An der Breitenau hat die Stadt mit der Verbreiterung der Landebahn begonnen. Von Anwohnern wird der Ausbau mit Sorge verfolgt. Der Neubau soll das Landen der Brose-Maschinen sicherer machen und kostet bis zu 3,5 Millionen Euro.
Ökologisch lässt die Stadt Behutsamkeit walten: Magerrasenflächen werden aufwändig transplantiert.
Wolfgang Weinke wohnt in Lichteneiche und kennt den Bamberger Flugplatz wie seine Westentasche. Auf dem Weg in die Stadt fährt er regelmäßig am Rollfeld vorbei. Was er in den letzten Wochen dort sah, hat ihm nicht gefallen. Gleichsam über Nacht hat sich der Flugplatz in Bambergs größte Baustelle verwandelt. Wo sonst der Blick über Wiesen Richtung Altstadt ging, türmen sich riesige Erdwälle. Dazwischen graben Baumaschinen das platte Gelände um.
Die Arbeiten auf Bambergs größter Freifläche haben viele Menschen überrascht, die ringsherum leben. Doch beschlossene Sache ist es längst: Im September 2011 sprach sich die Mehrheit im Rathaus für den Ausbau der Landebahn aus - ein Millionenprojekt, das Bambergs Osten umkrempeln wird.
Nicht wenige denken wie Weinke: "Wenn die neue Landebahn erst einmal fertig ist, dann ist Schluss mit der Gemütlichkeit."
Mehrfach umgebaut Doch es ist nicht die erste Veränderung, die die rund 100 Jahre alte Piste an die steigenden Bedürfnisse der Fliegerei anpasste. Die ursprünglich 700 Meter lange Landebahn wurde in den vergangenen Jahren mehrfach umgebaut und zuerst auf 1150 und dann auf 1290 Meter verlängert.
Freilich: Mit dem, was jetzt passiert, lässt sich das kaum vergleich. Das zeigen die Bilder und das verdeutlichen die Zahlen. "Bis zu 3,5 Millionen Euro soll die Verbreiterung kosten", sagt Ulrike Siebenhaar im Rathaus. Für das Geld, das zu 100 Prozent von der Stadt kommt, wird nicht nur die neue Landebahn verbreitert. Auch die Querlandebahn wird um 30 Meter verlängert und der Rollweg verbreitert, die Segelfluglandebahnen nach Norden verschoben.
Die Arbeiten, die seit einer Woche wegen des Dauerregens ruhen, sollen noch im Oktober abgeschlossen sein. Sie sind der sichtbare Startschuss für die Ansiedlung der Brose-Gruppe in Bamberg, dem weitere folgen werden. Nächste Woche, so bestätigt ein Sprecher des Unternehmens, wird mit dem Abbau der Parkpalette begonnen. Anfang 2014 will Brose an der Breitenau anfangen, sein Kompetenzzentrum zu errichten. 600 Mitarbeiter sollen dort ab Mitte 2015 Beschäftigung finden.
Den Eindruck, dass es sich bei der neuen Landebahn samt dem geplanten neuen Betriebsgebäuden nur um eine Investition nur für Brose handelt, lässt Siebenhaar nicht gelten: "Es handelt sich um eine wichtige Infrastrukturmaßnahme, die den Wirtschaftsraum Bamberg attraktiver macht", sagt die Pressesprecherin.
Mehr Sicherheit für alle Flieger Der Ausbau wird auch vom Vorsitzenden des Bamberger Aero-Clubs unterstützt: "Die breitere Landebahn erhöht die Sicherheit für alle, die hier starten und landen", sagt Thomas Siewert. Der Mann vom Aero-Club bestätigt auch, dass die Anpassung an die Standards des Internationalen Verband für zivile Luftfahrt vor allem der Größe des so genannten Bemessungsflugzeugs folgt, also der größten, am Standort eingesetzten Maschine - im Fall Bamberg ist das der Jet "Citation" der Firma Brose.
Der für Brose wichtige Geschäftsflugverkehr ist es, der die Ängste bei den Anwohnern rund um den Flugplatz nicht einschlafen lässt. Sie fürchten, dass mit dem Ausbau des Flugplatzes auch die Zahl der Starts und Landungen steigen wird.
Bisher war in den Stellungnahmen immer von 600 Starts und Landungen in Coburg und Bamberg die Rede. Dabei soll es nach Firmenangaben vorerst bleiben, und auch die Stadt hat "keine Erkenntnisse, dass sich die Zahl der Flugbewegungen in nächster Zeit verändern könnten".
Zumindest die Gegner des Ausbaus lassen sich davon nicht beruhigen. Sie fürchten, dass dieses Szenario von der Entwicklung schneller überholt werden könnte als den Anwohnern lieb ist: "Dieser gewaltige Ausbau und die hohen Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen für angeblich nur einen Flug am Tag", sagt der Kreisvorsitzende des Verkehrssclubs Deutschland, Dieter Volk. Volk sieht sich durch die umfangreichen Arbeiten an der Breitenau in seiner Einschätzung bestätigt, dass die Veränderungen auf dem Flugplatz "bewusst bagatellisiert" worden sind. Zumindest ökologisch kann aber Entwarnung gegeben werden.
Die Biologin Beate Bugla überwacht im Auftrag des Umweltamts die Arbeiten akribisch. Nach ihren Vorgaben wurden nicht nur die besonders hochwertigen Magerrasenflächen abgesperrt, so dass die schweren Baumaschinen keinen Schaden anrichten können.
Rasen transplantiert Um Ausgleich zu schaffen, haben die Arbeiter 2000 Quadratmeter wertvoller Rasenfläche entlang der Landebahn abgetragen und an anderer Stelle auf dem Flugplatz buchstäblich transplantiert. Drei Hektar warten darauf, mit Saatgut neu eingesät zu werden, das das auf dem Flugplatz gewonnen wurde. Auch eine alte Bauschuttfläche wurde mit echtem Sand aufgewertet. Beate Bugla sieht den Flugplatz als Beispiel, dass selbst ein großer Eingriff verschmerzbar sein kann, wenn man es richtig macht. "Wenn das so weiter geht, wird der Flugplatz sogar profitieren."
Millionen Euro werden zur Zeit wieder von der Stadt Bamberg verpulvert, um Bamberg - wie man sich vorlügt - durch die Ansiedlung von Brose in einen wirtschaftlich besonders attraktiven Standort, ja sogar in eine "Großstadt" (Stadtrat Müller, CSU) zu verwandeln. Man träumt von der Ansiedlung weiterer Betriebe und verkennt dabei, dass die industrielle Monostruktur (Automobilsektor) in Bamberg nur weiter zementiert wird. Über Nacht kann das Boomchen vorbei sein - spätestens, wenn die Chinesen den europäischen Automobilmarkt aufmischen.
Von 600 Starts und Landungen im Jahr geht die Stadt Bamberg aus. Sie geht davon aus, aber sie weiß nichts Konkretes. Anders ausgedrückt: Herr Stoschek wird die Anwohner noch gewaltig mit Düsengeheule überraschen. Er kann die Zahl der Flugbewegungen beliebig anheben, denn er bekommt ja einen Freibrief hierfür.
Auch bei dem Eingriff auf dem Flugplatz gibt es keine ökologische Entwarnung, wie uns die Biologie Dr. Beate Bugla vorgaukeln will. Es wird so getan, als seine eine Verminderung einer Fläche ein ökologischer Gewinn. Redet hier jemand dem Auftraggeber nach dem Mund?
Es bleibt dabei: Bamberg wird seit 50 Jahren mit knapp 70000 Einwohnern nicht größer. Trotzdem tut man so, als platze die Stadt aus allen Nähten, und daher werden überall neue Flächen versiegelt. Die Regel müsste eigentlich ganz einfach sein: Wer stagniert, kann auch nicht wachsen.
Wie gesagt: Ökologie ist dem OB und seiner Verwaltung ein Fremdwort. Oder darf letztere ökologische Vorstellungen nicht umsetzen?