"Leinen los in Häschaad": Die Narren lassen bei der Seefahrt durch die Jahnhalle alle Hemmungen hinter sich.
Vor dem Stapellauf eine Flasche Schampus an den Bug eines Schiffes knallen - das kann jeder. Als es am Freitagabend "Leinen los in Häschaad" hieß, der närrische Dampfer nach kräftigem Tuuuuten in die Jahnhalle rollte, da räumte ein übereifriger Reporter einer fixen Kellnerin das ganze Tablett voll gefüllter Gläser ab. Einigen Gästen blieben erst mal die Kehlen trocken, doch brachten die Scherben Glück: Es sollte eine fünfstündige rundum lustige Seefahrt werden, die der Ortskulturring mit einer Hundertschaft fröhlicher Matrosen, Technikern, Bühnenmalern, Tanz- und Showgirls, Büttenrednern, Sangeskünstlern und Kalauern vorbereitet hatte.
Kein langweiliger "Seetag", keine bedrohlichen Klippen, keine Untiefe. Nur ein paar seichte Stellen, die mancher Fahrgast mit roten Ohren überhörte. Ansonsten: frohe Laune pur, Staunen über den Elan der immer wieder aufs Neue überraschenden Häschaader Narrenzunft! So vergnüglich wie bei den zwei Prunksitzungen am Wochenende ist garantiert keine Show auf den Kreuzfahrtriesen unserer Tage.
Stelldichein der Stars
Und so nahm es denn auch kein Wunder, dass sich einige Weltberühmtheiten ein Stelldichein gaben: An der Freiheitsstatue Karin Schröder zogen keine geringeren als Englands in Ehren ergraute Lisabeth, Donald Trump, die Beatles, Helene Fischer, Nana Mouskouri, Hansi Hinterseer und viele andere Promis aus dem Showbiz vorbei. Fast alle durften Proben ihres Könnens geben, nur Mr. President blieb stumm. Klar, hatte die Freiheitsstatue doch angekündigt, sie könne ihn schon nicht mehr hören. Um so lauter schwoll der Massenchor in der Jahnturnhalle an, als die Showstars und Popikonen die Lippen zu den Hits von gestern und heute spitzten. Da drohte der Stimmungsdampfer fast zu bersten; noch in Pettstadt fragte man sich: Ja, sind denn in Häschaad die Narren los?
Tatsächlich gab es eine Meuterei der Raumpflegerinnen: Sie konnten ihren Wettbewerb "Miss Kratzbörschtn" nicht durchführen und kaperten stattdessen die bequemen Sessel des Elferrats. Der schlüpfte dann in andere Rollen. Nur die Kapitänin Gerlinde Stache-lte und kommandierte mit Witz und Charme und ungeachtet aller Quälgeister - für einige Zeit tänzelten sogar Monster-Kanalratten auf der Bühne - durch die aufgewühlte See.
Tanz wird überhaupt groß geschrieben in Häschaad: Achtjährige Flohhüpfer als Tanzmariechen oder auch schon ganz hübsch abgerundete Bigmac-Sirenen und dazwischen eine ganze Armada blühend schöner Madla sollten doch irgendwann mal ein paar Matrosen dazu bringen, auf diesem Dampfer anzuheuern.
Sympathischere Regenten als Prinz Christoph I. und ihre Lieblichkeit Prinzessin Verena I. hat sowieso keiner zu bieten. Als turtelten sie auch im wirklichen Leben, spielten der "Blechbadscher vo die Bosch" und die kesse Lehramtsstudentin ihre Rolle zum Niederknien ihrer Untertanen. Da könnte könnte selbst Charles vor Neid erblassen - vor allem bei Ordensverleihungen und Bussigeben auf schwankenden Brettern.
Ja, auch Senioren kreuzen gern über die Meere. Monika Schaiblein und Gabriele Behr verbrachten Wellnesstage auf hoher See und stellten fest, dass sie wie geschaffen sind fürs Schwimmbad: breite Becken und reichlich Schwimmreifen. Im "Whirlpudel" fühlten sie sich wohl, besonders nach einer Zwiebelmahlzeit, wenn's brodelt und zischt.
"König Emil" Feller auf Rollzufuhr grummelte im Stile eines mittlerweile coolen Zehnjährigen: "Kein Highlight, kein Skandal, alle viel zu lahm: Strengt euch demnächst mal mehr an!" Spitzbübisch empfahl er der Pfarrei, Gottesdienst im Pfarrsaal zu halten wie bei der Kerwa: Da herrscht dann Full House.
"Bosse aus der Gosse"
Als Lebensmittelkontrolleur war Franz Besold an Bord. Und der fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut: Statt nach der letzten Küchenschabe zu fahnden oder das Urinal unter die Lupe zu nehmen, würde er sich lieber wünschen, dass das Gift nicht schon von den Feldern und aus den Ställen auf die Teller gelangt. Sein Exkurs durch viele "polidische Demen" vom roten Glutamat Schulz bis zur ewigen Angela gipfelte in der Feststellung: "Die Bosse kommen aus der Gosse!"
Frisch geduscht waaften sich die Süsselfohrer Saunagirls Jutta und Lisa Saffer durch die Niederungen menschlicher Beziehungen und was halt so am Damentag im Dampfbad gewälzt wird. Zum Beispiel, warum die Nachbarin im Norden graue und im Süden schwarze Haare hat. Antwort: Weil sie unten weniger Sorgen hat.
Die "Danzfreggä" hatten nicht richtig hingehört. Sie schunkelten nicht auf dem Traum-, sondern düsten auf dem Raumschiff "Sörbreis" durch Raum und Zeit von Röbersdorf 900 Lichtjahre bis nach Buttenheim, wo das Mondkalb zu Hause ist. Dazwischen markiert die übriggebliebene Weihnachtsbeleuchtung vom Mühlbauer die Einflugschneise und das Space-Taxi schleppt die Bazillen ins Seigendorfer Wasser. Gut, dass die Crew davon nicht zuviel geschluckt hat.
Andreas Dittrich aus Röbersdorf hatte auch kleine "Dierlein" im Programm, solche im Salat. Ja, tröstet die Markthöggn da: "Noch nie was von Vitaminen gehört?" Und amüsiert sich über einen Bildtext im Effdee unter einem Foto vom neu eröffneten Schweinestall: "Landrat Kalb, dritter von links ..." Da klopfte sich auch derselbe auf die Schenkel. Kalb stieg mit Verspätung als Traumschiffkapitän zu, bewies aber einmal mehr, dass er seiner Zeit voraus ist: Seine offenherzige Seemannsbraut kam im Charleston-Look der Goldenen Zwanziger - Thema bei der 20. Prunksitzung 2019.
Nichts als Albträume
Die Seigendorfer Berchleut waren auf Deck dem schlafwandelnden Bürgermeister Klaus Homann (CSU) begegnet. Albträume begleiten ihn: ICE, Schallschutzmauer, Fernwasser ... Zunächst wird ein fränkisches Idyll im urtümlichen Renitztal besungen, bis urplötzlich der ICE durchzischt und alles umpflügt. Und weil das nicht schon schlimm genug wäre, geistert auch noch der Markus Söder durch Homanns Oberstübchen, jener Ignorant Hirschaider Begehrlichkeiten, der auch noch Ministerpräsident werden soll. Was hilft da eine Traumfrau wie Melanie Hummel, selbst wenn sie deutlich abgespeckt ist?
Als endlich genug Un- und Flachsinn ausgebreitet schien, versöhnte das Programm mit Kultur und echter Perspektive für das närrische Jungvolk: Zu Beethovens "Freude schöner Götterfunken" rockte die Neubert Garde in eine (hoffentlich) goldene Zukunft auf dem alten Kontinent. Die "Liberty" am Hafen von New York hat jedenfalls zur Zeit nichts Verlockendes aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu bieten. Ihr Aufgebot: lauter Stars aus Übersee.
Das Finale mit allen Akteuren auf der Bühne war der krönende Abschluss einer Schunkelpartie ohnegleichen. Aus dem Überschwang des begeisterten Publikums zollt auch der Berichterstatter Respekt: "Häschaad Helau!"