Das Schmähgedicht des ZDF-Moderators schlägt hohe Wellen. Unter den fränkischen Künstler ist man sich weitestgehend einig: Die Vorwürfe sind absurd.
Der Wirbel wegen des umstrittenen Gedichts des Satiriker Jan Böhmermann über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hält an. Nachdem die Bloggerin Christine Doering Anfang der Woche eine Online-Petition zugunsten des ZDF-Moderators initiiert hatte (Mitte der Woche gab es knapp 180 000 Unterstützer), meldete sich am Mittwoch Erdogans Anwalt zu Wort. Er kündigte an, notfalls bis zu den höchsten Gerichten zu gehen.
Dass es wegen des in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragenen Schmähgedichts überhaupt zu einer Strafverfolgung kommen könnte, halten viele Deutsche für absurd. Auch der Großteil der überregional bekannten Künstler hatte sich zuletzt auf die Seite des 35-jährigen Böhmermann geschlagen. Unter anderem auch die "Sportfreunde Stiller", eine Musikband aus Germering bei München, die Böhmermann sogar dazu aufrief, auch für sie ein ähnliches Gedicht zu verfassen.
Über die Grenzen der Satire
Auch die fränkischen Künstler stellen sich auf die Seite des ZDF-Moderators. Unter anderem findet Michl Müller, dass sich Böhmermann eines genialen Tricks bedient und sein Schmähgedicht über Erdogan in "eine Satire über die Grenzen der Satire" gepackt hat. "Das ist nicht leicht zu durchschauen, aber noch lang kein Grund, zu solch drastischen Mitteln zu greifen. Vielleicht wollte Erdogan auch mal wieder im Fokus stehen. Ist ihm gelungen", sagt der Kabarettist aus Bad Kissingen. Die deutsche Politik solle sich aus der Abgelegenheit raushalten. "Das müssen jetzt die Gerichte entscheiden. Dafür haben wir die Gewaltenteilung in Deutschland."
Typisch fränkisch antwortet Helmut Vorndran auf die Frage, ob ein Künstler so ein Gedicht veröffentlichen darf: "Der Böhmermann döff des!" Warum? "Weil wir so sind, wir Deutschen." Vielleicht müsste man einsehen, dass die meisten Staaten in Europa anders ticken. "Aber wenn wir Deutschen uns etwas nach dem 2. Weltkrieg erarbeitet haben, dann das Recht, mit Hohn und Spott über die Mächtigen dieser Welt herziehen zu dürfen. Darauf sollten wir stolz sein", macht der fränkische Kabarettist deutlich. Satire sei oft ein schmaler Weg zwischen den Geschmacksgrenzen, den die Künstler oft verlassen (müssten). "Wenn wir Satiriker das in Deutschland nicht mehr dürfen, dann ist es vorbei mit unserer Republik."
Aus Sicht der Herzogenauracher Kabarettistin Marla Saris ist künstlerische Freiheit in Verbindung mit der Meinungsfreiheit sehr wichtig. Allerdings lasse sich über Geschmack auch immer streiten. "In meinen Augen wirken feine Spitzen wesentlich nachhaltiger und finden langfristig gesehen mehr Gehör bei den Menschen."
Aufdecken und wachrütteln
Saris fragt sich zudem, ob Böhmermann in diesem Fall einfach nur den satirischen Song der Sendung "Extra 3" toppen wollte, frei nach dem Motto: Ich kann es noch lauter und bin dann sicher auf Seite eins der Bild-Zeitung. "Das fände ich schade, denn dadurch verliert das Kabarett, das ja aufdecken und wachrütteln soll, an Würde und Glaubwürdigkeit."
Eine klare Meinung zur Kausa Böhmermann hat auch der Höchstadter Kabarettist Atze Bauer. "Ich denke, alle Beteiligten sollten den Ball flach halten! Es geht meiner Meinung nach bloß um einen misslungenen Scherz und einen beleidigten Politiker." Erdogan trete die Pressefreiheit generell mit Füßen, also müsse der Präsident mit deutlicher Kritik aus dem Ausland rechnen - und natürlich auch mit Spott. "Er sollte nicht beleidigt sein, sondern seine Demokratie wieder herstellen."
Die Politik, findet Bauer, solle sich jetzt klar hinter die Meinungs- und Pressefreiheit stellen. "Das ist nicht verhandelbar. Punkt."
Böhmermann, oh Böhmermann,
was hast Du Dir da angetan.
Der große Mann vom Bosporus
der gibt Dir jetzt was auf die Nuss.
Angie ist zu weit gegangen,
hat sich im Strafgesetz verfangen.
Alle Schwulen dieser Erden
woll'n jetzt wieder Hetero werden.
Nur die Ziegen, die vermeid' ich,
wurden schwer von Dir beleidigt.
Spiele lieber Fußballkicker,
Böhmermann….Satyriker!
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