Facebook-Satire kommt an in Bamberg
Autor: Io Görz
Bamberg, Donnerstag, 27. Juni 2013
Eine Bamberger Facebook-Seite hat eingeschlagen wie eine Bombe - über 4000 Fans innerhalb von nur fünf Tagen. Die satirische Seite "Dinge die man in Bamberg noch verbieten könnte" nimmt die Bamberger Stadtpolitik aufs Korn - und scheint damit einen Nerv zu treffen.
Lars, 29, ist Student und wohnt seit einigen Jahren in Bamberg. Er fühlt sich hier wohl und kann sich gut vorstellen, länger in Bamberg zu wohnen. Umso mehr ärgere er sich schon seit längerem über die schlechte Kommunikation der Stadt mit den Studenten. Außerdem beklagt der Seitengründer, dass die Stadt stets alles aussitzt.
Alle paar Jahre gebe es einen Aufreger wie seinerzeit die Sperrzeit für die Gastronomie in Bamberg, woraufhin sich jeder errege; dann folge eine Demo als Höhepunkt und schließlich verlaufe alles im Sand, argumentiert Lars. In den letzten Jahren habe sich viel Wut angestaut.
Damit soll jetzt Schluss sein. Die Absage des Unifests war die Initialzündung, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Also hat Lars am Freitag (21.6.) eine Facebook-Seite ins Leben gerufen: "Dinge die man in Bamberg noch verbieten könnte". Bereits nach fünf Tagen hat die Seite mehr als 4000 Fans - Lars ist selbst von dem Erfolg überrascht und zugleich erfreut, wie groß die Resonanz ist.
Satire kommt offensichtlich gut an - täglich gehen etwa 20 bis 25 Einsendungen ein, wie man weitere Verbote in Bamberg gestalten könnte. Dass dies natürlich keine ernst gemeinten Vorschläge sind, sondern die aus Sicht vieler überzogenen Verbote und Regulierugen satirisch kritisieren wollen, ist den meisten auch bewusst.
Gekommen, um zu bleiben
Facebook-Nutzer, die sich resistent gegenüber dem Stilmittel Ironie zeigen, wenden sich ebenfalls an die Seite und kritisieren sie teils heftig, aber laut Lars halte sich unqualifizierte Kritik in Grenzen. Dennoch hat er zwei Moderatoren an seiner Seite, um nicht nur die Einsendungen, sondern auch die Kommentare auf der Seite im Auge zu behalten. Denn eines macht der junge Mann deutlich: An stumpfer Antihaltung oder einem Abdriften in Klamauk hat er kein Interesse. Schließlich habe die Seite einen ernsthaften Hintergrund.
Sie ist als Protestplattform gedacht, die sich - wenn es nach dem Seitengründer geht - längerfristig etablieren soll. Sie soll auch weiterhin die Form der Satire wählen und sich nicht zu einem "bierernsten Debattenforum" wandeln, wie es Lars audrückt. Aber die Hoffnung bestehe, dass aus der Gruppe Ideen hervorgehen, um für die Stadt Bamberg Lösungen zu erarbeiten.
Dialog als Grundlage
Ein Dialog soll her, das wünscht sich Lars. Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen sei nur durch Kommunikation zu erreichen. Niemand sei ernsthaft an Konfrontation mit Anwohnern interessiert - zumal Lars selbst Bewohner der Innenstadt ist. Ziel sei es , dass Lösungen gefunden werden, mit denen alle gut leben können.
Es ist dem Wahl-Bamberger deutlich anzumerken, dass aus ihm zwar Wut, aber keineswegs Abneigung spricht. Da engagiert sich kein Querulant, der Bamberg nicht leiden kann - im Gegenteil: Lars sieht in Bamberg Zukunft für sich, die er gerne mitgestalten will. Er lobt Bamberg als die aus seiner Sicht "friedlichste Studentenstadt der Welt" und berichtet vom neidischen Staunen von Freunden aus seiner Heimat Karlsruhe, die ihn in Bamberg im Himmel wähnen. An dieser Stelle meint man sogar, etwas Stolz in der Stimme des jungen Mannes herauszuhören.
Facebook als Chance
Lars ist zuversichtlich, dass Konzepte erarbeitet werden können, wenn Menschen nur eine Form finden, sich auszutauschen. Und hier setzt er große Hoffnung auf die als kurzlebig und wankelmütig verschriene Internet-Community: "Aus Gruppen bei Facebook laufen die Leute nicht so schnell davon", bringt es Lars auf den Punkt. Damit spricht er die Hemmschwelle an, sich längerfristig bei Versammlungen und Arbeitsgruppen zu engagieren, für die man zu bestimmten Terminen an bestimmten Orten erscheinen muss.
So soll "Dinge die man in Bamberg noch verbieten könnte" ein "mahnendes Denkmal für die Stadt" bleiben, wie es Lars ausdrückt. Das Ziel sei nicht, betont er, dass die Stadt sich nun auf Facebook direkt mit der Seite vernetze, sondern dass Interessen junger Leute ernst genommen würden.
Offizielle Stellen hätten sich nicht bei ihm gemeldet, doch Lars ist sich sicher, dass man im Rathaus auf die Seite aufmerksam geworden ist. Mehrere Parteien und Politiker aus Bamberg haben mittlerweile jedenfalls Inhalte auf der Protestseite kommentiert und geteilt - ignorieren kann man diese Plattform nicht mehr. Auch infranken.de wird diese Seite weiter begleiten und über die Dynamik der Ereignisse berichten.