Das Metzgerei-Imperium Tönnies lässt in Bamberg schlachten, um das Label "Geprüfte Qualität aus Bayern" tragen zu dürfen. Die Regionalität ist dadurch nachprüfbar - das Tierwohl nicht. Die Arbeitsbedingungen auch nicht.
Während ganz Deutschland den Massenausbruch des Corona-Virus in der Tönnies-Fleischfabrik verfolgt, fragt sich der Verbraucher an der Kühltheke einmal mehr: Was kann ich denn jetzt noch mit gutem Gewissen kaufen?
Deutschlands größtes Fleischimperium Tönnies lässt wie berichtet auch im Bamberger Schlachthof Schweine töten, verarbeitet wird das Fleisch anderswo. Dahinter steht die Verkaufsstrategie, dadurch das Siegel "Geprüfte Qualität Bayern" tragen zu dürfen.
Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu:
Handelt es sich bei dem Siegel wirklich um bayerisches Fleisch? Ja. "Wenn das Siegel drauf ist, dann ist das geprüfte regionale Ware. Dann hat das Tier nur Bayern gesehen", antwortet Marcus Fischer, der nach dem Tod Norbert Liebigs als kommissarischer Innungsobermeister der Bamberger Metzger agiert. Wer also in der Kühltheke das Siegel entdeckt, kann sicher sein, dass das Produkt bayerisch ist. Staatlich geprüft.
Was genau bedeutet bei diesem Siegel "regional"? Das Tier, also zum Beispiel das Schwein oder das Rind, muss dafür "zu 100 Prozent durchgängig in Bayern geboren, gehalten und geschlachtet, das Fleisch zu 100 Prozent in Bayern zerlegt und verarbeitet worden sein", wie die Kriterien des bayerischen Landwirtschaftsministeriums vorschreiben. Als einzige Ausnahmen sind zwei Schlachthöfe an der bayerischen Grenze in Baden-Württemberg in Ulm und Crailsheim zugelassen. Weniger streng sind die Vorgaben bei den Futtermitteln: Die müssen "qualitätsgesichert" sein, Fischöl ist als Futter tabu.
Sagt das Siegel "Geprüfte Qualität Bayern" auch etwas über das Tierwohl aus? Nur wenig. Beim Transport zum Beispiel gibt es Einschränkungen. Schweine dürfen nur vier Stunden lang in einem Tiertransporter herumgefahren werden. Ohne Siegel wären bis zu acht Stunden möglich. Bei der Haltung gibt es wenig Beschränkungen: Lediglich der im Gesetz vorgeschriebene Mindestplatz von 0,75 Quadratmeter pro Schwein im Stall ist vorgegeben.
Was halten Tierschützer von dem Siegel? "Aus unserer Sicht stellen die marginalen Verbesserungen eher eine Verbrauchertäuschung dar", kritisiert Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin bei Peta. Der Verbraucher bekomme durch das Siegel den Eindruck, etwas Gutes zu tun, doch für das Tierwohl sei das Siegel nahezu unbedeutend. Als Beispiel nennt Peta die Möglichkeit der betäubungslosen Kastration bei männlichen Ferkeln. Für die Tierschützer bergen Massentierhaltungen außerdem immer die Gefahr weiterer Pandemien. "Wir sind froh, dass durch Corona der Fokus auf diesem Mensch und Tier verachtenden Phänomen liegt. Denn diese Missstände gibt es seit vielen Jahren, und alle versuchen sie totzuschweigen. Jetzt ist das nicht mehr möglich", sagt Kainz.