Im Umweltausschuss wird der Landtag am Donnerstag eine Gesetzesänderung beraten, die den "Hohen Buchenen Wald" im Steigerwald zu Fall zu bringen könnte. Doch sehr wahrscheinlich landet der Streit bei Gericht.
Mal wieder. Die Wellen schlagen hoch im Steigerwald. Ganz besonders jetzt, wo in den Hallen des Maximilianeums ein fränkisches Buchenwaldidyll auf dem Spiel steht. Es geht um den "Hohen Buchenen Wald" bei Ebrach. 770 Hektar Waldfläche wurden im Frühjahr 2014 auf der Basis eines Landkreisbeschlusses und einer daraus resultierenden Verordnung unter Schutz gestellt. So entstand im äußersten Westen Oberfrankens das nach Angaben von Naturschützern größte nutzungsfreie Waldgebiet in Bayern außerhalb der zwei Nationalparke.
Das Verhältnis Mensch Wald Doch das Reservat, das geschaffen wurde, um eine Bewerbung des Steigerwalds um den Titel Weltnaturerbe möglich zu machen, hat eine hitzige Grundsatzdebatte ausgelöst, die weit über den Steigerwald hinausstrahlt und das Verhältnis von Mensch und Wald grundsätzlich beleuchtet. Es geht um den Nutzen der Nutzungsfreiheit alter Wälder, wie ihn die Naturschützer, viele Stadtbewohner und eine wachsende Zahl von Menschen auch im Steigerwald beschwören. Dagegen steht der "Schutz der Natur durch das menschliche Bewirtschaften", wie er von den ebenso zahlreichen Gegnern eines Nationalparks propagiert wird. Diese machen sich für ein integratives Naturschutzmodell stark, das den Schutz größerer ungenutzter Waldflächen ablehnt und statt dessen das Trittsteinkonzept mit naturnahen Inseln favorisiert.
Zum Beispiel "Unser Steigerwald", der Verein um CSU-Staatssekretär Gerhard Eck. Er hat sich die Verhinderung eines Nationalparks auf die Fahnen geschrieben und fährt in einer soeben veröffentlichten "Untersuchung " schwere Geschütze gegen die Naturschützer auf. Anders als die Fachleute des Bund Naturschutz bezweifeln die Nationalparkgegner rundweg, dass die Waldflächen, die heute als "Hoher Buchener Wald" firmieren, überhaupt den fachlichen Rang einnehmen, der ein solches Schutzgebiet rechtfertigen würde.
Sie sprechen statt dessen von Etikettenschwindel und davon, dass der Öffentlichkeit das falsche Bild "vorgegaukelt" werde, der ganze Steigerwald stecke voller dicker Buchen. Bambergs Altlandrat Günther Denzler (CSU) werfen sie vor, die eigene Naturschutzverwaltung für seine Ziele "missbraucht zu haben". Laut "Unser Steigerwald" haben sich in einer repräsentativen Umfrage in der "erweiterten Steigerwaldregion" 68 Prozent der Menschen gegen einen Nationalpark ausgesprochen.
Sturm der Entrüstung Der Sturm der Entrüstung, den ein gemessen an der Gesamtwaldfläche im Steigerwald kleines Schutzgebiet auslöst, erschöpft sich nicht nur in Verunglimpfungen auf einer Homepage. Sehr konkret steht die Staatsregierung kurz davor, die Entscheidung des Bamberger Altlandrats dadurch zu korrigieren, dass das Bayerische Naturschutzgesetz geändert werden soll. Der Antrag von CSU-Abgeordneten, der am Donnerstag im Umweltausschuss des Landtags vorberaten werden soll, verfolgt zwei Ziele: Die Befugnisse für das Ausweisen geschützter Landschaftsbestandteile über zehn Hektar Größe sollen an die Bezirksregierungen zurückverwiesen werden. Außerdem ist die Formulierung des neuen Gesetzestextes so gewählt, dass sie eine Abwicklung durch die Aufsichtsbehörde in Bayreuth auch rückwirkend ermöglicht.
Altlandrat Günther Denzler zweifelt, ob die drohende Beseitigungsanordnung einer rechtsgültig eingebrachten Verordnung so schnell zum gewünschten Ergebnis führt, wie sich das die Schutzgebietsgegner erhoffen. Nach seiner Meinung kann der Schutzzweck, unter anderem der Erhalt und die Sicherung typischer Buchenwaldbestände, nicht einfach dadurch entfallen, dass man ihn weghaben will. Zudem: Sollte sich der Naturschutzbeirat der Regierung von Oberfranken gegen die Rücknahme aussprechen, würde die Entscheidung automatisch an das Umweltministerium zurückfallen, dem man die Schmach einer Schutzgebietsaufhebung bislang ersparen wollte. Denzler verfolgt die Bemühungen, die Ergebnisse seiner Politik durch die Hintertür einer Gesetzesänderung mit Kopfschütteln. Er spricht von populistischer Gefälligkeitspolitik: "Ich bin mir nicht sicher, ob die CSU gut beraten ist, solche Winkelzüge vorzunehmen."
Zumindest gibt es viele, die die Entscheidung im Umweltausschuss mit Argusaugen verfolgen werden. Ralf Straußberger vom Bund Naturschutz glaubt nicht daran, dass in nächster Zukunft Gesichtspunkte auftauchen könnten, die den Schutz des Waldes bei Ebrach als überflüssig erscheinen lassen. "Seit neun Monaten wird das Verfahren rechtlich auf allen Ebenen beleuchtet und man konnte nichts finden", sagt er. Straußberger fürchtet, dass im Falle einer Rückabwickelung eine jahrelange juristische Auseinandersetzung bis vor die Schranken des Bundesverwaltungsgerichtshofs droht.
Inzwischen schlagen die Wellen hoch im Steigerwald. Zum Beispiel der Verein Nationalpark Nordsteigerwald. Er appelliert in einem Brief an die Landtagsabgeordneten, die Gesetzesänderung zu überdenken. Die Nationalparkbefürworter glauben nicht nur nicht daran, dass die Bewerbung für ein Welterbe ohne Schutzgebiet Erfolg hätte.
Sie weisen auch auf einen aus ihrer Sicht entscheidenden Nachteil des Unesco-Prädikats hin: Anders als ein Nationalpark mit einer Förderung in Millionenhöhe sei dieses nur ein "Titel ohne Mittel". Die Region gehe leer aus.
Nicht zuletzt widersprechen die Nationalparkfreunde aus dem Steigerwald auch dem Eindruck, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen ein solches Projekt sei. Auch sie verweisen auf eine repräsentative Umfrage in der Region. 61 Prozent der Menschen wollen demnach den Nationalpark im Steigerwald.
Kommentar des Autors: Der Bundesforst zeigt, wie es geht Merkwürdiger Widerspruch: Bei Ebrach erleben wir seit Monaten einen in dieser Unerbittlichkeit kaum nachzuvollziehenden Streit um einen Wald, der zwar groß, aber gemessen an der Gesamtwaldfläche dennoch zu vernachlässigen ist.
Und bei Bamberg? Wird über Nacht ein 330 Hektar großes Stück Hauptsmoorwald für das Nationale Naturerbe reserviert, ein Areal, das selbst in Bamberg wenige kennen.
Man kann sich über dieses Geschenk freuen. Man kann aber auch rätseln, warum der Bundesforst darf, was der Staatsforst im Steigerwald wie Teufelszeug bekämpft.
Antwort: Wir sind Zeugen eines aberwitzigen Glaubenskriegs um Flächenschutz oder Trittsteinkonzept, wo doch klar ist, dass Deutschland nur durch die Kombination beider Systeme seine naturgegebene Vielfalt bewahren kann.
Ist dieser Wunsch naiv? In einer Zeit, in der der Nutzungsdruck jeden Winkel des Lebens beherrscht, wächst die Sehnsucht nach Freiräumen - für Mensch und Natur. Man kann sie auch Wildnis nennen.
Vielen Dank an Herrn Wehner, stets bei dem Thema präsent, für die ausgewogene Berichterstattung.
Für Herrn Ecks Behauptungen findet er die richtige Bezeichnung: Verunglimpfungen, also Beschimpfungen. Nationalparkfreunde erlebten auch schon weit übleres: Sachbeschädigungen, Morddrohungen, tätliche Angriffe, Galgendarstellungen mit prominenten NPbefürwortern als abgebildeten Delinquenten. Aus dem Dunstkreis der Nationalparkhasser, soweit kann man das schon bestimmen. Und die finanzstarke Holzwirtschaft bläst medienpotent zum Sturm gegen den Nationalpark. Deswegen der lautstarke Streit. Staatsgoliath gegen Bevölkerungsdavid, bavarian corporate (Verfilzung von bayr. Wirtschaft und Politik) gegen engagierte Bürger. Und die Gewalttätigkeit. Ja, ich kenne die Gastronomin im Steigerwald, der man Kopfschüsse androhte, als sie Position bezog. Ich habe von den Demos der Holzbauern gelesen, mit dem Traktor vorneweg, an der Gabel zwei Galgenstricke, einer für Dr. Denzler, einer für Dr. Sperber. Reifenstecherei, Schlägerei, Angriffe im Wald mit dem Traktor. Sollte man vor solcher Rohheit einknicken? Nein! Soll man sich darüber laut entrüsten? Ja, natürlich!!!
Es ist ein guter Hinweis von Herrn Wehner auf ein 330 ha großes Areal im Bamberger Hauptsmoorwald. Sehr ermutigend, was der Bund dort machte, ein Gebiet für das nationale Naturerbe reservieren. Oh gute, alte Bundesrepublik Deutschland, Du hast mehr Geist und Weitblick als mancher stolze, reiche Bayer.
Danke auch an Herrn Wehner an das gekonnt in Worte fassen: der Durchkommerzialisierung all unserer Lebensbereiche. „In einer Zeit, in der der Nutzungsdruck jeden Winkel des Lebens beherrscht, wächst die Sehnsucht nach Freiräumen - für Mensch und Natur.“ Wie wahr, wie wahr.
..... von Gewalt ,usw, lehne ich prinzipiell ab. Allerdings habe ich mitbekommen´, dass unter den Befürwortern auch nicht alle "zart besaitet" sind. Das die Bauern wütend sind, wenn über ihr Eigentum entschieden werden soll, kann ich gut nachvollziehen. Die Befürworter des Nationalparks könnten ja in einen zu gründenden Fond, festzulegende Geldsummen einzahlen, wenn den Waldbauern durch Auflagen (nachgewiesen) wirtschaftliche Nachteile entstehen. Mich würde interessieren, was den Einzelnen dies wert wäre. Ich fürchte, nicht allzuviel. Im übrigen: Einen Nachteilsausgleich gibts auch in den Wasserschutzgebieten, wäre also nichts Neues. Ich war mehrmals im Nationalpark Bayrischer Wald. Was dort geschehen ist, möchte ich den jahrhunderte alten Buchen nicht zumuten. Könnte ja passieren, dass sich Schwammspinner, usw für diese Buchen interessieren. Eine flächendeckende Bekämpfung mit vorhandenen Spritzmitteln wäre nicht möglich. Der Kahlfraß und das Absterben der Buchen müßten befürchtet werden. Da möchte ich den Aufschrei hören. Unter diesen Gesichtspunkten wäre der kleine "Feldversuch" im "Hohen Buchenen Wald" doch interessant. Vorausgesetzt natürlich, dass bei einem nicht auszuschließenden Befall, die Waldbauern ihre angrenzenden Waldflächen wirkungsvoll schützen dürften.
Für einen Nationalpark bzw. ein Weltnaturerbe im Steigerwald würde ausschließlich Staatswald genutzt. Auch für dieses Waldschutzgebiet bei Ebrach wurden nur öffentliche Flächen genutzt. Privatwald wird also für ein Weltnaturerbe nicht benötig.
Buchenschädlinge stellen keine ernsthafte Gefahr für einen Buchenwald dar. Es gibt kein einziges Beispiel für ein großflächiges Absterben von - auch unbewirtschafteten - Buchenwäldern in Europa.
.... wird selig. Natürlich soll der Steigerwald zum Naturschutzgebiet werden. Was jetzt diskutiert wird, ist der minimale Vorläufer. Der " Fischer " sollte so redlich sein, und nicht das Gegenteil behaupten. 79% der Deutschen wollen mehr Wildnis in den Wäldern, das ist ja ein Argument. 68% der Betroffenen um den Steigerwald halten von einem Nationalpark nichts, und haben recht. Vielleicht fragen Sie mal nach, was die 79% der Deutschen, wenns denn stimmt, ansonsten so alles wünschen.Der Steigerwald wurde durch nachhaltiges Nutzen so entwickelt, wie wir ihn brauchen. Er ist ein Musterbeispiel für einen guten Kompromiß zwischen Ökologie und Ökonomie. So solls auch bleiben. Im übrigen: Wenns denn wirklich keine Schädlinge für die Buchen gäbe, könnten doch alle Befürworter das Risiko mit einer Versicherung abdecken. Das wär mal ein gutes Beispiel.
Herr "Frankenjammer" natürlich haben Sie Recht, wenn Sie sagen, dass dieses Waldschutzgebiet bei Ebrach sehr klein ist. Deshalb können die Naturschützer auch nicht verstehen, dass die andere Seite nicht bereit ist hier einen Kompromiss einzugehen und dieses kleine Gebiet für zukünftige Generationen als Wildnis zu erhalten.
Sie möchten immer gerne Argumente und Fakten, dann liefere ich Ihnenn diese und dann sagen Sie, dass Sie das nicht glauben. Sie müssen mir das gar nicht glauben. Auf Grund meiner Infos können Sie gerne im Internet recherchieren und dort finden Sie die Grundlagen und Hintergrundinfos zu meinen zusammengefassten Argumenten / Fakten