Riesenfugen, Wackelsteine: An der Kettenbrücke ist das Granitpflaster in kurzer Zeit zum Missstand geworden. Auch die Obere Brücke wird wieder aufgerissen.
Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Am Ende des Neubaus der Kettenbrücke wurde 2011 auch das Umfeld der Kettenbrücke neu gepflastert. Ein neuer Pflasterbelag schloss das Brückenprojekt ab und sollte den Übergang zur Fußgängerzone aufwerten. Doch wenige Jahre danach ist das gesägte Granitpflaster bereits wieder am Ende: Nicht nur Damen mit Pfennigabsätzen müssen fürchten, in den Lücken zwischen den Pflastern zu versumpfen. Wackelsteine und Verwerfungen, gelegentlich sogar Löcher im Belag sind zum Missstand, möglicherweise gar zum Sicherheitsrisiko geworden.
Wie kann es sein, dass ein neues Pflaster so schnell wieder baufällig wird? Im Rathaus ärgert man sich schon länger über den maroden Belag. Bereits im vergangenen Jahr wurden die schlimmsten Stellen notdürftig geflickt, "um die Sicherheit zu gewährleisten", wie Claus Reinhardt vom Baureferat auf unsere Frage mitteilt.
Freilich: Aus der Welt ist das Problem damit nicht. Ganz im Gegenteil. Die Stadt steckt mitten in einem langwierigen Prozess der Beweissicherung. Zwar wurde das Unternehmen, das die Arbeiten ausgeführt hatte, noch in der Gewährleistungsfrist auf die aus Stadtsicht bestehenden Baumängel hingewiesen, doch die Firma weigert sich seitdem beharrlich, die Schäden auf eigene Rechnung zu beseitigen. Eine Kleinigkeit wäre das nicht. Immerhin erstreckt sich der Pannenbelag auf Hauptwachstraße, Kettenbrückstraße und Heinrichsdamm.
Schwieriger Untergrund
Das Problem ist für beide Seiten umso ärgerlicher, als sich die Stadt in Anbetracht der "schwierigen Untergrundverhältnisse" für eine besonders aufwendige Sonderbauform entschieden hatte - eine Verlegeart mit hochwertigem Straßenaufbau aus bituminöser Tragschicht mit Drainasphalt und Beton.
Wieso es dennoch dazu kommen konnte, dass eine Straße, deren Herstellung 1,1 Millionen Euro gekostet hat, trotz geringer Verkehrsbelastung zum Sanierungsfall wurde, wagt derzeit niemand zu sagen. Es ist die Aufgabe eines vom Landgericht bestellten Sachverständigen, Ursachen und Schuldfrage zu klären und Empfehlungen dafür zu geben, wie der ordnungsgemäße Zustand wiederhergestellt werden kann.
Auch den Stadtrat hat das Ärgerpflaster beidseits der Kettenbrücke schon beschäftigt. Norbert Tscherners Bürger-Block klagte in einem Antrag über die Wackelsteine und fordert Schadensbehebung. Der gelernte Tiefbauer weiß, dass beim Pflastern auf festem Untergrund selbst kleinste Fehler beim Beton oder der Verfugung große Folgen haben können. Deshalb wäre es für Tscherner auch zu einfach, nur mit dem Finger auf das Unternehmen zu zeigen. Er sieht auch die Stadt in der Verantwortung, wenn es darum geht, Bauschäden vorzubeugen. "Im Baureferat fehlt der Sachverstand für solche Aufgaben. Wir haben kein Bauamt mehr, das steuernd eingreift."
Vollsperrung vor Ostern
Bestätigt fühlt sich Tscherner auch durch den Fall Obere Brücke. Auch dort soll nach derzeitigem Stand der Plattenbelag wegen eines zu hohen Seitengefälles neu verlegt werden. Auch das ist keine Kleinigkeit, denn der Westbogen der Brücke muss auf großer Fläche wieder aufgerissen werden. Noch vor Ostern droht deshalb eine zehntägige Vollsperrung. Kleiner Trost: Die Kosten für den zweiten Versuch trägt nicht die Stadt.
Kommentar des Autors: Fehler in allen Teilen? Nicht nur in der Automobilindustrie mehren sich Rückrufaktionen.
Fehler in allen Teilen, fahrlässig oder geplant, sind zu lästigen Begleitern unseres Lebens geworden. Wohin man schaut, auch in Bamberg. Vom Abgang der Fliesen im Bambados bis zu den 4000 Pannenstühlen der Arena reicht der rote Faden der lokalen Peinlichkeiten. Und nur ein kleiner Teil der Vorkommnisse wird bekannt.
Mancher mag sich darüber amüsieren, denn es geht zum Glück meist "nur" um Geld.
Pleiten, Pech und Pannen haben aber auch eine andere Seite. Es steckt in ihnen eine rücksichtslose Verschleuderung von Ressourcen und Lebenszeit.
Und es ist kein Zufall, dass sich das Vortäuschen, das Schummeln, der Fake in den letzten Jahren so ausgebreitet haben. Das Versagen hat System, es ist Teil einer längst reformbedürftigen Wirtschaftsordnung, die die Jagd nach dem letzten Euro über alles stellt.
Sie zwingt den Menschen ein Tempo auf, das wenigen nutzt und vielen schadet. Produkte, die keiner braucht, werden billigend in Kauf genommen, ebenso wie Fehler. Sie sind Symptome einer absurden Beschleunigung.
Die Stolpersteine an der Kettenbrücke erinnern nicht an das Schicksal der Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden sondern an die Unfähigkeit zahlreicher Bamberger Baureferenten...
Beispiele gefällig? Konzerthalle (Warmuth), Rampen, Brücken, versenkbare Poller (echte Geldversenkung) etc.
Der Aussage von Herrn Tscherner kann ich nur beipflichten. Es sitzen nicht nur im Bauamt hochbezahlte "Spezialisten", sondern auch an der Stadtspitze. Fremdes Geld lässt sich eben bedenkenlos ausgeben. Wie hieß es früher: die öffentlichen Gelder sind wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.
Qualität "Made in Germany" und Ehrlichkeit, wohin sind sie verschwunden?
Ich will das gar nicht allein auf Bamberg münzen und mit dem Ausdruck Provinz, den traurigen Fehlern im Bambados, in der Arena, dem Brücken- und Straßenbau belegen oder gar mit dem Lieblingsbeispiel Schilda argumentieren.
Wie haben wir früher über Bananenrepubliken abgelästert, immer wieder gerne Italien, Griechenland oder Spanien als Beispiele hergenommen (Qualität, Bausünden, Bestechlichkeit, Korruption!).
Und was ist aus unseren Qualitätsansprüchen geworden? Wer wurde mittlerweile wegen Steuerhinterziehung und Vorteilsannahme im Amt nicht alles verklagt, vor den Kadi gezerrt und verurteilt?
Das zieht sich durch die ganze Gesellschaft.
Herr Wehner hat dies in seinem Kommentar sehr schön beschrieben.