Eine Bombe auf dem Flugplatzgelände wurde am Sonntag in Bamberg entschärft, ein Blindgänger entfernt und eine Granate gesprengt.
Kleine uniformierte Gruppen marschieren von Haus zu Haus. Ausgestattet mit Trassierband. Rot-Weiß am Türgriff heißt, das Haus ist evakuiert. 4200 Personen müssen ab 9 und spätestens bis 13 Uhr aus ihren Häusern - wenn diese innerhalb des 1000-Meter-Radius um die beiden Fliegerbomben bei der Startbahn in Kramersfeld liegen. Sperrgebiet. Die größte Evakuierungs-Aktion Bambergs ruft über 1000 Hilfskräfte auf den Plan. Mit dabei Harald Weimann, Hausmeister der Luitpoldschule, einer von drei Sammelstellen für die evakuierte Bevölkerung.
So wie Maria Abb. Die 55-Jährige ist eine der Ersten in der Luitpoldschule, gemeinsam mit einer 75-Jährigen aus ihrer Straße hat sie gleich den allerersten Bus genommen. Die ältere Dame war in den letzten Tagen "furchtbar nervös", wie sie sagt. Sie fühlte sich an den Krieg erinnert, als man in Luftschutzkeller musste. Zuerst betet sie für die, die umgekommen sind, und jetzt für den, der die Bombe entschärft.
Es hätte wirklich schlimm kommen können, meint Maria Abb, die froh ist über die Aktion, bevor irgendjemand zu Schaden kommt. Lob haben beide für die Organisation der Stadt, Verwunderung über den Service vor Ort: Frei-Exemplar des Fränkischen Tags, dazu Hörnchen, Bücher der Rettl, danach Mittagessen und alles kostenlos. Sie freuen sich. Das bekommen die beiden Bürgermeister Andreas Starke und Werner Hipelius freilich nicht explizit mit. Sie haben jede Menge mit allen möglichen Koordinierungsdingen zu tun, die Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar umgehend kommuniziert.
Die Fäden laufen bei Ordnungsamtsleiterin Christine Feldbauer zusammen. Gemeinsam mit Polizeichef Udo Skrzypczak befindet sie sich wörtlich im Epizentrum, bei den Bomben, draußen an der Startbahn. Sprengstoffhund Charlie zieht seine Bahnen, ein Bagger hat sich so weit zur ersten Bombe vorgearbeitet, wie es die Umstände zulassen. Zwischenzeitlich sickern Meldungen von einer Granate durch.
Bis 13 Uhr muss das Sperrgebiet evakuiert sein. Die Rotkreuz-Kräfte Marc Heil und Harald Kleiber gehören zu denen, die dafür Sorge tragen - obwohl Heils Frau heute Geburtstag hat. Aber für so einen ungewöhnlichen Einsatz...
Das Beste daraus gemacht
Da müssen auch Pferde aus ihren Ställen, die zehn Stück aus der Hallstadter Splittersiedlung Borstig. Petra und Rainer Fischer sowie Peter und Silvia Fischer haben ihre Tiere auf den Transporter geladen und runter zur Halle am Turniergelände gefahren. In der sind die Pferde der Nachbarn Marie-Christin und Johannes Lange. Wo hätten sie sonst hin sollen? Die Siedler machen das Beste draus, drei Viertel der Siedler haben sich bei wenigen Grad über Null zusammengefunden - spielen Spiele und grillen.
Für den 85-jährigen Reinhard Daniel und seine 82-jährige Ehefrau Theresia wäre es hier sicher zu kalt. Ein Auto haben die beiden nicht mehr, die Tochter hat was anderes vor. So sind sie froh, über die Abholung und lassen sich in der Luitpoldschule das Essen schmecken. Lob auch von ihnen für die Organisation und Fürsorge. Das teilen auf herzliche Weise auch Afghane Saboor Khan und seine Bekannten aus Armenien und Aserbaidschan Sasun Alaverdyan und Elmira Hasnaova mit.
Die Kommunikation klappt hervorragend. Bereits kurz nach 13 Uhr weiß man hier von der Entschärfung der ersten Bombe, von der Sprengung der Granate und vom weiteren Werdegang des Blindgängers, der nicht mehr scharf ist und deswegen an anderer Stelle weiter behandelt wird. Mission erfüllt.
Aufatmen rund um das Evakuierungsgebiet. Die vielen Helfer sind entlassen, Sperren werden aufgehoben, Lager aufgelöst, Bewohner dürfen zurück. Rollos dürfen wieder hochgezogen werden. Der Alltag kann zurückkehren.
Stadtchef Starke, Polizeichef Skrzypczak und Hilfsorganisationschef Stefan Knopf sind rundum zufrieden. Inmitten der Wagenburg bei der Polizei die letzte Pressekonferenz des Tages, in einer Bombenstimmung.
Nach drei Tagen mehr oder weniger Dauereinsatz Zeit zum Aufatmen. "Wir wissen jetzt wie es geht und es kann sein, dass wir dieses Wissen noch ein paar Mal anwenden", stellt Pressesprecherin Siebenhaar abschließend fest. Ohne das gehört zu haben verabschiedet sich Hausmeister Weimann: "Nächste Woche dann wieder, oder?"