Minimalistische Schotterwüsten, dekoriert mit einem vereinsamten Buchsbaum, versiegelt mit Wurzelschutzfolie und aufgeschüttet mit allem an Gestein, was der Baustoffhändler eben liefern konnte, widersprechen nicht nur der grundsätzlichen Definition eines Gartens, sondern auch der Bayerischen Bauordnung. Dort ist in Artikel 7(1) festgehalten, dass Grundstücksflächen, die nicht anderweitig genutzt werden, einzugrünen sind.
Ein Dialog mit Schottergarten-Fans läuft häufig auf die Aussage hinaus, der Garten solle möglichst pflegeleicht sein. Dabei wird allzu oft "pflegeleicht" gesagt und "pflegelos" gemeint. Der Wunsch, sich die Pflege des Gartens zu erleichtern, ist sicher nachvollziehbar. Doch wer Folie und Gesteinsmassen einbaut und sich vorstellt, damit sei Bewuchs ab sofort ausgeschlossen, dem unterläuft ein kapitaler Irrtum. Denn diese Rechnung geht nicht auf.
Ein Blick in die freie Natur genügt, um den Denkfehler zu erkennen: In Mitteleuropa sind Schotter- oder Kiesflächen ohne Bewuchs extrem selten zu finden. Es gibt sie nur da, wo Naturgewalten ständig Material bewegen.
Beispiele sind Schotterhalden unterhalb von Felsköpfen, die durch Verwitterungsprozesse entstehen und ständig nachrutschen, oder Kiesbänke an Flüssen, die bei Niedrigwasser sichtbar sind und bei Hochwasser wieder überschwemmt werden. Kommt diese Dynamik aus irgendeinem Grund zur Ruhe, grünt sich eine offene Fläche aus Lockergestein innerhalb weniger Jahre von selbst ein.
Zahlreiche Pioniergewächse haben sich darauf spezialisiert, nackte Stellen in der Landschaft möglichst effektiv mit einem grünen Mantel zu bedecken. Das passiert auch im Vorgarten, Wurzelschutzfolie hin oder her! Zwischen den Steinen lagert sich durch Luftbewegung Staub und organische Substanz an. Erste Kräuter keimen, Moose kommen dazu, abgestorbene Pflanzenmasse wird zu Humus - und schon hat das nächste Samenkorn bessere Überlebenschancen.
Dass die Wurzeln von einer Folie gebremst werden, stört die robusten Alleskönner unter den Pflanzen wenig. Sie wurzeln einfach flacher. Wie gut dichte natürliche Vegetation mit geringer Bodenauflage leben kann, wissen alle, die schon einmal in den Alpen oder der Fränkischen Schweiz wandern waren. Nur da, wo Füße ständig einen Trampelpfad benutzen oder Maschinen einen Feldweg befahren, wächst wirklich nichts im Schotter.
Ein ehrgeiziger Schotter-Purist wird also wohl oder übel gezwungen sein, spätestens im dritten oder vierten Jahr nach der Neuanlage seiner Lava-Wüste ans Unkraut-Zupfen und Blätter-Lesen zu gehen. Das dürfte alles andere als arbeitssparend sein.
Laut Pflanzenschutzgesetz ist der Einsatz von Unkrautvernichtern jeder Art auf befestigten Flächen streng verboten. Dazu zählt auch Gartenfläche, die mit Folie abgedeckt und mit Schotter aufgefüllt wurde!
Grund für das Verbot: Befestigte Flächen haben keinen Puffer oder Filter für schädliche Stoffe. Sie werden durch Regen abgespült, gelangen in die Bäche, töten Wasserlebewesen und verseuchen das Grundwasser. Das ist kein Kavaliersdelikt. Deshalb Finger weg von Chemie im Hausgarten!
Bereits jetzt berechnen Klimamodelle die durchschnittliche Temperatur von Innenstädten als 5 bis 10 Grad höher im Vergleich zum Umland. Im Zug der Klimaveränderung steigt die Häufigkeit von Hitzewellen. Kein Wunder, dass Fotos von geschotterten Vorgärten ohne Baum und Strauch mit schöner Regelmäßigkeit heruntergelassene Rollläden an den dazugehörigen Wohnhäusern zeigen.
Stein heizt sich in praller Sonne auf wie ein Ofen und gibt diese Wärme auch lange nach Sonnenuntergang noch an die Umgebung zurück. Von Abkühlung an heißen Sommertagen ist in solchen Hitze-Fallen nur hinter verschlossenen Läden zu träumen.
"Geschmacksache" sind ausgeräumte Gärten, in denen flächig auf vegetationslose Steinschüttungen gesetzt wird, also tatsächlich nicht. Sie sind ein ökologischer Totalausfall, der nicht einen einzelnen Grundstücksbesitzer, sondern die Allgemeinheit trifft.
Die gute Nachricht am Schluss: Egal ob schlichte Gestaltung mit klaren Linien oder romantischer Rosengarten - jeder Gartenstil lässt sich im Einklang mit der Natur umsetzen. Selbst für Menschen ohne grünen Daumen gibt es ökologisch vertretbare, pflegeleichte Gartenlösungen.
Alle, die sich am Ende eingestehen, dass sie - vielleicht falsch beraten - mit ihrem "modernen" Schotter-Entrée eine Fehlentscheidung getroffen haben, können das Ruder herumreißen. Grünen Sie die Wüste einfach wieder ein, mit bunten Blumen, wenn's geht!
Passende Tipps finden Sie in den Veröffentlichungen des „Blühpakt Bayern“. Außerdem gibt die Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege im Landratsamt Bamberg Hilfestellung bei der Gestaltung pflegeleichter Gärten.
Ja - es gibt Zeiten, da würde ich auch lieber ein gutes Buch lesen, als im Garten Unkraut zu zupfen, zu gießen oder neu zu bepflanzen. Aber wenn es dann überall summt und brummt, Insekten und Vögel sich im Garten sichtlich wohlfühlen und selbst in der Stadt sich Igel in den Garten verirren, dann ist das mit Sicherheit schöner als Schottersteine begucken. Und in der Stadt kann man sich ja eh keine Grundstücke leisten, auf denen man täglich mehrere Stunden in Gartenarbeit investieren muss.
viele Leute wollen halt nicht mehr im (Vor-)Garten rumkrabbeln, Unkraut jäten usw. ...


... oder gar was anbauen
Die brauchen die gesparte Zeit wahrscheinlich um vor der Glotze zu hängen und ihrem Wischkästla zu dienen.
Und die lästigen Insekten sind so auch weg
Schön wäre es auch, wenn die Stadt Bamberg die Lavasteine auf den Baumscheiben wieder entfernen würde.
dem gibt es nichts hinzuzufügen
Absolut. Am Bleichanger haben wir 2021 mühsam eine Bienen-und Insektenwiese angelegt. Nachdem der Baum gefällt werden musste und ein Neuer angepflanzt wurde, haben wir diese jetzt wieder angefangen zu erneuern. Leider sind noch zuviele Bäume mit Lavasteinen drum herum.