Dominik Eichhorn feiert in der Reckendorfer Schlossbrauerei die Einweihung seines neuen Sudhauses.
Fast 60 Jahre hat das alte Sudhaus in der Reckendorfer Schlossbrauerei auf dem Buckel. Damals von seinem Großvater nach dem neuesten Stand der Technik eingerichtet, ist es nun deutlich in die Jahre gekommen. Ein guter Grund für Braumeister und Inhaber Dominik Eichhorn, völlig neue Wege zu gehen.
Vor fast 90 Jahren hatte Georg Dirauf, der Großvater von Dominik Eichhorn, gerade stolz die Schlossbrauerei übernommen. Damals brauten die dortigen Braumeister schon seit 400 Jahren Bier, allerdings in eher kleinem Maßstab: 40 000 Liter pro Jahr. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 400 Litern gerade genug für 100 durstige Kehlen. An einem Seidlapreis von 36 Pfennigen war so nicht viel zu verdienen. Zum Vergleich: Ein Kilogramm Brot kostete 39 Pfennige. Grund genug für Georg Dirauf, den Laden in Schwung zu bringen, was er in den folgenden 20 Jahren auch schaffte und 1952 vom Pächter zum Eigentümer wurde. Ein Jahrzehnt später konnte er stolz sein neues Sudhaus einweihen - der Höhepunkt in jedem Brauerleben.
Als kleiner Junge wuselte sein Enkel Dominik damals gerne durch die Brauerei - für ihn ein riesengroßer Abenteuerspielplatz. Diese Tage hat er bis heute nicht vergessen. Denn auch wenn aus dem kleinen Buben mittlerweile ein gestandener Brauingenieur und Biersommelier geworden ist, hat er stets den Stolz und den Spaß der alten Tage in seiner Familienbrauerei bewahrt. Nach der Ausbildung und einem Arbeitsjahr in einer japanischen Brauerei übernahm er mit 28 Jahren das Ruder in Reckendorf und führte so das großväterliche Erbe fort. Doch in den letzten Jahren bereiteten zwei Dinge dem Braumeister Sorgen: Es waren kaum noch Ersatzteile für das alte Meisterstück zu bekommen, und die Energie- und Umweltbilanz verschlechterte sich zunehmend.
Also machte sich Dominik Eichhorn vor gut drei Jahren auf die Suche nach einem passenden Ersatz. Nach dem Besuch zahlreicher Kollegen, Messen und Sudhausbauer war er nicht überzeugt, einen wirklichen Schritt nach vorne machen zu können. Zu nahe waren die "neuen" Sudhäuser an dem, das er zuhause in seiner eigenen Brauerei stehen hatte.
Die Tradition weiterführen
So landete Eichhorn schließlich im November 2015 auf der Nürnberger Braumesse am Stand des schwäbischen Sudhausbauers Ziemann und lernte dort den Cheftechnologen Klaus Wasmuht kennen. Der gebürtige Franke hatte mit seinen Erfindungen gerade erst einen Innovationspreis gewonnen und war dabei, seine Ideen weiterzuentwickeln. Aus dem kurzen Messegespräch wurde ein sehr langes, weitere Treffen und auch viele Seidla Bier folgten. Beide einte dieselbe Frage: Wie kann man die seit über 100 Jahren perfektionierte Brautechnologie mit der Rückbesinnung auf alte Traditionen auf eine gänzlich neue Schiene bringen?
Also wälzten sie alte Brauhandbücher, Eichhorn erzählte von den Geschichten seines Opas, und nach und nach reifte der Plan für ein echtes Novum: Das Omnium-Sudhaus, das mit allen Traditionen bricht. Gefäße, Reihenfolge, Temperaturen, Energie- und Rohstoffeinsatz, all das konnte und musste von den beiden neu gedacht werden. Außerdem sollte ein Braumeister bei dem neuen Konzept wieder an jeder Stelle eingreifen und seine Handwerkskunst zeigen können. Die Planung dauerte bis zum Ende des letzten Jahres. Seit Anfang Januar arbeiteten die Mannschaften von Ziemann und Schlossbrauerei Hand in Hand, um den Neubau umzusetzen. Jetzt feierte Dominik Eichhorn die Einweihung seines neuen Sudhauses.
In dem "Omnium" genannten Sudhaus werden alle Rohstoffe auf eine neue Art und Weise genutzt. Im klassischen Läuterbottich sammeln sich die Rückstände des Malzes und landen nach dem Brauen beim Bauern als nahrhaftes Viehfutter. Das konnten sich die Brauer im 18. und 19. Jahrhundert nicht leisten. Sie holten fast alle wertvollen Inhaltsstoffe aus dem Malz heraus und lösten sie in ihrem Bier. Einen Läuterbottich sucht man in der neuen Reckendorfer Brauerei deshalb vergebens. An seiner Stelle arbeitet nun "Nessie", eine absteigende Folge von vier Trommeln, in denen das Malz neben seiner Stärke auch nahezu alle Vitamine, Mineralien und Proteine an die Bierwürze abgeben kann. Das sorgt nicht nur für mehr Gehalt, sondern auch für mehr Aroma. Durch diese Bauart kann Eichhorn zudem wieder alte historische Getreidesorten für seine Biere verwenden und damit innerhalb des Reinheitsgebotes völlig neue Spielwiesen beschreiten.
Vorzeigeobjekt bei Messe
Das neue Reckendorfer Sudhaus ist das weltweite "Omnium"-Pilotprojekt und wird auch bei der diesjährigen Brau-Beviale-Messe in Nürnberg zu den Vorzeigeobjekten gehören. Von der wichtigsten internationalen Branchen-Fachmesse wird dafür eigens ein Shuttleservice ins Bamberger Land eingerichtet werden, um Besucher aus aller Welt nach Reckendorf zu bringen.