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Flüchtlinge: Bamberg soll kein zweites Zirndorf werden


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Dienstag, 03. Mai 2016

Der Plan des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, in Bamberg ein zentrales Ankunftszentrum aufzubauen, stößt in der Stadt auf Widerstand.
24 Wohnblocks für die Flüchtlingsunterbringung? Bamberger Stadträte setzen sich für eine Begrenzung der Aufnahmeeinrichtungen ein.


Es gibt widersprüchliche Signale: Im "CSU-Stadtgespräch" hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag aufhorchen lassen mit der Aussage, es sei längst nicht entschieden, dass an der Pödeldorfer Straße eine zentrale Aufnahmeeinrichtung für alle in Bayern ankommenden Flüchtlinge geschaffen werden soll - ein zweites Zirndorf gewissermaßen. Herrmann machte vor den CSU-Oberen Bambergs klar, dass der Bedarf an Unterbringungskapazitäten derzeit gar nicht so groß sei, dass ein Riesenlager zwingend nötig sei.

Doch andererseits: Die Doppelnutzung der Are als besonderes Aufnahmezentrum der Staatsregierung sowie als Ankunftszentrum für das Bamf ist vom bayerischen Ministerrat bereits beschlossen worden. Und auch an den Ausbauarbeiten im Abschiebezentrum wird festgehalten. Bis Ende des Jahres wird für eine stattliche Summe ein neuer Küchentrakt geschaffen - Voraussetzung für eine Kapazität von 4500 Menschen.


Müller will "klare Kante zeigen"

Angesichts der Irrungen und Wirrungen um die ehemalige Bamberger US-Kaserne wächst in den Stadtratsfraktionen die Neigung, künftig nicht mehr jede Wunschvorstellung von Bundes- und Landespolitikern anstandslos mitzutragen: "Aus heutiger Sicht muss ich leider feststellen, dass wir zu großzügig waren, als es vor einem dreiviertel Jahr um die Zukunft der Flynn-Siedlung ging. Wir haben ja gesagt zu den Entwicklungen, weil Versprechungen gemacht worden sind. Sie haben sich in Luft aufgelöst", sagt Helmut Müller. Der mögliche Aufbau einer Großunterkunft des Bamf ist für den Chef der CSU-Fraktion nun Anlass, "klare Kante zu zeigen". Es könne nicht sein, dass Bamberg alle Lasten trage, während bundesweit immer mehr Flüchtlingsimmobilien leer stehen. Müller, der die CSU in dieser Frage geschlossen hinter sich sieht, fordert, dass die Hälfte der 24 für die Großunterkunft vorgesehenen Blocks freigegeben wird, damit günstiger Wohnraum geschaffen werden kann - für anerkannte Asylbewerber ebenso wie für die heimische Bevölkerung.

Zumindest im Bamberger Stadtrat scheint eine Mehrheit für solche Überlegungen realistisch: Auch in der SPD-Fraktion ist der Frust über die Aussicht groß, dass Bamberg ein Ankunftszentrum mit bundesweiter Verteilfunktion bekommt. Stadtrat Heinz Kuntke, der auch für den Bürgerverein Bamberg-Ost spricht, geht davon aus, dass die Unruhe in der Bevölkerung wächst, wenn diese Pläne verwirklicht werden.

Aus seiner Sicht hat es eine völlig andere Qualität, wenn Flüchtlinge aus den unterschiedlichsten Nationen mit Bleibeperspektive nach Bamberg kämen statt vergleichsweise schnell abzuschiebender Migranten aus den Ländern des Westbalkan. Kuntke sieht zudem einen formalen Grund, sich gegen diese Entwicklung zu stemmen: Die Vereinbarung mit dem Freistaat sehe für den Fall, dass der Zustrom von Balkan-flüchtlingen abebbt, eine Rückgabe der Häuser an die Stadt Bamberg vor. Freilich: Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar kann diese Aussage auf Nachfrage nicht bestätigen. Es gebe keinen Passus, der dies ermögliche.

Doch welche Chancen bestehen dann, dass der Widerspruch aus Bamberg überhaupt wahrgenommen wird? Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) ist zuversichtlich, dass die Stimme Bambergs nicht nur gehört wird, sondern auch in die Planung einfließt. Wie er auf Anfrage dieser Zeitung sagt, hat er in einem Gespräch mit Sozialministerin Emilia Müller (CSU) bereits am 21. April die Idee vorgetragen, dass ein Teil der Flynn-Siedlung genutzt werden sollte, um günstigen Wohnraum zu schaffen. Er geht fest davon aus, dass in weiteren Gesprächen die Interessen der Stadt Bamberg zur Geltung gebracht werden können.


Enorme Lasten für die Stadt

Dazu zählt der OB neben dem Projekt des kombinierten Wohnraums auch den Einfluss auf die Frage, aus welchen Nationen die Flüchtlinge stammen. Auch gehe es um wichtige Rahmenbedingungen wie die Dimensionen der Asylsozialarbeit, der Kinderbetreuung und der nötigen Infrastruktur. Bamberg habe enorme Lasten geschultert, sagt Starke. "Auch wenn der Bund und das Land gemeinsam das Sagen haben, dürfen die städtischen Ziele für die Gebäude auf der Konversionsfläche und die Stadtentwicklung nicht übergangen werden."