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Dominikanerbau: jüdische Grabsteine bei Sanierung gefunden


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Montag, 13. April 2015

Bei der Sanierung des Dominikanerbaus im Sandgebiet, heute die Aula der Uni-Bamberg, haben Archäologen Gräber unter der ehemaligen Klosterkirche entdeckt. Darunter: ein gut erhaltener jüdischer Grabstein von 1400.
Das ist tatsächlich eine Kirche: Was auf dem Foto wie eine Fabrik aussieht, ist der derzeitige Zustand des Innenraumes des Dominikanerbaus. Nur die Fenster und die Form des Raumes lassen eine ehemalige Kirche erahnen. Foto: Matthias Hoch


3,5 Meter unter Hausniveau - dort lagen sie verborgen: gemauerte Grüfte und einfache Erdgräber, unter der ehemaligen Dominikanerkirche im Sand. "Für Archäologen war klar: Die Kirche wird voller Gräber sein", sagte Stadtarchäologe Stefan Pfaffenberger beim Ortstermin.

Was allerdings nicht klar war: In den Wänden zweier Grüfte am Eingang des Chors waren Sandsteinplatten verbaut - die sich bei näherer Untersuchung als Reste jüdischer Grabsteine herausstellten. Wie Johanna Aas von der Grabungsfirma erläuterte, wurden zwei Fragmente gefunden plus ein fast vollständig erhaltener Grabstein.
Zwar waren die beiden Sandsteinplatten-Fragmente aus dem westlichen Grab mit hebräischer Inschrift versehen, die dem Schriftbild nach wohl ins 14. oder 15. Jahrhundert datiert werden können. Das geht aus Unterlagen von Johanna Aas und Stefan Pfaffenberger hervor. Allerdings war eine eindeutige Übersetzung nicht möglich. Susanne Talabardon von der Professur für Judaistik an der Universität Bamberg erklärte, dass wegen des schlechten Zustandes nur einzelne Buchstaben zu erkennen seien.

Ganz anders sieht das bei einem Überraschungs-Fund im zweiten Ziegelgrab im Südosten des Chores aus. 70 Zentimeter hoch, 55 Zentimeter breit - und versehen mit einer nahezu vollständig lesbaren Grabinschrift. Die Judaistik-Fachfrau steht vor dem aufgestellten Stein und erklärt: "Die Inschrift setzt mit einem Bibelzitat ein, es folgen ein Segensspruch und die Jahreszahl. An der ist nichts zur rütteln." Demnach stammt der Stein vom 11. August 1400. Die Grabinschrift lässt sich sinngemäß etwa so übersetzen: "Errichtet zu Häupten der geliebten Jungfrau, der teuren Rekhle, Tochter des Barukh." Es folgt das Datum und der Segensspruch "Ihre Seele möge eingebunden sein in den Bund des Lebens."

Datierung gibt Hinweise

Vor allem die Datierung ist laut Pfaffenberger auch stadtgeschichtlich interessant. "Die früheste Erwähnung des jüdischen Friedhofs, der sich im Sandgebiet außerhalb der Stadtmauer befand, stammt aus dem Jahr 1407." Es scheine naheliegend, dass der Friedhof schon vor seiner Ersterwähnung von Bambergs jüdischer Gemeinde genutzt worden war. Wie lange genau, sei allerdings unbekannt.

Dass Grabsteine als Baumaterial weiterverwendet worden seien, sei durchaus vorgekommen, wie etwa auch in Würzburg. Für die Juden selbst eine "vollendete Missachtung", wie Susanne Talabardon sagt. "Jüdische Friedhöfe werden niemals aufgelassen. Übersetzt bedeutet ,Friedhof' unter anderem ,Haus der Ewigkeit'."

Doch was passiert nun mit diesem Grabstein? "Kommt er in ein Museum oder wieder zurück auf einen jüdischen Friedhof? Diese Fragen sind noch offen", sagt Godehard Ruppert, Präsident der Universität Bamberg. Sie müssten auf jeden Fall unter Einbeziehung der jüdischen Gemeinde und der entsprechenden staatlichen Stellen geklärt werden.

Apropos Staat: Bauherr des rund acht Millionen teuren Projektes ist das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. "Es ist eines der geschichtsträchtigsten Gebäude der Stadt", betonte Uni-Kanzlerin Dagmar Steuer-Flieser vor Ort.

Im Jahr 2011 hatten die Sanierungsarbeiten zunächst mit Notertüchtigungsmaßnahmen begonnen. "Doch im Lauf der Jahre hat man gemerkt: Dieses Gebäude ist nur zu halten, wenn es saniert wird." So bringt es Hubert Wagner vom Staatlichen Bauamt Bamberg auf den Punkt.

Dach war statisch nicht mehr tragfähig

Der Sanierungsplan umfasst die Instandsetzung des Dachstuhls, eine neue Dacheindeckung, neue Kirchenfenster sowie eine Innenraumsanierung. Das Dach, das im Sturm so sehr mitgeschwungen hatte, dass es seine statische Tragfähigkeit verloren hatte, "steht jetzt wieder sauber und steif", wie es Wagner beschreibt. Das steil aufragende Dach des Kirchenlanghauses ist Bambergs größtes erhaltenes mittelalterliches Dachwerk von 1402. Seit 1999 befindet sich darunter die Aula der Universität Bamberg. Ein Festveranstaltungsraum, der vorher von den Bambergern Symphonikern genutzt worden war. Allerdings merkte Ruppert an: Es solle ein Raum werden, bei dem die Sprache im Mittelpunkt steht, um etwa auch internationale Tagungen abhalten zu können - ohne den historischen Charakter abzugeben.

Im November dieses Jahres soll es soweit sein, zum "Dies Academicus" will die Uni ihre Aula wieder nutzen. Bis dahin wird saniert, gegraben - und gefunden. Zum Beispiel im Keller des Dominikanerbaus: Dort entdeckten Archäologen Tierknochen - vermutlich Schlachtabfälle - und Keramik. Letztere Funde lassen sich bis ins 10. Jahrhundert und das Frühmittelalter zurückdatieren.