Ist die Konversionsfläche wirklich zu groß für Bamberg? Fehlen die Menschen, die sich für Bamberg-Ost interessieren? Gutachter Klaus-Peter Möller kam 2013 zu einem anderen Ergebnis.
Ein breiter Konversionsmantel und darunter eine viel zu klein geratene Stadt? Die Planer scheinen sich einig: Die von den Amerikanern verlassenen Flächen im Bamberger Osten sind zu groß für Bamberg. "Woher sollen die Menschen kommen?", lautet bislang das geflügelte Wort aus dem Rathaus.
Doch es gibt auch andere Stimmen. Interessanterweise wurden sie in den vergangenen Monaten kaum beachtet. Zum Beispiel Klaus-Peter Möller. Bereits 2013 hat der Wissenschaftler Bamberg im Stadtentwicklungsplan Wohnen ein erhebliches Defizit an Wohnungen bescheinigt. Möller wies im Auftrag der Stadt nach, dass der Wohnungsneubau in den Jahren bis 2011 mit dem gewachsenen Bedarf überhaupt nicht habe mithalten können. Als Folge stiegen die Mieten und auch die Kaufpreise seit 2009 kräftig wie noch nie. Möller kam 2011 auf 470 fehlende Wohnungen.
Nach seiner Rechnung würden zudem "mindestens 1500 weitere Haushalte", nach Bamberg ziehen, wenn die Miet- und die Baulandpreise wieder fallen würden.
Zum "Rückstau" von 2000 Wohnungen kommen aber aber noch weitere Effekte. In der Studie ist die Rede vom hohen Zuzug von Studierenden, dem positiven Saldo durch Arbeitsplatzsuchende, von der Tendenz zur Haushaltsverkleinerung, der in Bamberg sehr niedrigen Leerstandsquote sowie dem hohen Bestand an Untermietverhältnissen. Alles zusammen sorge für einen anhaltenden Nachfrageüberhang - ohne die Effekte der Brose-Ansiedlung oder neue Zuzüge durch die Konversion überhaupt zu berücksichtigen.
"Bali": Belegung in drei Jahren Die Bamberger Linke Liste (Bali) hat sich die Zahlen von Möller sehr genau angesehen.
Laut Bali widerlegt das Gutachten die bisherige Ansicht der Experten, die ohne empirische Begründung ausgesprochen worden sei, dass ein großer Teil der Wohnungen auf dem ehemaligen Kasernengelände nicht benötigt werde.
Das Gegenteil sei der Fall. Eine Belegung aller 1250 Wohneinheiten des Konversionsgeländes könne in weniger als drei Jahren ohne einschneidende Kosten für den Leerstandsunterhalt erwartet werden, sagt Bali-Stadtrat Heinrich Schwimmbeck. Für ihn ist es unerlässlich, dass das Konversionsgelände zur "Bereitstellung finanzierbaren Wohnraums für die Bürger aller Einkommensschichten" genutzt wird.
Was ist dran an den Thesen der Bamberger Linken? Harald Lang vom Konversionsamt der Stadt bestätigt die Zahlen von Klaus-Peter Möller grundsätzlich.
Die Frage, ob es tatsächlich zu einer raschen Besiedlung komme, hängt laut Lang aber vor allem davon ab, zu welchem Preis die Bima die Häuser verkaufe. Denn nur bei günstigem Konditionen werde es zur erhofften Attraktivität komme. Hier werde aktuell verhandelt und natürlich habe der Bund das klare Interesse, einen möglichst hohen Preis zu erzielen.
Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) hat in einem Gespräch mit unserer Zeitung den Eindruck zurückgewiesen, es gebe in der Stadtverwaltung eine Abrissstrategie für intakten Wohnraum auf dem US-Gelände. Dies sei nicht der Fall. Starke bezeichnete es als Konsens im Stadtrat, dass "möglichst viele intakte Wohnungen erhalten bleiben sollen".
Allerdings mache es keinen Sinn, während eines laufenden Wettbewerbsverfahrens eine Vorfestlegung bezüglich einzelner Viertel zu treffen.
Starke sprach davon, dass es ein Ziel der Stadt sein müsse, einen vernünftigen Mix für das Kasernengelände zu finden, der geeignet sei, Bamberg in den nächsten 100 bis 150 Jahren zu prägen. Eine "Belegungskonversion" lehnt das Stadtoberhaupt ab.
Neben Flächen für Wohnen und Freizeit gehe es vor allem darum zusätzliche Gewerbeflächen zu gewinnen: für die Neuansiedlung von Unternehmen und für die Umsiedelung von bestehenden Bamberger Unternehmen, die dann Flächen in der Stadt frei machten. Dies sei wichtig, damit Bamberg auch künftig seine aufwändige Infrastruktur bezahlen könne.
Wie stark kann Bamberg wachsen? Auch Starke hat mit Blick auf die Aussagen der Fachleute Zweifel, dass es genug Menschen gebe, die bereit wären, das Konversionsgelände zu besiedeln. "Der Mantel reicht für 10 000 Menschen."
Siehe da, das Gutachten findet sich auch im Internet unter
https://www.google.de/search?q=Klaus-Peter+M%C3%B6ller+Bamberg&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&channel=sb&gfe_rd=cr&ei=xF21VO2eEoSm8wfWvoH4DA
Sie kommen aber mit Google auch einfach hin über Klaus-Peter Möller Bamberg.
Dass das "im Auftrag der Stadt" erstellte Gutachten von 2013 erst jetzt (wieder) öffentlich wird, ist sicher kein Zufall. Zumindest die zuständigen Beamten hatten es wohl doch gekannt, vielleicht schubladisiert oder nur verdrängt? Unsere Bürger dürfen sich den Umgang mit gesteuerten Informationen und das offensichtliche Jonglieren mit teilweise leicht widerlegbaren Argumenten nicht gefallen lassen. Das Areal und die Bauten werden ihren Preis kosten. Die Stadt wird sich den Kauf leisten können und müssen, er orientiert sich am Verkehrswert und ist erfahrungsgemäß schnell durch Weiterverkauf wieder zurück im Stadtsäckel. Wenn die Stadt zu lange zögert, könnte ihr wohl auch ein anderer Wohnungsgigant das Areal vor der Nase wegschnappen, Vorkausfrecht hin oder her. Das sind die Gesetze des Markts.
Großes Lob an Herrn Wehner für solch investigativen Lokaljournalismus. Ein "im Auftrag der Stadt" Gutachten von 2013. Plötzlich öffentlich?
Man hat ja gesehen, dass gebaut wurde, gebaut ... ob Erba, Schäffler, Appartments in der Brennerstraße, im Hain, nun zwischen Nürnberger und Schwarzenbergstraße, das Glas-Konto-Gelände ist geräumt .... "kein Bedarf" machte mich da schon immer stutzig.
Im übrigen schließe ich mich den Vorrednern an; Vernichtung von intaktem Wohnraum ist ein Verbrechen am Steuerzahler und Bürger.
Wo liegt Herrn Tscherners Unterschritftenliste aus?
Wie errechnen sich die im o. a. Artikel zu belegenden1250 Wohneinheiten, bzw. die in früheren Artikeln erforderlichen "5000 Menschen" um sie zu belegen?
1. Die Inventur der ehem.Familienunterkünfte beläuft sich ja bekanntlich auf 739 Einheiten. Davon sind ca. 700 Geschosswohnungen, zum grössten Teil bestehend aus 3- und 4-Zimmerwohnungen und eine begrenzte Anzahl von 5-Zimmerwohnungen. Hat man in die 1250 Einheiten evtl. die Kasernenmodule mit einbezogen ?
2. Mit einem Durchschnitt von 4,5 Personen belegt, ergibt sich ein "Menschenbedarf" von ca. höchstens 3500 Personen, um die ehem. Familienunterkünfte zu bewohnen.
Kann man irgendwo die Berechnungen einsehen?
@wafiedler: Richtig vermutet: Neben den viel diskutierten Wohngebäuden der Flynn, im Lindenanger und in der Pines-Area (Gebäudegrundfläche insgesamt ca. 28.000 qm) befinden sich Wohnungen in den 14 Mannschaftsgebäuden entlang der Zollnerstr. und 4 Mannschaftsgebäuden in der Lagarde Kaserne (insgesamt ca. 22.000 qm). Auch dort ist wertvoller Wohnraum, der zu günstigem Wohnraum verwendet werden kann und nicht abgerissen werden darf. Da drin finden sich teils sofort nutzbare 2-Zimmer-Wohnungen, in manchen Gebäuden wohl noch einzelne Soldatenzimmer. Die Stadt spricht von insgesamt 1348 "Wohneinheiten", wenn man diese zu "Wohnungen" umgruppiert dürften ca. 500 Wohungen draus werden. Die sind dann deutlich kleiner, eine durchschnittliche Belegung mit 4,5 Personen wäre viel zu hoch gegriffen, die Belegung dürfte unter 3 Personen liegen.
Alle bestehenden Wohnungen zusammen bieten m.E. Platz für 3200 Leute. Will man die Belegungsdichte in der Stadt (wie erforderlich) nur ein wenig reduzieren und 5000 EW mehr generieren, wird also zur Belegung aller Wohnungen nochmal dieselbe Menge an Neubau benötigt. Da bleibt wahrlich genug, um einen "vernünftigen Mix" an Wohnungen herzustellen!