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Flüchtlingsrat kritisiert "Massenlager" in Bamberg


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Freitag, 20. Mai 2016

Kaum Asylsozialberatung, keine abschließbaren Wohnungen: Der Flüchtlingsrat geht mit den Zuständen im Abschiebezentrum in Bamberg hart ins Gericht.
Die Ankunfts- und RÜckführungseinrichtung in Bamberg ist derzeit noch mit 528 Flüchtlingen belegt. Die Zahlen fallen derzeit ständig. Foto: Matthias Hoch/Archiv


In der Debatte um den Ausbau der Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (Are 2) in Bamberg übt der bayerische Flüchtlingsrat scharfe Kritik: Die aktuelle Kapazität von 1500 Plätzen sei seit Eröffnung im September 2015 "zu keinem Zeitpunkt voll belegt" gewesen. "Dennoch hält die bayerische Staatsregierung weiterhin an der zweiten Ausbaustufe für 4500 Personen fest", heißt es in einem Papier.

Bei einem Pressegespräch am Freitag in Bamberg zog der Flüchtlingsrat mit dem Helferverein "Freund statt fremd" eine Zwischenbilanz zu den Zuständen in der Are. Dort sind in erster Linie Flüchtlinge aus Balkanstaaten untergebracht, die kaum Aussicht auf Asyl haben.

Die Einrichtung sei ein "Massenlager mit Sonderbehandlung", das für Deutschland nicht tragbar sei. "Diese Einrichtung hat nach wie vor nur einen Zweck: abzuschrecken", sagte Katrin Rackerseder vom bayerischen Flüchtlingsrat. Menschenrechtsverletzungen würden dazu in Kauf genommen.

Der Flüchtlingsrat fürchtet, dass sich die Lage bei einer größeren Unterkunft noch verschärfen wird. Ulrike Tontsch von "Freund statt fremd" sprach von einem Ghetto, das offenbar dauerhaft geschaffen werden soll. Ihr Kollege Martin Jansen vom Arbeitskreis Gesundheit gab zu bedenken: "Wie soll die psychosoziale Versorgung von 4500 Menschen funktionieren, wenn jetzt die Versorgung von aktuell 528 Menschen nicht adäquat funktioniert?"


Asylberatung für Unterkunft in Bamberg geplant

Trotz der niedrigen Belegungsquote würden Flüchtlinge nach wie vor in beengten Wohnverhältnissen untergebracht. Da die Türen nicht abschließbar sind, sei die Sicherheit der Bewohner nur bedingt gegeben. Eine ausreichende Asylsozialberatung finde nicht statt. "Viele wissen gar nicht, an wen sie sich wenden können", bemängelte Marten Schrievers von "Freund statt fremd". Die Regierung von Oberfranken plant seit längerem eine niederschwellige Beratung.

Die Staatsregierung wies die Kritik des Flüchtlingsrats zurück: "Die Unterbringung in der Ankunfts- und Rückführungseinrichtung in Bamberg ist angemessen und nicht zu beanstanden", betonte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegenüber dpa. "Jeder Asylbewerber erhält dort ein rechtsstaatliches Asylverfahren."

Neue Informationen zur Zukunft der Are lagen am Freitag nicht vor: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und die Staatsregierung halten trotz der geringen Flüchtlingszahlen an den Plänen fest, die Are auf der ehemaligen US-Kaserne im Osten Bambergs in ein Ankunftszentrum und eine "besondere Aufnahmeeinrichtung" umzuwandeln.