Der Bamberger Autor Thomas Kastura hat heuer seinen zehnten Roman und sein 20. Buch veröffentlicht. In die Regio-Falle will er nicht tappen, dennoch lebt er seine Leidenschaft für Krimis auf Frängisch aus.
Wie sich das schon anhört: Die Göögägäng, herrlich! Das weckt Assoziationen in jedem, der des Fränkischen auch nur ansatzweise mächtig ist. Übersetzt hieße der Titel "Die Hühnerbande" - und schon ist das Pfiffige perdu. Thomas Kastura grinst, wenn er über seine Dialekt-Geschichten spricht: Sie sind der Tribut eines Autoren, der schon auf Platz 1 der Krimi-Welt-Bestenliste stand, an seine Heimatstadt Bamberg.
Auf der Frankfurter Buchmesse (14. bis 18. Oktober) wird er den neuen Band "Fünf Leichen zu viel" mit Kriminalgeschichten seines schrägen Bamberger Ermittlerteams Brandeisen&Küps ebenso dabei haben wie seinen aktuellen Roman "Dark House". Beide sind heuer im Frühjahr erschienen und haben Kastura ein kleines Jubiläum beschert: Den zehnten Roman und das 20. Buch in den Genres Kriminalroman, Erzählungen und Jugendbuch. Seit seinem Diplomstudium in Germanistik und Geschichte arbeitet der heute 49-Jährige als Universitätsdozent und Kulturjournalist, mit dem Schreiben begann er 1998.
Raus aus Deutschland
Bald entbrannte seine Leidenschaft für Krimis, die von drei Verlagen sowie einem E-Book-Herausgeber publiziert werden. Mit "Der vierte Mörder" (2006) hat Kastura einen viel beachteten Roman mit Handlungsort Köln verfasst, der es auf Platz 1 der Krimi-Welt-Bestenliste schaffte und ins Französische übersetzt wurde. Auch in Italien ließ er seine Protagonisten schon ermitteln, sein aktueller Roman spielt auf einer fiktiven Insel in Südengland, für den nächsten hat er Schottland gewählt. "Ich gehe mit meinen Geschichten bewusst aus Deutschland raus", sagt Kastura. "Ich will nicht in die Regio-Falle tappen, da wird man schnell abgestempelt."
Für ihn ist klar: Bücher aus der Heimat, ob an der Küste oder in den Alpen, haben Konjunktur, viele Autoren siedeln ihre Handlungen in beliebten Urlaubsgegenden an. Aber: "Sie werden dann halt als Regionalschreiber wahrgenommen." Deshalb hat sich Kastura dazu entschieden, seinen Roman Dark House um ein zehn Jahre zurückliegendes Ereignis mit viel Spannung und Gewalt in Südengland anzusiedeln. Deshalb wird auch sein neues Buch, in dem er eine Romanze und politische Missstände mit kriminellen Handlungen verquicken will, in Schottland spielen. "Ich möchte meine Romane in Gegenden ansiedeln, die mich interessieren", sagt Kastura und ergänzt: "Ich habe es mit Inseln. Ich finde die Einsamkeit faszinierend." Das wirkt sich auf die Handlung aus, wie in Dark House eindeutig zu erkennen - durch die Isolation der Protagonisten auf der Insel wird der Roman zu einem Kammerspiel.
Recherche vor Ort
Um die Orte authentisch beschreiben zu können, reist Kastura im Vorfeld oder auch während der Entstehung des Buches ins jeweilige Land. Zur Recherche und für authentische Eindrücke. Allein und ohne Auto: "Das zwingt mich zu einer besonderen Organisation und Einstellung." Naturgemäß einfacher gestalten sich die Recherchen, wenn Kastura in Franken unterwegs ist. Ja, doch, das ist er schon auch - "ich bin kein Regio-Feind", betont Kastura, der gemeinsam mit anderen fränkischen Krimiautoren regelmäßig am Stammtisch sitzt.
Mit Regiokrimis erreiche man kein Riesenpublikum, doch gebe es genügend Anhänger aus Franken selbst und auch Touristen würden gern zur Heimatlektüre greifen. Deshalb kehrte der Bamberger Autor in der Krimisammlung "Drei Morde zu wenig" (2012) zu seinen fränkischen Wurzeln zurück und lebte darin seine Vorliebe zur Stil- und Genreparodie aus. Diese pflegt er auch im Fortsetzungsband, in dem es wieder heißt: "Brandeisen und Küps ermitteln", auf dem Bamberger Spezi-Keller ebenso wie im Steigerwald.
Erste Krimierzählungen im Dialekt
"Diese Geschichten sind mein Tribut an die Heimat", sagt Kastura. Und bei allen Bedenken in Sachen Regio-Falle: "Die Kurzkrimis sind ein Dauerbrenner. Da werde ich noch Jahre nach ihrem Erscheinen für Lesungen gebucht. Die anderen Romane sind im Gros der Buchwelt schneller von der Bühne verschwunden."
Apropos Lesungen: Besonders gut kommen jene Krimi-Geschichten beim Publikum an, die Kastura im Dialekt geschrieben hat und die er, wenngleich er im Alltag schriftdeutsch spricht, auch angemessen vorliest. Mit dieser Stilform war er übrigens der erste: Vieles ist schon "auf" fränkisch geschrieben worden, doch abgesehen von Kasturas Erzählungen noch kein Krimi.
So kam es, dass die Herren Brandeisen und Küps auf dem Spezi-Keller höcken, vom Stefan ungefragt - aber willkommen - ein Bier nach dem anderen auf den Tisch geknallt bekommen und über Ungereimtheiten wie die Göögägäng sinnieren. Kastura weiß, dass sich an seinem Duktus manchmal die Geister scheiden - der eine spricht fränkisch halt so, der andere anders. Aber: Viele Wörter und Redewendungen hängen mit der eigenen Prägung zusammen, da kann, da muss es zu unterschiedlichen Interpretationen kommen. Kastura nimmt Kritik an "seinem" Dialekt mit Humor: "Wir Franken sind, wir müssen einfach mehrsprachig sein."
Kriminelle Termine
Krimi-Rallye Am Freitag, 9. Oktober, begibt sich Thomas Kastura zusammen mit Günther Huth aus Würzburg und Josef Rauch aus Fürth auf eine gesamtfränkische Krimi-Rallye in Zeil (Landkreis Haßberge). Die Autoren lesen ab 19 Uhr in drei Örtlichkeiten: in der Göller-Gaststätte, in der "Zeiler Bürgerstube" und im Naturfreundehaus. Karten gibt es im Vorverkauf in der "Pusteblume" am Marktplatz in Zeil und bei den drei beteiligten Gaststätten.
Verbrecherjagd Am Freitag, 13. November, liest Kastura um 19.30 Uhr im Gasthof Goldener Schwan in Ermershausen (Kreis Haßberge) aus seinen Krimi-Erzählungsbänden.
Krimitag Am Dienstag, 8. Dezember, findet im Nana Theater am Kaulberg in Bamberg ein Krimitag statt. Ab 20 Uhr wird Thomas Kastura dort mit vielen weiteren fränkischen Autoren Kurzkrimis lesen. Alle Infos zu den Terminen unter
www.thomaskastura.de.