Monströser Fund bei Bamberg: Paläontologen entdecken Riesenschildkröte
Autor: Diana Fuchs
Wattendorf, Donnerstag, 15. November 2018
Es ist tropisch heiß in Franken. Eine Riesenschildkröte stürzt in die blaue Lagune. Gefunden wird ihr Panzer 150 Millionen Jahre später im Kreis Bamberg.
Motoren dröhnen. Hydraulik-Schläuche zischen. Maschinen mit gigantischen Reifen transportieren allerhand Gestein. Ist das hier, der Steinbruch von Wattendorf nordöstlich von Bamberg, wirklich der richtige Ort, um Jahrmillionen alte, filigrane Fossilien zu finden?
Ein Mitarbeiter der Firma Schorr, die den Steinbruch betreibt, weist den Weg über das weitläufige Gelände.Vorbei an haushohen Kieselbergen geht es hinunter in eine Mulde zwischen Steilwänden. Die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor und färbt die seltsame Steinwüste goldgelb bis goldbraun. Leise Klopfgeräusche dringen ans Ohr. Dort unten, auf einer großen Steinplatte, knien drei Männer am Boden, jeder hat einen Hammer in der Hand.
Leiter des Naturkundemuseums ist begeistert
Der eine legt die Hand über die Augen, winkt. "Kommen Sie her!", ruft er. "Wir sind gerade dabei, eine richtig große Schildkröte zu bergen. Also genau gesagt, zwei!" Der Mann, der sich als Dr. Matthias Mäuser entpuppt, Leiter des Bamberger Naturkundemuseums, ist ganz offensichtlich begeistert. Er deutet auf die Steinplatte vor seinen Füßen, auf der sich - ganz leicht - ein Oval abzeichnet, etwa einen Meter lang. Von der Farbe her ist es nicht vom Stein zu unterscheiden. Lediglich die leichten Erhöhungen lassen erahnen, dass sich da irgendetwas Besonderes verbirgt.
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"Das ist die absolute Monster-Rekord-Schildkröte!" Matthias Mäuser fährt mit dem Zeigefinger über die millimeterdünne Erhebung. "Vielleicht ist es eine ganz neue Art, die wir bisher noch nicht kennen. Aber auch wenn nicht, ist dieses Exemplar von der Größe her auf jeden Fall der Rekordhalter." Es werde sich sehr gut einreihen in die "wirklich sensationellen Fossilienschätze", die man im Wattendorfer Steinbruch seit 2004 gehoben hat: "Allein heuer haben wir eine Brückenechse, einen Engelhai, zwei Schildkröten, Krokodile, Krebse, einen Flugsaurierschädel und einige Knochenfische gefunden."
Schlangensaurier im Frankenland
All diese urzeitlichen Lebewesen bevölkerten einst das Frankenland. Die Felsen der Frankenalb sind Stein gewordene Ablagerungen eines Ozeans. Wo sich heute sanfte Hügel, Wiesen und Wälder befinden, erstreckte sich vor 150 Millionen Jahren ein tropisches Flachmeer. Blaugrünes Wasser, so weit das Auge reichte. Meeresschildkröten legten ihre Eier an den Stränden ab, Knochenfische tummelten sich in einer Senke der sonnenverwöhnten Lagune, an den sanft aufragenden Riffen schlichen Schlangensaurier umher.
Ihre versteinerten Körper, verewigt in Kalkplatten, zeugen von dieser versunkenen Welt. Nach unvorstellbar langer Zeit kommen sie jetzt am nördlichen Ende der Obermain-alb wieder ans Tageslicht. Ein Team des Bamberger Naturkunde-Museums hat bereits 5000 pflanzliche und tierische Fossilien gefunden, darunter im Jahr 2011 den "Urfranken", einen Flugsaurier mit weltweit einzigartigem anatomischen Bauplan. Für Paläontologen wie Matthias Mäuser - Wissenschaftler, die sich mit Lebewesen der Erdgeschichte befassen - ist der Wattendorfer Steinbruch gleich mehrfach ein Glücksfall.