Eine neue Höchstspannungsleitung quer durch das Coburger Land und die Haßberge - oder durch den östlichen Landkreis Bamberg? Nach dem Willen der Netzbetreiber soll der Kelch an Bamberg vorübergehen. Doch sicher ist das nicht.
Wo wie viel Strom fließt, bestimmt in der Physik das Ohmsche Gesetz. In abgewandelter Form lässt es sich auch auf die Politik anwenden, was sich beim Ausbau des Stromnetzes zeigt: Wo politischer Widerstand fehlt, wo es keine großen Spannungen gibt - da fließt mehr Strom, weil neue Masten wachsen. Das wissen auch die Bürgermeister aus dem Osten des Landkreises Bamberg. Sie fürchten, dass auf ihrer Flur neue Masten entstehen könnten, und haben ihren Widerstand mit einer weiteren Resolution gezeigt. Viel Widerstand, große Spannungen, weniger Strommasten - so ihre Rechnung. Ein Teilerfolg ist erzielt. Momentan sieht es so aus, dass der Landkreis Bamberg verschont bleibt. Sicher ist es aber nicht.
Um was geht es konkret? Um ein Hin und Her bei einer weiteren großen Höchstspannungsleitung durch Franken, damit auch in kommenden Jahrzehnten Versorgungssicherheit herrscht. Ihr Name: P44. Ihr Verlauf: von Schalkau quer durch Coburger Land und die Haßberge nach Grafenrheinfeld - fernab vom Landkreis Bamberg. Es gibt aber auch Alternativwege, in verschiedenen Varianten als P44mod zusammengefasst, die größtenteils über vorhandene Trassen über das große Umspannwerk bei Würgau nach Ludersheim bei Nürnberg führen würden. Also quer durch den östlichen Landkreis Bamberg.
Welche Trasse wird verwirklicht? Was diese Frage angeht, da zeigte das politische Oszilloskop in den vergangenen Jahren unterschiedliche Ergebnisse an. Derzeit scheint die Ursprungsvariante realistischer. Der Landkreis Bamberg bliebe also verschont.
Warum steht Bamberg derzeit nicht im Fokus? "Die Ursprungsvariante P44 ist gegenüber den verschiedenen Varianten der P44mod wegen ihrer größeren netztechnischen Effizienz vorzuziehen", lautet das Fazit des zuständigen Netzbetreibers Tennet. So steht es Schwarz auf Weiß im ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans 2030, den die Netzbetreiber nun an die Bundesnetzagentur übergeben haben. Ein energiepolitischer Fingerzeig, mehr aber noch nicht.
Warum wird die Ursprungsvariante favorisiert? Alle Alternativen sind deutlich teurer als P44. 150 Millionen würde die Ursprungsvariante kosten, 190 die günstigste Alternative, 360 die teuerste. Und das, obwohl P44 größtenteils auf einer völlig neuen Trasse entstehen und kaum bestehende Verläufe nutzen würde. Fast alle Alternativen sind jedoch deutlich länger als P44. Alles scheint momentan also für P44 zu sprechen, fernab vom Kreis Bamberg.
Was sagen die betroffenen Landkreise und Gemeinden? Im Coburger Land und den Haßbergen ist der Widerstand freilich groß. Im Kreis Bamberg signalisieren die Volksvertreter Wachsamkeit: "Die Bevölkerung soll wissen, dass wir hellwach sind und mit Argusaugen auf die Entwicklungen schauen werden", wird Landrat Johann Kalb (CSU) in einer Pressemitteilung zitiert. Zusammen mit Bürgermeistern aus Wattendorf (Thomas Betz), Scheßlitz (Roland Kauper), Stadelhofen (Ludwig Göhl), Königsfeld (Gisela Hofmann), Litzendorf (Klemens Wölfel), Heiligenstadt (Hans Göller) und Buttenheim (Michael Karmann) hat er eine Resolution unterzeichnet.
Deren Inhalt: Weitere Stromtrassen durch die Region werden vollumfänglich abgelehnt. Eine Verschiebung der geplanten Stromtrassen durch das Kreisgebiet sei "fachlich zweifelhaft".