Prozess gegen Bamberger Chefarzt wird Monate dauern

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Schauplatz einer außergewöhnlichen Verhandlung: Im Justizpalast am Wilhelmsplatz wird das Landgericht die Vorwürfe gegen den ehemaligen Chefarzt prüfen. Foto: Ronald Rinklef
Schauplatz einer außergewöhnlichen Verhandlung: Im Justizpalast am Wilhelmsplatz wird das Landgericht die Vorwürfe gegen den ehemaligen Chefarzt prüfen.  Foto: Ronald Rinklef
Wenig Platz: Blick in den Schwurgerichtssaal Foto: Ronald Rinklef
Wenig Platz: Blick in den Schwurgerichtssaal  Foto: Ronald Rinklef
 

Bamberg erwartet ein von der Dimension und der Sache her noch nicht da gewesenes Gerichtsverfahren. Der Prozess gegen den Ex-Chefarzt könnte sich wegen der Vielzahl der Beteiligten und der komplexen Materie Monate hinziehen.

94 Seiten, die voller schwerer Vorwürfe stecken: Sexueller Missbrauch gehört dazu, laut Staatsanwaltschaft zu bewerten wie eine Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Es ist eine Art Spaziergang durch das Strafgesetzbuch, den die Staatsanwaltschaft in ihrer umfangreichen Anklageschrift gegen den 49-jährigen Bamberger Ex-Chefarzt beschreibt. Der Prozess ist außergewöhnlich - und er wird Bamberg wohl Monate in Atem halten.

Wann die Mammutverhandlung beginnt, kann im Moment niemand genau sagen. Wegen der Masse der Tatvorwürfe hat die Große Strafkammer des Landgerichts Bamberg unter dem Vorsitzenden Manfred Schmidt den Verteidigern des Angeklagten eine vierwöchige Frist für eine Stellungnahme eingeräumt.
Erst danach entscheidet die Kammer, ob sie die Anklage für zulässig befindet, wovon freilich allgemein ausgegangen wird.

Unabhängig davon, wie das Gericht die Vorwürfe gegen den bekannten Mediziner bewertet - zwei Dinge stehen jetzt schon fest. Der Prozess wird vom öffentlichen Interesse als auch von der Dauer bekannte Dimensionen sprengen.

Um sich für den Andrang zu rüsten, will das Oberlandesgericht den Schwurgerichtssaal im Justizpalast umgestalten. Freilich wird Platz selbst mit den Neumöblierungsplänen Mangelware sein. Derzeit geht man von je 40 Stühlen für Journalisten aus ganz Deutschland. Ebenso viele werden für Besucher reserviert.

Zwölf Opfer wollen ihre Rechte wahrnehmen und treten als Nebenklägerinnen dem mutmaßlichen Täter Auge in Auge gegenüber. Das Tauziehen zwischen Anklagevertretern und und Verteidigern, das Hören von 68 (!) Zeugen und fünf Sachverständigen kann die Dauer des Verfahrens leicht vervielfachen. Mit einem schnellen Ende des Prozesses ist kaum zu rechnen.

Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte bisher alle Anschuldigungen leugnet und jedem einzelnen von 19 Tatvorwürfen im Detail nachgegangen werden muss. Allein das Verlesen der Anklageschrift dürfte einen Tag in Anspruch nehmen.

Und es wird auch eine Schlacht der medizinischen Gutachter werden. Sie entscheiden über die Glaubwürdigkeit des Gefäßspezialisten. Es gilt Fragen zu klären wie die, welche Kontrastmittel bei einschlägigen Untersuchungen gespritzt werden dürfen, ob ein Hypnotikum wie Midazolam zum Einsatz kommen durfte und ob die Patientinnen dafür ihr Einverständnis gegeben hatten.

Auch über die Schuldfähigkeit des Angeklagten wird zu befinden sein, über ein eventuelles Berufsverbot und über Schmerzensgeldansprüche der Opfer.