In Stegaurach feierte das Stück "Haus und Garten" Premiere. Bei zwei Vorstellungen in einer mussten die Zuschauer wählen, wo sie dabei sein wollten - im Haus oder im Garten.
"Ach das könnte schön sein, ein Häuschen mit Garten", heißt es in einem schon etwas älteren deutschen Schlager. Haus und Garten, das klingt auch heute noch recht heimelig, und vermittelt einen fast idyllischen Hauch von persönlicher Freiheit, Ruhe und Geborgenheit. Die böse Welt ist ausgesperrt.
Haus & Garten (House & Garden), so heißt auch das Theaterstück des Briten Sir Alan Ayckbourn, 2014 das erste von zwei Jubiläumsprojekten der Stegauracher Künstlerwerkstatt. Michael Feulner und Heike Hollet-Geppert haben sich damit an ein sehr spezielles Theaterprojekt gewagt.
Haus & Garten, drinnen und draußen, das sind de facto zwei Theaterstücke, die parallel auch auf zwei Bühnen gespielt werden. Der Bürgersaal in Stegaurach ist dafür prädestiniert. Saal und Garten können zeitgleich von einem Ensemble bespielt werden.
Zwei Stücke, zwei Schauplätze, aber tatsächlich nur eine Geschichte. Die Anatomie einer Katastrophe, denn eine klassische Komödie ist das mitunter recht frivole Stück mitnichten. Gelacht werden darf natürlich auch, die Situationskomik kommt keinesfalls zu kurz. Vor allem aber fängt Haus & Garten die persönlichen Tragödien, die Gefühle, Befindlichkeiten, Träume, Wünsche und Bedürfnisse der handelnden Charaktere wie mit einem Brennglas ein. All das ist von Michael Feulner, der auch Regie führt, brilliant inszeniert und wird von dem 14-köpfigen Ensemble kraftvoll, spielfreudig, emotionsgeladen und mit exaktem Timing auf die Bühnen transportiert.
Eine Gartenparty mit Folgen Morgens um Acht ist die Welt noch in Ordnung, auf dem Landgut der alteingessenen und angesehenen Familie Platt unweit von Bamberg. Wie jedes Jahr ist ein breit angelegtes Gartenfest geplant und handverlesene Gäste eingeladen. Aber das Böse hat längst Einzug gehalten in die Mauern und wälzt sich im Garten.
Es ist nicht immer der Wind, wenn die Büsche rascheln. Manchmal sind es auch der Hausherr Theo Platt (Jürgen Müller) und seine Geliebte Johanna Müller (Elke Schellhorn), die Ehefrau seines besten Freundes Ernst-August (einfach köstlich und wunderbar komödiantisch - Holger Anders).
Theos Frau Patricia (Heike Hollet-Gep pert) ist diese Affäre nicht verborgen geblieben. Sie, die Admiralstochter, ist von Kindesbeinen darauf gedrillt worden, auch ein sinkendes Schiff nicht zu verlassen. Das gehört sich nicht. Daher fällt sie über Johanna her wie ein Regiment schwerer Kavallerie über schon arg zerzauste und orientierungslose Infanterie. Ihre Worte sind Säbelhiebe. "Du bumst mit Theo. Auf jedem Beet findet sich der Abdruck von deinem A... Du kannst meine Ehe ruinieren, aber wehe, wenn du meine Tischordnung durcheinander bringst."
Johanna ist völlig fertig, denn kurz zuvor hatte ihr Theo eröffnet, dass nun Schluss sei. So könne es nicht weitergehen. Johanna bricht total zusammen. Ihr Verstand setzt aus, was darin gipfelt, dass sie sich wie ein apokalyptischer Reiter auf den Rettungstrupp stürzt, der den vermeintlich schwer verletzten Theo aus einem zusammengestürzten Zelt retten will.
Hormonaustausch im Zelt Gar so schlimm sind die Verletzungen nicht. Der total betrunkene Hausherr hatte sich mit einem Ehrengast, dem nicht minder betrunkenen amerikanischen C-Promi Elisabeth Carmichael (Michaela Rümmer), nach gemeinsamen Planschen im Pool ins Zelt zurückgezogen, das dann während eines heftigen Hormonaustausches plötzlich in sich zusammenfällt.
Bernie Lieb (Fredi Ruppenstein) vom Veranstaltungsservice macht natürlich seine Frau Linda (Andrea Salamon) dafür verantwortlich. Er ist es gewohnt sie als Fußabtreter zu benutzen.Tatsächlich hat die ewig ätzende Haushälterin Berta (Inge Böhnlein) die Halteseile durchgeschnitten, denn sie vermutete ihren Mann Horst (ruhig, behäbig - Peter Müller) und ihre uneheliche Tochter Jennifer (kess, verführerisch und quicklebendig - Christina Lorz) unter den Planen.
Berta lässt keine Gelegenheit aus sich über Jennys Aussehen und Verhalten lautstark zu beklagen. "Sie hätte ja noch einen Knopf aufmachen können. Der hing ja schon mit der Nase dazwischen." Dem zweiten Ehrengast, dem aaltgaltten und arroganten Leopold-Maximilian von Pfeiffer (Sebastian Burkard), kippt Jenny versehentlich (?) Wasser über die Hose und rennt kreischend um ihr Leben, als Mama Berta mit einem Küchenmesser in der Hand hinter ihr her ist.
Fassaden bröckeln, Schutzschilde brechen. Die so cool wirkende Sophie Platt (Marie-Christin Kundmüller) erweist sich als verletzlich. Der in sie unsterblich verliebte Jakob Müller (Harald Wicht) ist unfähig ihr seine Gefühle zu offenbaren. Als er es tut, läuft sie weg.
Dass die heile Welt der Platts, ihrer Nachbarn und Freunde Risse hat, erfährt der Zuschauer sehr schnell, aber viele Handlungsstränge werden erst sichtbar, wenn man das Geschehen und die Gespräche draußen und drinnen erlebt hat. Am Abend, als sich der Pulverrauch der Gefechte verzogen hat, ist nichts mehr wie vorher. Die Seelenlandschaften sind verwüstet und das Anwesen hat sich in einen mit Trümmern bedeckten Friedhof verwandelt, in ein Tal der verlorenen Dinge. Aber es gibt nicht nur Verlierer...
Zu den Gewinnern gehören ohne Frage die Zuschauer, die die Premiere mit Szenenapplaus und lang anhaltendem Beifall begleiteten.