In Finnland gut vertreten: Die deutsche Botschafterin kommt aus Breitengüßbach
Autor: Natalie Schalk
Breitengüßbach, Donnerstag, 22. Oktober 2015
Dorothee Janetzke-Wenzel und ihr Mann Heinz-Dieter Wenzel kommen aus der Nähe von Bamberg. Seit einem Jahr erkunden sie Finnland. Er ist pensionierter Uni-Professor. Sie die deutsche Botschafterin in Helsinki.
Etwa 90 Prozent der deutschen Diplomaten sind Männer. Abends Empfänge, Verpflichtungen, alle paar Jahre ein Umzug in ein neues Land: Der Dienst greift stark ins Privatleben ein. Scheidungsraten veröffentlicht das Auswärtige Amt nicht, aber es heißt, dass diese überdurchschnittlich hoch seien. Die deutsche Botschaft in Finnland wird von einer der wenigen Frauen geführt. Dorothee Janetzke-Wenzel, 62, ist in Helsinki die höchste Vertreterin Deutschlands. Ihr Ehemann hat damit kein Problem - im Gegenteil: "In ganz Skandinavien ist sie die erste weibliche Botschafterin überhaupt", betont er stolz.
Von Breitengüßbach aus nach Ungarn, Nigeria, Finnland
Heinz-Dieter Wenzel genießt es, über die Diplomatie Länder und Menschen kennenzulernen. Der 69-Jährige ist Volkswirtschaftsprofessor mit Schwerpunkt Finanzwissenschaft. 2011 wurde er an der Universität Bamberg pensioniert. Damals hatte seine Frau gerade ihre Arbeit als Botschafterin in Ungarn beendet und wechselte nach Nigeria. Er ging mit. Und in Nigeria ergab sich für das Paar aus Breitengüßbach die nächste Station: "Wir hatten engen Kontakt zur finnischen Botschafterin und dachten: Skandinavien wäre mal etwas ganz anderes." Dorothee Janetzke-Wenzel bewarb sich für den diplomatischen Dienst in Finnland. Im Herbst 2014 zogen die Breitengüßbacher in die deutsche Residenz in Helsinki.
"Komische Leute, diese Finnen"
"Die Finnen sind nicht sehr kommunikativ, sprechen nicht viel. Am Anfang denkt man: Was sind das für komische Leute, diese Finnen?", sagt Wenzel. In Finnland ist Minimalismus die Maxime: Die Menschen verlieren nicht viele Worte, wo es wenig zu sagen gibt. Sie lieben schlichtes Design. Und einfache Vergnügungen wie auf irgendein zugefrorenes Gewässer zu stapfen, weit draußen ein Loch ins Eis zu bohren, eine Angel hineinzuhängen und still zu warten, dass etwas passiert. Meist passiert stundenlang nichts. Genau das genießen die Finnen. "Sie laufen noch im Frühjahr auf dem Eis herum, wenn es schon fast abgetaut ist. Deswegen ertrinken viele Finnen." Aber aus ihrer Sicht gibt's kaum etwas Entspannenderes als Eisangeln. Außer ihr Mökki. Knapp eine halbe Million dieser Sommerhäuser besitzen die 5,4 Millionen Finnen.
Luxus ist im Mökki verpönt
Ein Mökki steht vorzugsweise im Nirgendwo an einem See mitten im Wald. Kein elektrisches Licht, draußen ein Plumpsklo. "Die Finnen schätzen das einfache Leben. Ihre liebste Beschäftigung ist es, sich in ihr Mökki zurückzuziehen." Dort feiern sie mit Familie und Freunden, fahren mit dem Boot auf den See oder sitzen am Steg und lassen die Füße im Wasser baumeln. Ein krasses Kontrastprogramm zum Arbeitsalltag an den Bildschirmen einer hochentwickelten IT-Nation. "Möglichst wenig Luxus, das ist im Mökki wichtig."
Sauna ist ein Muss
Eine Sauna gehört aber immer dazu. Sie ist kein Luxus, sondern Standard. Nicht nur im Mökki, sondern auch in einer Ein-Zimmer-Wohnung. "So wie Leute in anderen Ländern selbstverständlich Toiletten bauen, bauen Finnen Saunen", sagt Wenzel. Schätzungen zufolge gibt es in Finnland zwischen zwei und drei Millionen Saunen: auf Booten, in einem Reisebus, im Parlament in Helsinki und in der deutschen Residenz - Heinz-Dieter Wenzel hat sie in der deutschen Herbstkälte der vergangenen Tage schon vermisst.Wenzel war zu Hause, um an der Universität Bamberg eine Doktorarbeit zu prüfen und ein wenig Gartenarbeit zu erledigen. Botschafterin Janetzke-Wenzel konnte Finnland nicht verlassen. "Erst im November wieder - wenn nichts dazwischenkommt." Darauf muss man sich im diplomatischen Dienst einstellen: Ein Problem sei das nicht. "Helsinki - Breitengüßbach: Das ist doch nur ein Katzensprung." Zumindest ist's näher als Nigeria.
Lesen sie hier, welche Entdeckungen das Paar aus Breitengüßbach bei finnischem Design und in der Architektur machte.
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