Lauter sei schlecht ans ÖPNV-Netz angeschlossen, hier sollten wir mal unseren Selbsttest wagen, hat unsere Leserin Karin Postler (73) vorgeschlagen. Gesagt, getan. In der Gemeinde angekommen, saß unser Testfahrer prompt fest.
Es gehört zur Relativitätstheorie des öffentlichen Personennahverkehrs, dass fünf Kilometer ziemlich lang oder kurz erscheinen können, je nachdem, wie die Anbindung funktioniert. Diese Hypothese aus dem Bereich der Stammtischphilosophie wird mir im schönen Ortskern von Lauter bewusst. Fünf Kilometer sind es nach Baunach. Nur fünf Kilometer! Doch nachdem ich mit dem Schulbus gemütlich von Bamberg nach Lauter gefahren bin, sitze ich nun hier fest. Der nächste Bus zurück fährt erst am nächsten Morgen. Ach Goddla!
Felix (13), Fiona (12) und Janine (12), die ich im Schulbus kennengelernt habe, grinsen ein bisschen schadenfroh. "Da werden Sie laufen müssen", sagt Felix. Und auch die Hoffnung auf ein kühles Warte-Seidla im sonnigen Lauter zerstören die Schüler: "Die Wirtschaft in Lauter hat nur am Mittwoch auf." (Stimmt nicht, aber das weiß der Autor zu diesem Zeitpunkt nicht). Er denkt: Das wird ein trockenes Warten. Ach Goddla!
Dabei hatte die Reise von Bamberg nach Lauter um 13.25 Uhr so problemfrei angefangen. Am Atrium habe ich nach der Buslinie 947 gesucht und mit Hilfe von Leon (14) die Linie 941 gefunden. "Die fährt bis Baunach, dann muss man umsteigen", hat mir der Schüler aus Reckenneusig erklärt. Fünf Euro beim Busfahrer gezahlt, hingehockt und - um nicht aufzufallen - die Schüler nachgeahmt, die ihre Handys gezückt oder sich nach der Schule ein Nickerchen gegönnt haben. Außer mir sitzen noch rund 15 Schüler und eine Rentnerin im Bus. Saubere Sitze, Gurte, alles ganz komfortabel. Auch die Anbindung in Baunach klappt reibungslos. Zwar sorgen Baustellen in Hallstadt und an der Mainquerung der B 279 für eine Verspätung, doch der zweite Busfahrer wartet auf seinen Kollegen. Um 14.10 Uhr steige ich in Lauter gut gelaunt aus dem Bus. Dann geht erst mal nichts mehr.
Nun ist es ja nicht so, dass ich nicht vorgewarnt gewesen wäre: "Außer dem Schulbus fährt nix", hatte unsere Leserin Karin Postler behauptet. Solange man in Lauter ein Auto habe, sei alles gut. "Ansonsten heißt es laufen. Alle sagen immer, man soll mit Bus oder Bahn fahren, aber wenn nichts fährt..."
Ob mich der Postbote mitnehmen könnte? "Ich komme gerade aus Baunach", winkt er ab. Also beiße ich in den sauren Apfel und marschiere los. Zwei Gemeindearbeiter wecken Hoffnung, doch auch die sind immun für meine Bestechungsversuche. Sie haben zu tun. Also Daumen raus und weiter.
Die Heldin des Tages naht schon: Sonja (31) muss bremsen und hat Mitleid. Eigentlich nehme sie keine Anhalter mit, aber für den FT macht sie mal eine Ausnahme. "Ohne Auto ist man in Lauter aufgeschmissen", erklärt sie und kurvt rasant über die Staatsstraße in Richtung Baunach. In Appendorf hätte ich sogar ein Bier bekommen, "bei der Hilde am Brunnen", erzählt die Einheimische lachend. Schon lässt sie mich in Baunach raus.
Hier wird der Unterschied in Sachen ÖPNV überdeutlich. Der Zug nach Bamberg fährt stündlich, auch noch bis in den Abend hinein. Die kurze Wartezeit versüße ich mir mit einem Eiskaffee am edel sanierten Lechner-Bräu. Das Agilis-Ticket lässt sich im Zug lösen, die Einzelfahrt nach Bamberg kostet 3,70 Euro. Nur 15 Minuten später steige ich am Bamberger Bahnhof aus - das ging dann relativ schnell!