Mit dem neuen Betreiber und dem schnelleren Pendeltakt ist auf der Bahnstrecke zwischen Ebern und Bamberg eine neue Lautstärke eingekehrt. Viele Anrainer schimpfen und fühlen sich ihrer Nachtruhe beraubt.
Mit ihren 79 Jahren entwickelt Marga Schulz noch Sympathien für junge Männer. Genauer gesagt: zu einem jungen Mann. Es ist einer der Führer der neuen Triebwagen der Firma Agilis, des neuen Betreibers des Personenverkehrs auf der Bahnnebenstrecke. "Der hupt nicht ganz so toll", hat die Obermanndorferin festgestellt.
Gegen die anderen Lokführer indes hegt sie einen gewissen Groll. Seit Einführung der neuen Regio-Shuttles pfeift's entlang der Strecke nicht nur häufiger, sondern auch viel lauter, schimpfen die Anrainer von Reckendorf bis nach Ebern.
"Die Hünd' ziehn ihre Schwänz ei' ", hat die Seniorin aus dem Reckendorfer Gemeindeteil, die seit über 30 Jahren unmittelbar an der Strecke wohnt, bei den Vierbeinern im Dorf beobachtet. Die Lokführer der Bahn hätten früher "noch human gehupt", aber jetzt beklagt Marga Schulz "Lärmterror" in höchsten Tönen. "Von 6.15 bis 23.30 Uhr geht das jede halbe Stunde so. Allein bei uns im Dorf hupt der dreimal."
Geldverschwendung? Auch Roland Wiltschka aus Lind, der direkt am Bahnübergang wohnt, spricht von "einer Zumutung". Er stellt das Bahnprojekt generell infrage, wenn "ich sehe, wie viele Leute da drin sitzen". Den Streckenausbau vor wenigen Wochen erachtet er als "größtes Steuervernichtungsprogramm der letzten 20 Jahre im Landkreis".
Nach Wiltschkas Informationen reichen die ursprünglich eingeplanten 3,7 Millionen Euro längst nicht mehr aus, was auch dem Bürgermeister von Rentweinsdorf, Willi Sendelbeck (SPD), schon zu Ohren gekommen ist. Er weiß auch von Plänen, die Bahntrasse im Bereich Manndorf komplett zu verlegen, um so die Zahl der ungesicherten Übergänge - meist Feldwege - zu verringern. Nahe der Hetschingsmühle südlich von Ebern soll der Straßenverlauf verändert werden, um den Bahnübergang sicherer zu gestalten.
Die ungesicherten Übergänge sind die eigentlichen Problemfelder. Deswegen müssen die Zugführer auch so oft und laut tuten, um Auto- und Traktorfahrer zu warnen. Große
P-Schilder vor jedem Übergang verpflichten den Lokführer zum Pfiff. Dass es dennoch zu Kollisionen kommt, hat sich in der Vergangenheit mehrfach bewahrheitet - zuletzt am Samstag südlich von Baunach.
Weil durch die Umstellung nunmehr 30 Prozent mehr Züge auf der Strecke verkehren, hat sich auch das Risiko erhöht, zumal diese Züge schneller fahren als ihre Vorgängermodelle und sich viele Verkehrsteilnehmer auf die neuen Geschwindigkeiten und den neuen Fahrplan noch "einstellen" müssen.
Auch Nebellagen, die im Baunachgrund häufig sind, dürften weitere Gefahrenmomente heraufbeschwören.
Deswegen ist es das Ziel der Bahn, respektive der DB Netz AG, möglichst viele der ungesicherten Übergänge zu schließen bzw. mit Lichtschranken zu sichern. Entsprechende Planfeststellungsverfahren laufen bei der Regierung von Unterfranken; im oberfränkischen Bereich ist die Schließung an mehreren Stellen schon vollzogen. Ein Problem: Beim Installieren von Schranken müssen die Gemeinden ein Drittel der Kosten übernehmen. Das sind insgesamt geschätzte 180 000 Euro. Bei den Feldwegen drängen besonders Landwirte aus Gräfenholz, Treinfeld und Lind auf einen Erhalt der Übergänge, weil sie sonst für die Fahrten auf ihre Wiesen weite Umwege in Kauf nehmen müssten. Die Landwirte pfeifen auf den neuen Zug.
Auch Roland Wiltschka, Richter im Hauptberuf, zweifelt den Nutzen des Bahnverkehrs an. "Die Dieselzüge machen doch mehr Dreck als Busse." Als die Strecke für die Erneuerung für Wochen komplett gesperrt wurde, habe es mit den Bussen als Ersatz keinerlei Probleme gegeben", hat Wiltschka, bis vor Kurzem Elternbeiratsvorsitzender am Eberner Gymnasium, in Erfahrung gebracht. Ihm wäre so eine Dauerlösung lieber - egal ob der neue Zug laut oder leise hupt oder pfeift.