Ist Bamberg eine Unfall-Hochburg? Ja sagt der Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland. Die Polizei hegt Zweifel an der Datengrundlage für diese These.
Für Dieter Volk, den Bamberger Kreisvorsitzenden des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) ist es keine Frage: Bamberg sei eine Unfall-Hochburg und sollte sich dafür schämen.
Allerdings bezieht sich seine Kritik, die einer Pressemitteilung des VCD zu entnehmen ist, nicht auf die erschreckende Bilanz 2015 mit sechs Verkehrstoten im Stadtgebiet, sondern auf das Jahr 2014. Volk beruft sich auf das Internet-Verbraucherportal billiger.de, wonach Bamberg zu den zehn deutschen Städten zählt, in denen es die meisten Verletzten durch Verkehrsunfälle gab. Von 520 Verletzten und einem Toten ist die Rede.
Billiger.de wertete nach eigenen Angaben die Regionaldaten der statistischen Landesämter und des Statistischen Bundesamts aus. Für eine bessere Vergleichbarkeit unterschiedlich großer Städte wurden die Zahlen jeweils auf 100 000 Einwohner hochgerechnet.
So kommt das Verbraucherportal zu dem Schluss, dass das Risiko, in Bamberg in einen Unfall verwickelt zu werden, bei hohen 39 Prozent liegt. Nur in Weiden, Schweinfurt, Würzburg, Straubing und Erlangen sei es größer.
Bei der Polizei-Inspektion Bamberg-Stadt reagierte man überrascht auf die billiger.de-Aussagen. Erstens, weil man intern für 2014 mit anderen Zahlen rechnet: Man hat "nur" 511 Verletzte verzeichnet und gar keinen Verkehrstoten.
Zweitens nennt Pressesprecherin Silke Gahn das Hochrechnen auf 100 000 Einwohner eine "etwas verzerrte Sichtweise". Man wolle die Daten von billiger.de aber prüfen und habe sie an das übergeordnete Polizeipräsidium Oberfranken weitergeleitet.
VCD-Kreisvorsitzender Dieter Volk zweifelt nicht an den Erkenntnissen des Verbraucherportals. Er leitet für Bamberg daraus mehrere Forderungen ab: Tempo 30, mehr gegenseitige Rücksichtnahme und eine "diskriminierungsfreie" Neuverteilung des Straßenraums unter den verschiedenen Verkehrsmitteln.
Trau keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. Alle Vergleichsportale im Internet machen die Vergleiche doch nicht aus Selbstlosigkeit, sondern, weil sie damit Geld verdienen, so ist doch lange bekannt, dass z. b. Versicherungsgesellschaften Prämien zahlen, wenn sie die vorderne Plätze einnehmen oder andere gar nicht berücksichtigt werden.
Und das müsste auch der VCD wissen, wenn er solche "Statistiken" als Grundlage für eine allgemeine Auswertung hernimmt.
Allerdings hat der VCD recht, wenn er eine andere Verkehrspolitik für Bamberg fordert, aber solange Fahrradwege vernichtet werden und mit der Autospur zusammengelegt werden usw. wird das hier in Bamberg nicht besser werden.
Natürlich kann und muß man jede Statistik hinterfragen. Sowohl Datenerhebung als auch Interpretation und Darstellung bieten Spielräume und Manipulationsmöglichkeiten.
Das Verbraucherportal hat im vorliegenden Fall aber darauf hingewiesen, offizielle Daten ausgewertet zu haben. Die Bamberger Polizei hingegen sieht sich augenscheinlich nicht in der Lage, dem Argumente entgegenzusetzen. Die Diskrepanz zwischen 520 bzw. 511 Verletzten sowie einem bzw. keinem Todesfall ändert an der Aussage der Interpretation nichts. Dazu sind die Abweichungen - ungeachtet der unbestreitbaren Tragik für die Betroffenen - zu gering.
Was verzerrend wirken soll, wenn die Zahlen um der Vergleichbarkeit willen in Beziehung zur Einwohnerzahl gesetzt werden, hat die Polizei nicht einmal zu erklären versucht - wie auch? Diese Wertung entspringt wohl nur einem "automatischen" Abwehrreflex. Denn die Bamberger Polizei ist zu einem gehörigen Anteil für die desaströse Verkehrssituation in der Stadt mitverantwortlich. Regelmäßig stellt sie sich gegen die Sicherheit steigernde Maßnahmen, befürwortet gefährdende Verkehrslenkung, hat weniger die Verkehrssicherheit als das ungehinderte Autofahren im Blick. Beispiele sind der hochgefährliche (und rechtswidrig benutzungspflichtige) Zweirichtungsradweg entlang Magazinstraße / Regensburger Ring und die Ablehnung den Verkehr entschleunigender Anordnungen am Brennpunkt Starkenfeldstraße / Annastraße.
Grundproblem: Weder Polizei noch städtische Behörden sehen unmotorisiert mobile Menschen als Teil des Verkehrs. Sie sind gedanklich in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stehengeblieben - in trauter Gemeinsamkeit mit der Mehrheit der hiesigen Kommunalpolitik. Daß es anders geht, wird leider nur anderorts bewiesen: http://www.tagesspiegel.de/berlin/kopenhagens-umweltbuergermeister-morten-kabell-50-prozent-radverkehrsanteil-sind-ueberall-moeglich/12767004.html.