So viel Technik steckt in einem Euroleague-Spiel in der Brose-Arena

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Bis zu 100 Kisten packen die Mitarbeiter von Eventworks aus, bis die technische Ausstattung steht. Fotos: Udo Schilling
Bis zu 100 Kisten packen die Mitarbeiter von Eventworks aus, bis die technische Ausstattung steht.  Fotos: Udo Schilling
 
 
Die technische Ausrüstung liegt bereit. Das Bedienpult für die Hallenanzeige (links) und das nur in der Euroleague eingesetzte Precision-Time-Gerät mit den kleinen Geräten, die die Schiedsrichter am Hosenbund tragen (Bild rechts). Das kleine kabelverbundene Mikrofon wird in die Pfeife der Referees gesteckt. So per Pfiff die Zeit gestoppt werden. Per Hand startet der Unparteiische die Spielzeituhr am Gerät.
Die technische Ausrüstung liegt bereit. Das Bedienpult für die Hallenanzeige (links) und das nur in der Euroleague eingesetzte Precision-Time-Gerät mit den kleinen Geräten, die die Schiedsrichter am Hosenbund tragen (Bild rechts). Das kleine kabelverbundene Mikrofon wird in die Pfeife der Referees gesteckt. So per Pfiff die Zeit gestoppt werden. Per Hand startet der Unparteiische die Spielzeituhr am Gerät.
 

Die Männer von Eventworks sind die Herren über Kabel und Rechner. Für jedes Euroleague-Spiel müssen sie rund 15 Tonnen an Technik aufbauen.

Und wieder fehlen bei der Bamberger Mannschaft Punkte auf der Anzeigetafel. Gerade hatten sie noch 72 und nun sind es nur 69. Die Zuschauer in der Brose-Arena wundern sich, sind verärgert oder verwirrt. Wenig später sind es wieder 72.

Diesen Fehler in der Technik gab es zu Beginn der Euro-league-Saison öfter. Mal zog die Anlage drei, ein anderes Mal fünf Punkte ab, ohne dass ein Kampfrichter ein Knöpfchen gedrückt hatte.
Wer als Betreuer die Organisation eines Spieles - egal in welcher Sportart - zu bewältigen hat, muss sich um seine wenigen Utensilien kümmern. Das Spielfeld muss bereit sein, die Eckfahnen stecken bzw. das Netz hängen oder die Matte liegen und der Tisch für die Kampfrichter stehen.


Bis zu 15 Tonnen an Material

Um in der Brose-Arena ein Euroleague-Spiel abzuwickeln, ist ein wenig mehr notwendig. Mehrere Lastwagen-Fuhren sind nötig, um die bis zu 15 Tonnen Technik für eine Begegnung auf dem europäischen Toplevel über die Bühne zu bringen. Das entspricht etwa dem Gewicht von zehn VW Golf.

Verantwortlich für den reibungslosen Ablauf von Licht, Ton, LED-Bandenwerbung und für das Kampfgericht ist Eventworks - ein Bamberger Unternehmen, das Technik-Dienstleistungen für Konzerte, Sportveranstaltungen, Public Viewing, Pressekonferenzen, Firmenfeste oder Geburtstagsfeiern anbietet.

Andy Kern ist seit etwa drei Jahren dabei und kennt die Details beim Aufbau. Der Hallstadter bedient während des Euro-league-Spiels das Instant-Replay, bei dem die Schiedsrichter sich Szenen auf einem Bildschirm erneut ansehen können, um die "richtige" Entscheidung zu treffen.

Rund fünf Stunden benötigen Kern, Assistent Ahmad Shabark und Florian Dotterweich, Geschäfts- und Projektleiter, sowie einige Helfer, bis sie ihre bis zu 100 Kisten ausgepackt und den Inhalt aufgebaut haben. Ein mittlerer sechstelliger Euro-Betrag an Wert, schätzt Dotterweich, steht dann in der Halle - ohne das Fernseh-Equipment. Die TV-Firma NEP-Broadcast kommt am Spieltag gegen Mittag und zieht ihre Ton- und Kamerakabel durch die Arena. Der Video-Würfel unter der Hallendecke ist fest installiert und wird von Eventworks lediglich "bespielt".

Doch reibungslos läuft die Technik nicht immer. Kern veranschaulicht das an einem Beispiel: "Wenn viele verschiedene Systeme parallel laufen und kooperieren sollen, kommt es immer wieder zu Problemen. Das ist in etwa so, wie wenn ein Windows-Rechner einem Apple-Laptop etwas erklären soll."


Viele mögliche Fehlerquellen

Fehler können aber nicht nur auf Software-Seite auflaufen, sondern auch bei der Hardware. "Wenn die Fernsehfirma am Kampfrichtertisch, unter dem die Technik für die Verbindung zur Euroleague-Zentrale liegt, ihre Kabel durchzieht und versehentlich etwas lockert oder einen Stecker rauszieht, weiß man zunächst nicht, wo man zu suchen hat. Es gibt zig mögliche Fehlerquellen", sagt Kern, während er auf Knien die unter dem Kampfgerichtpodest liegenden Kabel zwischen den Rechnern, Bildschirmen, Umschaltboxen (Switches) und Mischpulten verlegt.

Die Fehler der Hallenanzeige bei Euroleague-Spielen rühren aus der Signal-Übertragung vom Liga-System EB-Stats zu den beiden Anzeige-Tafeln in der Arena, die von einem anderen Hersteller stammen. Die Punkte sollen eigentlich automatisch an die Anzeige übertragen werden, was aber nicht immer funktioniert. Kern sieht die Fehler nicht bei seiner Firma oder der Arena, denn Schwierigkeiten mit der Anlage gibt es europaweit in den Hallen.

Vor wenigen Wochen gab es in der Berliner Arena beim Eurocup-Spiel von Alba Berlin eine minutenlange Unterbrechung. Auch im Audi-Dome in München waren schon Eurocup-Partien des FC Bayern mit etlichen technisch bedingten Unterbrechungen zu sehen, aber auch in Istanbul, Moskau und Mailand entstanden längere Stopps.


Statistik-Crew protokolliert alles

Carina Zeleny, die mit ihrem Team bei den Brose-Spielen den Computer bedient, der den klassischen Anschreiber auf dem Papierbogen überflüssig macht, weiß davon ein Lied zu singen. Sie ist während des Spiels per Skype-Chat ständig mit der Euroleague-Zentrale verbunden. Wenn es Probleme gibt, wird sich schriftlich ausgetauscht. Zwei Stunden vor Spielbeginn gibt's den ersten Kontakt nach Barcelona. Während der Partie kommen schon mal Hinweise, warum diese Szene so bewertet oder hier kein Assist eingegeben wurde. Die dreiköpfige Statistik-Crew protokolliert das komplette Geschehen auf dem Spielfeld. Wer wen foult, wer von wo wirft, wer für wen eingewechselt wird und wer einen Assist bei einem Treffer erhält.

Die Kontrolle über die Spielzeit haben überwiegend die Schiedsrichter selbst. Mit dem zusätzlichen Gerät auf dem Kampfrichtertisch, dem Precision-Time-Rechner, ist jeder der drei Unparteiischen per Funk verbunden. Zur Kontrolle sitzt am Tisch noch ein erfahrener Kampfrichter, der die Uhr für Auszeiten oder bei Körben in den letzten zwei Minuten manuell stoppt - und notfalls auch in Gang setzt bzw. korrigiert.

Doch oft liegt der Teufel im Detail. Ein renommierter Referee äußerte sich nicht gerade charmant über Precision-Time. Es sei unzuverlässig, und er fügte noch ein Schimpfwort dazu.
Wenn viel Technik im Einsatz ist, kommt es auch vermehrt zu Ausfällen - eine Binsenweisheit, ob im Sport oder etwa in der Automobilindustrie. Technik, die (nicht immer) begeistert. In Istanbul beispielsweise ist statt eines elektronisch gesteuerten Einwurfpfeils ein Kunststoffteil, das per Hand gedreht wird, im Einsatz. Der Plastikpfeil kann höchstens vom Tisch fallen, aber nicht ausfallen.
Parallelen zur Basis, wo man in der Basketball-Bezirksliga noch die Uhren händisch bedient, der "Score-Keeper" mit einem Kugelschreiber einen Anschreibeblock ausfüllt und ein Kind die Nummern an der Anzeigetafel umklappt - es kann einfach sein.