Bisher haben die Landkreis-Gemeinden auf die schmale Lösung mit Kupferkabeln gesetzt. Das ändert sich jetzt: Nun will auch Heiligenstadt ein "Bürgernetz".
Vor einer Woche hat sich in Pettstadt ein Fest ereignet, ein Fass Bier wurde angestochen, bis spät in den Abend saßen zeitweise bis zu 100 Bürger vor dem Rathaus und feierten. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass Pettstadt nach Altendorf und Buttenheim ein eigenes Glasfasernetz bekommt. Ausreichend Verträge für das "Bürgernetz" waren unterzeichnet worden. Bürgermeister Jochen Hack (FWG) jubelte: "Damit sichern wir der Gemeinde langfristig Pachteinnahmen aus dem Betrieb des Netzes!"
Bei Hack und seinen Mitstreitern, den Bürgermeistern Michael Karmann (ZWdG/CSU) aus Buttenheim und Karl-Heinz Wagner (CSU) aus Altendorf, die auch zum Fest gekommen waren, machte sich Erleichterung breit. Freilich ist noch kein Glasfaserkabel verlegt, doch spätestens bis Ende 2017 will jede Gemeinde ihr eigenes Netz komplett in Betrieb genommen haben. Dann sollen vom Pächter, der Stadtnetz Bamberg, Gelder fließen und die Investition von zusammen gut acht Millionen Euro nach und nach refinanziert werden. Später wollen die Gemeinden mit ihrem "Bürgernetz" sogar Geld verdienen. Nach dem ersten Erfolg der drei Vorreiter wird nun auch in anderen Kommunen nachgedacht. In einer Nachbargemeinde von Buttenheim wird es sogar ziemlich konkret: "Heiligenstadt erwägt, ein eigenes Glasfasernetz zu bauen", erklärt Bürgermeister Helmut Krämer (Einigkeit).
Bayerisches Programm gestoppt
Die Gemeinde ist bereits im bayerischen Förderprogramm, in dem der Ausbau mit FTTC, also Glasfaser bis zu den Verteilerkästen, gefördert wird. "Wir haben auch schon Angebote von Telekommunikationsanbietern vorliegen", sagt Krämer. Doch wurde deutlich, "dass die Netzbetreiber nur eine kleine Lösung anboten, die den finanziellen Rahmen bereits ausschöpften." Die Kommune würde maximal eine Förderung von 900.000 Euro bekommen. Bei 85 Prozent der Haushalte würden dennoch nur 30 Mbit/s ankommen.
Das Problem sind die weiten Wege zwischen den Ortsteilen der Flächengemeinde mit ihren 77 Quadratkilometern, die Krämer anführt. Er fürchtet, dass Heiligenstadt nach dem Ausbau bald wieder investieren müsste. "Wir haben das bayerische Programm gestoppt!", sagt der Bürgermeister deshalb. Betont aber: "Wir können jederzeit zurück."
Bis 15 Millionen Euro aus Bundesprogramm
Der Eigenausbau in Heiligenstadt hängt vor allem davon ab, ob Geld aus dem Bundesförderprogramm fließen würde. Ein Ausbau in Heiligenstadt kostet einiges mehr als in Buttenheim (4,2 Millionen Euro), doch fördert der Bund seit Oktober 2015 jede Kommune mit bis zu 15 Millionen Euro und einem Anteil von 50 Prozent. Auch eine Kofinanzierung durch den Freistaat ist laut Krämer mit bis zu 900.000 Euro möglich.
"Das Bundesprogramm mit Glasfaser bis zum Haus ist eine große Chance für unsere Marktgemeinde", sagt Krämer deshalb, in Kauf nehmen müsse die Gemeinde allerdings, dass durch den Wechsel aus dem bayerischen ins Bundesprogramm eine Verzögerung von sechs bis neun Monaten entstehe.
Dennoch hat sich der Marktgemeinderat einstimmig dafür entschieden. Es sei die nachhaltigere Lösung, sagt Krämer, denn über ein Glasfasernetz könnten alle Haushalte zwischen derzeit 300 und 500 Mbit/s erreichen. Künftig sogar noch mehr. Die genauen Kosten des Ausbaus werden in Heiligenstadt derzeit noch berechnet.
Masterpläne werden erstellt
Der Glasfaserausbau ist auch in anderen Gemeinden ein großes Thema. Nach dem Ausbau mit Hilfe des bayerischen Förderprogramms nehmen die Kommunen die Förderung des Bunds über je 50.000 Euro in Anspruch: "Fast alle Gemeinden im Landkreis haben die Förderung beantragt", erklärt Rainer Keis von der Wirtschaftsförderung des Landkreises. Damit könne in jeder Gemeinde ein Masterplan erstellt werden. Die Detailplanung sei erforderlich für die Realisierung einer Glasfaserversorgung, damit werde die Grundlage für die weitere Förderung geschaffen.
Es ist der Weg, den jetzt Heiligenstadt geht. Möglich, dass auch dort schon bald ein Fass Bier angestochen wird, wie bei der Feier vor dem Pettstadter Rathaus. Was zu einen angenehmen Nebeneffekt führte: "Das Fest hat gleich auch noch zur Stärkung der Dorfgemeinschaft beigetragen!", berichtet Pettstadts Bürgermeister Hack.
Interview mit Alexander Vogler, Telekom: "Ab 2020 sind mit Super-Vectoring bis zu 500 Mbit/s erreichbar!"Alexander Vogler ist für den Netzausbau der Telekom in Deutschland verantwortlich. Der 47-Jährige wohnt in Bamberg. Im Interview spricht er darüber, warum die Telekom auf dem Land auf Vectoring setzt und was er vom Eigenausbau der Gemeinden hält.
Das höchste Tempo bietet Glasfaser, warum setzt die Telekom auf Kupferkabel und Vectoring?
Alexander Vogler: Die Telekom setzt nicht nur auf Vectoring. Da trügt der Eindruck. Auch eine Telekom baut FTTH. Etliche Städte Deutschlands wurden ausgebaut und aktuell tun wir das auch in Neubaugebieten, auch in Altendorf. Ich glaube, dass FTTH eines Tages der Weg sein wird, den wir alle gehen, aber es kommt auf zwei Dinge an: Zeit und Geld.
Das heißt?
Die Haushalte in Deutschland sollen nach dem politischen Willen alle möglichst schnell mit mindestens 50 Mbit/s versorgt sein - auch auf dem Land. Ein Ausbau mit Glasfaser bis ins Haus dauert aber viel zu lange. Und ist auch zu teuer. Wenn Sie ein FTTH-Netz aufbauen wollen, müssen sie schließlich den Gehsteig und das Grundstück aufbaggern. Für alle ginge das gar nicht gleichzeitig: So viele Bagger gibt es gar nicht...
Also gibt es für die meisten nur ein weniger leistungsfähiges Vectoring?
Falsch! Deutschland wird 2018/19 mit Vectoring und Super-Vectoring gut versorgt sein! Damit werden 250 Mbit/s möglich. Ab 2020 sind dann sogar bis zu 500 Mbit/s erreichbar. Wie hoch der Bedarf sein wird, kann ohnehin keiner sicher vorhersagen.
Und wenn die letzte Meile mit Glasfaser ausgebaut wird, muss wieder Geld in die Hand genommen werden?
In weitaus geringerer Menge. Aktuell fördert der Freistaat in Bayern ja den Ausbau. Wenn später dann sowieso natürliche Arbeiten in der Gemeinde (Kanal, Strom, Wasser) anstehen, können gleich die erforderlichen Rohre kostengünstig mit verlegt werden. So kann ich nach und nach das Netz günstig erweitern, 80 Prozent der Infrastruktur können vom Vectoring-Ausbau weiter verwendet werden.
Was halten Sie denn vom Modell "Eigenbetrieb" der drei Gemeinden?
Wenn eine Gemeinde Geld hat, dann sag ich: machen! In anderen Fällen muss man schon die Frage stellen, inwieweit hier öffentliche Steuergelder für einen Ausbau verwendet werden, um bestehende leistungsfähige Netze weiter zu überbauen. Vor allem dann, wenn Gemeindegebiete wie in Pettstadt und Buttenheim schon gefördert ausgebaut wurden.
Das Netz gehört der Gemeinde, sie bekommt Geld aus dem Pachtvertrag...
Ja, aber erst nach 25 bis 30 Jahren und dann muss man bedenken: Eine Infrastruktur muss instand gehalten werden. Das kostet auch später richtig Geld! Das ist wie bei einem Eigenheim. Je älter das Netz wird, desto höher wird der Unterhaltungsaufwand. Das darf man nie vergessen.
FTTC und FTTHFTTC Bei dieser Netzarchitektur liegt Glasfaser bis zum Kabelverzweiger. Das Signal wird zu den Häusern per Kupferdraht übermittelt. Damit werden bis zu 100 Mbit/s, mit "Super-Vectoring" noch höhere Geschwindigkeiten erreicht. Der Ausbau ist schneller und günstiger als bei FTTH. Auf diese Technik setzen die meisten Kommunen.
FTTH/FTTB Glasfaserkabel werden bis ans/ins Haus verlegt. Es sind Geschwindigkeiten bis zu 500 Mbit/s und künftig noch mehr möglich. Ausbautempo und Kosten sind relativ hoch. Auf diese zukunftsträchtige Technik setzen die drei Gemeinden Altendorf, Buttenheim und Pettstadt.
Zwei Meinungen "Ein Ausbau mit Glasfaser bis ins Haus dauert viel zu lange. Und ist auch zu teuer", findet Alexander Vogler von der Telekom. Aus diesem Grund baue sein Konzern auf die schnelle Versorgung per Vectoring (siehe Interview). Dem widerspricht Jan Giersberg, Sprecher der Stadtwerke Bamberg (Stadtnetz Bamberg): "Auch die Telekom kann die Physik nicht ändern. Je länger das Kupferkabel, desto langsamer. Das von der Telekom beworbene ,Super-Vectoring‘ führt nur im Nahbereich zu wirklich hohen Geschwindigkeiten. Deshalb führt gerade im weitläufigen ländlichen Raum an Glasfasernetzen, die bis ins Haus reichen, kein Weg vorbei."
Direkt putzig wie der Telekom-Vertreter, Herr Vogler für die Krückentechnik wirbt, welche aufgrund einer bewussten Fehlentscheidung (Kupfer anstatt Glasfaser) – aus Privatinteresse (https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Schwarz-Schilling#Kritik) – des damaligen Postministers Schwarz-Schilling notwendig ist.
..ja auch richtig erkennt ist FTTB/FTTH die Zukunft.
Ob hier Steuergelder verschwendet werden sei dahingestellt, alle 3 Kommunen nutzen für die Finanzierung günstige Kommunalkredite die vom bayrischen Staat eigens für diesen Zweck bereit gestellt werden, die Refinanzierung erfolgt über die Pachteinnahmen und ist bei allen 3 Kommnunen mit ca. 18 Jahren veranschlagt, nicht 25 bis 30 wie Herr Vogler mitteilt, ohne das die Gemeinden eigenes Geld in die Hand nehmen müssen.
Das Netze instand gehalten werden müssen ist sicherlich richtig, allerdings sind bei Glasfaserkabel deutlich geringere Instandhaltungen als z.B. bei Kupfer notwendig auf jeden Fall deutlich geringer als die dann vorhandenen Pachteinnahmen.
Richtig ist das die Straßen zum Verlegen der Kabel geöffnet werden müssen, die Grundstücke normalerweise nicht, dort werden die Kabel ins Haus geschossen.
Und hätte man früher nicht Versorgungsleitungen in den Straßen verlegt gäbe es heute noch kein Kanal- und Wassernetz und auch kein Telefon, die Telekom war ja hier in der Vergangenheit auch ein eifriger "Buddler".
Das Problem bei Kupfer mit VDSL ist halt hauptsächlich das es lt. Werbung "50 Mbit/s" sind, lt. Vertrag "bis zu 50 Mbit/s", bei uns zu Hause sind es meist zwischen 21 und 18 Mbit/s die ankommen, an manchen Tagen oft aber auch nur 6 - 8 Mbit, was zur Folge hat da wir über das Telekom Entertain-Paket Fernsehen schauen das mehrmals im Jahr ein vernünftiger Fernsehempfang leider nicht möglich ist, was dann wieder stundenlange Warteschleifen bei der Telekom und Unterhaltungen mit einer PC-Stimme nach sich zieht...
Ich denke das auf dem Land auf Dauer Glasfaser die absolut beste Lösung ist. Wie Herr Vogler ja schreibt sind mit FTTC "bis zu 250 Mbit" möglich, bis 2020 werden die Glasfaserleitungen ein vielfaches dieser Datenmenge transportieren können und das ohne den Zusatz "bis zu", da die Leistungsfähigkeit der Glasfaserkabel nach oben noch deutlich erweiterbar ist ohne dann neue Kabel verlegen zu müssen.
Mal was zur Stadtnetz, sie setzte selbst FTTC z.B. in Stadtteil "Gartenstadt" darauf.
Ich denke eher, das hier um Betriebswirtschaftliche Interessen geht. Was übrigens auch Chef
der Bundesnetzagentur festgestellt hat, zum weiteren brauchen meisten Anwendung im Internet nur 3 Mbit/s.
In Bamberg werden aber so wohl Telekom, sowieso Stadtwerke absticken. Weil dort ist Vodafon Kabel weit überlegen, da wird es irgendwann 500 Mbit/s kommen. Weil das Koaxialkabel einiges Leistungsfähiger ist.