenz war nicht korrekt."

Das eigentliche Problem rühre aber daher, dass die Sozialstiftung mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Im Oktober hat die Trägerin der Kliniken das gesamte Essens-System in ihren Häusern für fast zwei Millionen Euro umgestellt - auf Tiefkühlkost. Die wird auf Wochen im Voraus in der Hofmann-Menü-Manufaktur in Baden-Württemberg hergestellt, tiefgefroren, nach Bamberg transportiert - und in den Stationen aufgetaut.

Bei 570 000 Portionen pro Jahr, bei 22 verschiedenen Kostformen täglich, sei die eigene Küche an ihre Grenzen geraten, sagt Goth. Durch die langen Wege mit dem vierten Bettenturm hätte man anders auch nicht die Hygiene-Vorgaben einhalten können: "Wir müssen eine vorgegebene Zeit einhalten, vom Kochen bis zum Servieren, auch die Temperatur des Essens muss passen, wenn es beim Patienten ankommt." Die neue Methode, die in einigen Groß-Krankenhäusern praktiziert werde, mache dies möglich: Die gefrorenen Portionen werden in großen Wagen aufgetaut und erwärmt, was auch die Vitamine besonders gut erhalten soll.

Zumindest in der Theorie, denn: "Unsere Aufwärm-Wagen sind ausgefallen", sagt Goth. Schuld sei der Hersteller. Obwohl die Stiftung in der Ausschreibung darauf hingewiesen habe, dass die Wagen bei der hygienischen Reinigung hohe Temperaturen aushalten müssen, seien einige Plastikteile dadurch beschädigt worden. Das Ergebnis: Die Portionen wurden nicht mehr zuverlässig erwärmt. Bei den Patienten sei keine kalte Nahrung angekommen - aber das Klinikpersonal habe sie nachträglich erhitzen müssen, sagt Goth. Eine Belastung. Gerade sei der Hersteller dabei, die Wagen auf eigene Rechnung auszutauschen. Alle 72 Wagen seien betroffen, 50 seien bereits ausgebessert, in der nächsten Woche soll die Nachbesserung abgeschlossen sein.

Ja, es habe einige Beschwerden wegen des Essens gegeben, räumt Goth ein. "Auch wir waren mit der Qualität aufgrund der Ausfälle nicht zufrieden."

Kommentar des Autors:

Das Auge isst mit, heißt es. Kein Wunder also, dass sich über 150 Leute über ein Essen beschweren, das sie gar nicht probiert haben. Es war warm und der Geschmack passte auch - aber es sah eben aus, wie schon mal gegessen. Zack, schon bricht ein Shitstorm über das Klinikum herein. Andere Nutzer stellen Fotos von ihren Portionen online. Die Nudeln auf dem Teller sind etwas verrutscht - eine "Zumutung", heißt es gleich. Ein Foto zeigt typisches Geschnetzeltes - eine "Frechheit", tönt es am Internetpranger. Was keiner schreibt: Essen im Krankenhaus wird immer schlechter schmecken als im Sterne-Restaurant. Mit Tropf am Arm und Katheter am Bein schmeckt selbst die Leibspeise fad. Der Fernsehkoch Alfred Biolek wird mit den Worten zitiert: "Die Leute, die zu Hause am schlechtesten kochen, beschweren sich auswärts am meisten." Schon allein deshalb hätte der Klinikleitung klar sein müssen, dass die Schließung der Küche im Krankenhaus samt Umstellung auf Tiefkühlkost eine heikle Sache ist, die den Ruf schädigen kann. So ist es nun gekommen. Mal wieder. Die Mängel müssen schnell behoben werden. Sonst gibt man den Kritikern Futter. Denen, die das wirklich beurteilen können - den Patienten. Aber vor allem denen, die die tiefen Teller nicht erfunden haben, aber im Netz ihren Senf dazugeben.

Info:

Landkreis In den beiden Kliniken des Landkreises in Scheßlitz (130 Betten) und Burgebrach (118 Betten) wird noch selbst gekocht. "Wir versuchen auch, regionale Produkte zu verwenden und werden immer wieder für unser Essen gelobt", sagt Udo Kunzmann, Geschäftsführer der gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises. Er betont aber, dass es im Bamberger Klinikum samt Seniorenhäusern um eine ganz andere Größenordnung an Essens-Mengen gehe, ein Vergleich also schwer möglich sei. Das Bamberger Klinikum hat 911 Planbetten.

Erlangen Im Versorgungszentrum des Universitätsklinikums Erlangen (1400 Planbetten) werden jährlich 1,5 Millionen Portionen selbst gekocht und zusammengestellt.