Sandkerwa in Bamberg: Rucksäcke und Taschen zu Hause lassen

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Absperren und konsequent kontrollieren lassen sich Innenstadt-Veranstaltungen wie das Blues- und Jazzfestival kaum. Wer mit Rucksäcken und Taschen kommt, muss dennoch damit rechnen, angesprochen zu werden. Fotos: Ronald Rinklef
Absperren und konsequent kontrollieren lassen sich Innenstadt-Veranstaltungen wie das Blues- und Jazzfestival kaum. Wer mit Rucksäcken und Taschen kommt, muss dennoch damit rechnen, angesprochen zu werden.   Fotos: Ronald Rinklef
Ein Großeinsatz der Polizei wird erwartet, wenn linke Gruppierungen gegen die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken demonstrieren.
Ein Großeinsatz der Polizei wird erwartet, wenn linke Gruppierungen gegen die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken demonstrieren.
 

Die Stadtverwaltung bittet die Bürger, zu den anstehenden Großveranstaltungen keine großen Taschen und Rucksäcke mitzunehmen.

Es war eine Zahl, die aufhorchen lässt: 3581. Ralf Haupt, der Sozialreferent der Stadt Bamberg, nannte sie erst in der Mitte seines Kurzvortrags im Bamberger Stadtrat. So viele Todesopfer waren im Verkehr in Deutschland 2014 zu beklagen. "Und dennoch fahren wir selbstverständlich alle weiter Auto oder Fahrrad", fügte Haupt an.
Die gewaltige Zahl hat nichts mit den blutigen Ereignissen der letzten Tage zu tun und sie soll die Tragik auch nicht relativieren. Und trotzdem: Sie hilft, die Dimensionen besser einzuschätzen - und die Verhältnismäßigkeit von Gegenmaßnahmen.


Ist die Sandkerwa noch sicher?

Zum Beispiel für die Maschinerie des Ende der nächste Woche anlaufenden Blues- und Jazzfestivals, zu dem im vergangenen Jahr so viele Menschen wie nie zuvor strömten. Oder für das ohnedies optimierte Sicherheitskonzept der am 25. August startenden 66. Bamberger Sandkirchweih, des beliebtesten Volksfests im weiten Umkreis. Sind diese Veranstaltungen noch sicher? Oder wie CSU-Stadtrat Markus Huml fragte: "Wie werden die Sicherheitskonzepte vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Würzburg und Ansbach angepasst?"

Natürlich machen sich die Sicherheitsbehörden längst Gedanken, wie auf die noch einmal angestiegene Bedrohungslage reagiert werden kann. Am Mittwoch fand genau zu diesem Zweck eine Besprechung von Ordnungsamt, Polizei, Sicherheits- und Rettungskräften sowie der Veranstalter im Bamberger Rathaus statt.


Mehr Polizei, mehr Kontrollen

Das Ergebnis, erzielt in einer offenbar vertrauensvollen Atmosphäre, verheißt vor allem zwei neue Dinge: Auch in Bamberg will die Polizei mit mehr Präsenz zum Sicherheitsgefühl der Bürger beitragen. Auch in Bamberg müssen sich Besucher der Festivitäten, die mit Rucksäcken oder großen Taschen kommen, darauf einstellen, dass sie angesprochen und möglicherweise kontrolliert werden. Klar ist aber auch: Ein regelrechtes Rucksackverbot wird es für die beiden Großereignisse nicht geben. "Dann müssten wir die Veranstaltungen abriegeln und den Zugang kontrollieren", erklärte Haupt. Das wäre bei einer Vielzahl von Straßen und Gassen nicht nur ein extremer Aufwand, er würde wohl auch den besonderen Charme der Innenstadtveranstaltungen zerstören.


Eine Garantie gibt es nicht

Es bleibt also bei einer Bitte, die die Stadt und die Veranstalter an die Besucher des Jazzfestivals und der Sandkerwa richten, "große Rucksäcke und Taschen zu Hause zu lassen". Ansonsten gab es den Hinweis, dass die Veranstaltungen in Bamberg bisher sicher abgelaufen sind. Eine Garantie, dass das so bleibt, könne aber weder die Stadt noch die Polizei geben.

Wie ernst zu nehmen das Versprechen der Polizei ist, mehr Präsenz zu zeigen, bleibt angesichts begrenzter Ressourcen abzuwarten. Nach Angaben von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) steht die bayerische Polizei vor der enormen Herausforderung in den nächsten Wochen 2000 Feste und Großveranstaltungen allein im Freistaat mit Personal zu bestücken. Um das zu schaffen, sollen zusätzliche Kräfte aus anderen Bundesländern angefordert werden. Wie es vor diesem Hintergrund gelingen kann, einen schädlichen Verteilungskampf um das einsetzbare Polizeipersonal zu vermeiden, erscheint zumindest schwierig. Gut informierten Kreisen zufolge wurde das Dilemma zu knapp bemessener Sicherheitskräfte bereits am Montag dieser Woche deutlich. als zur Eröffnung der Wagner-Festspiele in Bayreuth so viele Polizisten abgeordnet waren, dass andernorts die erwünschte Mehr-Präsenz an Beamten nicht mehr zu realisieren war.


Anziehungspunkt für Radikale

Einen ersten Härtetest muss das Personaltableau der Polizei bereits am übernächsten Wochenende bestehen, wenn neben dem Blues- und Jazzfestivalauch noch die Betreuung eines "Protestcamps" mit jetzt acht (!) angemeldeten Protestaktionen gegen die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken ansteht. Laut Oberbürgermeister Starke gibt es ernst zu nehmende Hinweise, dass das geplante Camp nicht nur auf linke Gruppierungen Anziehungskraft ausübt, sondern auch auf ihre Gegner.
Um Demonstrationen und eine Konfrontation zwischen Linken und Rechten im Umfeld der Bamberger Flüchtlingsunterkunft zu vermeiden, hat die Stadtverwaltung die Antragsteller auf den Stadionvorplatz verwiesen. Dem Wunsch, den bis zu 2000 zu erwartenden Teilnehmern noch eine Wiese zuzuweisen, auf der sie ihre Zelte aufschlagen können, ist die Stadt mangels geeigneter Fläche bislang nicht nachgekommen. Außerdem sieht es Starke nicht als Pflicht der Stadt dafür zu sorgen. "Es gibt ein Grundrecht auf Demonstration, aber nicht auf Camping."