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Rehkitze unterm Mäher: "Sowas ist einfach nur grausam"


Autor: Sabine Christofzik

Gunzendorf, Mittwoch, 05. Juli 2017

Jagdpächter Kilian Model aus Gunzendorf musste kürzlich ein schwer verletztes Rehkitz erschlagen. Ein zweites war schon verendet.
"Das hätte verhindert werden können", sagt Jagdpächter Kilian Model aus Gunzendorf. "Und es ist kein Einzelfall in diesem Jahr im Landkreis Bamberg." Foto: privat


Kilian Model ist noch immer aufgebracht: "Das ist eine brutale Vorgehensweise!" Schlimm genug ist für den Gunzendorfer Jagdpächter, dass das Mähen einer Wiese am Ortsrand zwei Rehkitze das Leben kostete. "Aber dass man die verletzten Tiere auch noch stundenlang in der heißen Sonne ihrem Schicksal überlassen hat, ohne jemanden zu verständigen, der sich darum kümmern kann, ist unglaublich."

Ein Passant sei schließlich auf eines der Tiere aufmerksam geworden, das versucht habe, sich auf seinen verletzten Läufen aufrecht zu halten. Dem Kitz fehlte ein Teil des Unterkiefers.

"Als ich bei ihm angekommen war, sah ich, das in der Nähe ein zweites lag. Es war schon tot. Mit Sicherheit ist es aber auch nicht sofort gestorben, sondern hat vorher leiden müssen."

Ein Schlag mit dem Knüppel hat das noch lebende erlöst. Und das keineswegs unter Ausschluss der Öffentlichkeit. "Es liefen die Vorbereitungen fürs Johannisfeuer. Da waren Leute dorthin unterwegs."


"Ein Anruf vorher genügt doch!"

Der Besitzer der Wiese sei nicht der für diese Mahd Verantwortliche, betont Kilian Model. Als er den Landwirt, der die Mähmaschine gefahren habe, ans Telefon bekam, sei er von ihm barsch abgewiesen worden. "Solch eine Gleichgültigkeit ist unfassbar."

Der Jagdpächter hat mittlerweile Strafanzeige bei der Polizei gestellt. "Ein Anruf vorher genügt doch", redet er denen ins Gewissen, die in der Zeit, in der Reh-Nachwuchs in den Wiesen liegen könnte, das Gras mähen wollen. "Wir Jäger entscheiden dann schon, was wir machen. Ob Wildscheuchen aufgestellt werden oder ob man mit dem Hund durchgeht."

Wichtig sei, dass es nicht zu lange vor der geplanten Mahd stattfindet. Rehgeißen seien wachsam und wenn sie ihre Kitze nicht mehr in Sicherheit wüssten, weil sich auf der Wiese etwas Beunruhigendes tue, führten sie sie nachts woanders hin. Ein junges Reh drücke sich immer an den Boden und sei nicht in der Lage, der Gefahr zu entkommen. Ferner gebe es wildschonende Erntemethoden (aus der Mitte der Fläche heraus) die wenigstens einigen Kleintieren die Chance geben, vor den Mähmaschinen, die immer schneller und breiter würden, zu flüchten.


"Immer wieder appellieren"

Die gleichen Maßnahmen und Zeitrahmen dafür nennen auch auch Fachberater Anton Schätzlein von der BBV-Kreisgeschäftsstelle und Kreisobmann Edgar Böhmer. "So was sollte selbstverständlich sein. Wir können nur immer wieder an unsere Mitglieder appellieren, die Jagdpächter zu informieren. Die Jäger wissen, in welchen Wiesen Kitze sein können und was zu tun ist."

Niemand könne wollen, dass Tiere zu Tode kommen. Da Wiesen häufig jetzt anders genutzt würden als früher (Gewinnung von Silage) seien auch die Zeiten des ersten Schnitts vorgezogen. "Bei mir zum Beispiel war das Gras schon kurz, zu der Zeit, wenn Rehe ihre Jungen bekommen", so Böhmer.

Der Einsatz von Drohnen (Multikoptern), der immer mehr ins Gespräch kommt, könnte helfen. "Das ist aber alles noch am Anfang. Ich weiß von keinem Landwirt im Landkreis Bamberg, der diese Technik schon eingesetzt hätte."

Reinhold Wunder, Bereichsleiter Landwirtschaft am Amt für Landwirtschaft, Forsten und Ernährung, bestätigt dies. "Das ist eines der kommenden Themen." Sein Sohn beschäftige sich schon mit den Einsatzmöglichkeiten, zu denen die Beobachtung von Getreidebeständen aus der Luft und noch einiges andere gehörten.


Drohneneinsatz ist noch teuer

Mit einer Wärmebildkamera an der Drohne ließen sich auch Rehe und Wildschweine aufspüren. "Noch allerdings ist die Sache sehr teuer. Aber es wäre eine Möglichkeit, dass Landwirte und Jäger sich zusammentun, um so etwas gemeinsam zu nutzen."

Kilian Model hat nicht nur Fotos von den beiden toten Kitzen geschickt, von denen das abgedruckte das am wenigsten schlimme Motiv ist (weil man die gravierende Bauchverletzung des vorn liegenden Tiers nicht in ihrem ganzen Ausmaß erkennt), sondern auch eine Pressemitteilung des Bayerischen Jagdverbandes. Darin ist BJV-Präsident Jürgen Vocke mit dem Satz zitiert: "Jeder Landwirt ist dazu verpflichtet, vor der Mahd seiner Wiese sicherzustellen, dass sich kein Wirbeltier in dieser befindet. Jäger helfen ihnen dabei."


Tierschutzgesetz beachten

Inwieweit diese Verpflichtung eine tatsächliche und nicht nur eine moralische ist, erklärt Rechtsanwalt Michael Jobst, beim Bayerischen Jagdverband zuständig für Rechtsberatung auf Nachfrage: Diese Verpflichtung bestehe nach dem Tierschutzgesetz.

"Allerdings kann einem Landwirt nicht in jedem Fall ein Vorwurf gemacht werden. Doch sollte er billigend in Kauf nehmen, dass Tiere verletzt werden oder getötet werden, und den Jagdpächter nicht informieren, obwohl dazu die Möglichkeit besteht, reicht das aus für den bedingten Vorsatz. Es müssen jeweils die Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Es können Geldstrafen verhängt werden, die sich nicht im Bagatellbereich bewegen."