"Tatort Bamberg": Ein Mord mit Ankündigung?

3 Min
Der damalige Tatort unter der Allee am Wilhelmsplatz, unweit des Justizgebäudes. Ein Amtsrichter war am 11. März 1983 durch die Schreie des Opfers auf die Bluttat aufmerksam geworden war. Foto: Micho Haller
Der damalige Tatort unter der Allee am Wilhelmsplatz, unweit des Justizgebäudes. Ein Amtsrichter war am 11. März 1983 durch die Schreie des Opfers auf die Bluttat aufmerksam geworden war. Foto: Micho Haller

In unserer Serie "Tatort Bamberg" beleuchten wir eine Bluttat aus dem Jahr 1983. Immer wieder hatte ein 28-Jähriger am Wilhelmsplatz auf die Mutter seiner Tochter eingestochen - weil sie sich von ihm trennen wollte.

Ein Beratungsgespräch vom 11. März 1983 hatte das Scheitern einer vierjährigen Beziehung besiegelt. Doch Peter A. (Namen geändert) konnte das nicht akzeptieren. Er trug bereits ein Fleischermesser mit 15 Zentimeter Klingenlänge bei sich, das er kurz zuvor gekauft hatte. Als ihm seine Freundin Monika am Wilhelmsplatz den Rücken zukehrte, stach er zu. Wahllos, immer wieder, die Rechtsmedizin zählte mindestens 35 Stiche in Monikas Oberkörper. Drei Messerstöße ins Herz führten zu starkem Blutverlust und schließlich zum Tod der 27-Jährigen.

Vom Tatort zum Gerichtsort, an dem sich Peter A. im November 1983 für den Mord an Monika verantworten musste, waren es nur wenige Meter. Schon beim Verlesen der Anklageschrift brach der 28-Jährige dort in Tränen aus. "Das, was ich getan habe, war für mich im Grund ein Selbstmord", erklärte der schmale blasse Mann mit den dunklen Haaren vor der Zweiten Strafkammer des Landgerichts Bamberg.

Seit 1979 hatte das junge Paar zusammengelebt, ein Jahr später kam die gemeinsame Tochter zur Welt. Doch nach drei Jahren war die Beziehung immer größeren Belastungen ausgesetzt. Denn der spätere Mörder litt unter übersteigerter Eifersucht und Minderwertigkeitsgefühlen. Dass Peter A. in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen war, wurde nicht erst in seinen Ausführungen zu Prozessbeginn deutlich: Alle Zuschauer wurden bereits vorher durchsucht. Die Kammer befürchtete nämlich, dass A.s schizophrener Vater oder von ihm beauftragte Personen einen Anschlag verüben könnten. Der Angeklagte berichtete dem Gericht, dass sein Vater jahrelang in einer Nervenheilanstalt untergebracht war. Zu seiner Mutter hatte er hingegen eine außergewöhnlich enge Bindung.

Diese wurde erst lockerer, als er Monika kennenlernte und mit ihr zusammenzog, bald auch Vater wurde. Doch im Sommer 1982 will A. beobachtet haben, wie seine Lebensgefährtin sich mit einem Kuss von einem Bekannten verabschiedete. Dann sei er auch mit seinem neu aufgenommenen Sozialpädagogik-Studium nicht zurechtgekommen und er habe sich nicht getraut, mit seiner Freundin über Verlust- und Versagensängste zu sprechen.

Die junge Frau hatte aber immer mehr Probleme mit dem Verhalten ihres Freundes, weshalb es zwischen Januar und März 1983 zu einer Reihe psychologischer Beratungsgespräche kam, an denen beide teilnahmen. Auch der Psychologe hat nach einigen Gesprächen eine Trennung auf Zeit empfohlen - wie sie Monika zuvor wiederholt gefordert hatte. A. buhlte zunächst noch um sie, willigte nach langem Zureden aber schließlich auch in eine Trennung ein.

Doch vorher, auf dem Weg zu diesem Termin am 11. März, war er sich "wieder ganz schwach vorgekommen" und hatte das Messer gekauft. Gegen 18 Uhr verließen die beiden dann die Beratungsstelle. Er begleitete seine bisherige Lebensgefährtin bis zu ihrem Auto - und versuchte auf dem Weg ein weiteres Mal erfolglos, sie umzustimmen. Noch auf den letzten Metern habe er auf eine Geste gewartet.

Doch Monika sagte "Schluss mit der Diskussion". Als sie Peters Führerschein, der noch im Handschuhfach gelegen habe, aus dem Fahrzeug holen wollte, zog der 28-Jährige das Messer aus der Tasche und stach auf sie ein. "Meine Augen waren offen, aber man sieht da nichts", beschrieb der Mörder vor Gericht den Augenblick der Tat. Die Schreie Monikas habe er "gehört und nicht". Plötzlich sei sie dagelegen. Ein Richter des Amtsgerichts wurde im Gerichtsgebäude durch die Schreie aufmerksam. Er sei hinausgerannt. Viele andere Leute, die am Wilhelmsplatz unterwegs waren, hätten sich jedoch nicht um den Vorfall gekümmert. A. flüchtete zunächst in Richtung "Am Zwinger", dort fügte er sich mehrere Messerstiche und Stichwunden zu. Doch dabei beließ er es, denn "plötzlich war die Anspannung weg, ich war schon tot". Er warf sein Messer weg und stellte sich der Polizei.

Bereits vorher gewürgt

Im Beratungsgespräch habe es keine Anzeichen für eine solche Eskalation gegeben, betonte der Psychologe im Zeugenstand. Gutachter beschrieben vor Gericht jedoch einen "zumindest auffälligen" Angeklagten. Einer der Sachverständigen bezeichnete A. als "psychiatrisch-psychologisch erheblich unterbetreut". Wäre er noch im Februar in eine Klinik gekommen, hätten aus seiner Sicht alle Beteiligten rechtzeitig auf die Gefahr hingewiesen werden können. Doch der 28-Jährige habe befürchtet, wie sein Vater nervenkrank zu werden - auf das Thema habe er daher stets allergisch reagiert. Und so wurde kein Arzt hinzugezogen, der vielleicht die Tat verhindert hätte. Nach den Worten des Sachverständigen schien "die übrige Umgebung des Herrn A. geradezu ein Abkommen getroffen zu haben, ihn vor einem Psychiater zu bewahren".

Am Ende verurteilte die Zweite Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Klaus Detter den Angeklagten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes. Er habe seine Lebensgefährtin heimtückisch und aus niederen Beweggründen ermordet. A. habe sich nicht damit abfinden können, dass Monika eine vorübergehende Trennung verlangte, um mit den Partnerschaftsproblemen fertig zu werden. Auf den "Weg zum Mord" habe er sich bereits eine Woche vor dem 11. März gemacht, als er die Freundin in der gemeinsamen Wohnung nachts angriff und würgte. Auch Staatsanwalt Jürgen Kränzlein hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gefordert, A.s Verteidiger Gottfried Karl und Birgit Jaksch plädierten hingegen auf Totschlag in einem minderschweren Fall - der 28-Jährige sei nur eingeschränkt schuldfähig.

Peter A. hatte in seinem Schlusswort erklärt, er werde jedes Urteil annehmen und die volle Verantwortung für sein Handeln tragen.

Serie "Tatort Bamberg":

Mit Berichten über die Madonnenräuber von Volkach, den Burgwindheimer Bankräuber, die Mörder vom Hauptsmoorwald, den Tod des kleinen Tobias und den Mord in der Plattengasse haben wir eine Serie über Verbrechen begonnen, die in der Region Aufsehen erregt haben. In lockerer Folge werden wir in den kommenden Monaten weitere Kriminalfälle vorstellen, die Bamberg und sein Umland bewegten.