Die Haschischplatten reisten im Fernbus mit

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Im Prozess gegen eine Bande von syrisch-libyschen Haschischhändlern gab ein Ermittler Einblick in die Bamberger Drogenszene.

Am dritten Verhandlungstag gegen eine Bande von syrisch-libyschen Haschischhändlern vor dem Landgericht Bamberg kam der ermittelnde Kriminalbeamte zu Wort. Der Kriminalhauptkommissar (58) schilderte, wie die Polizei auf deren Spur kam, was Drogen in Bamberg so kosten und wo man sie bekommen konnte.

Auf die Spur der Drogenhändler kam die Kriminalpolizei für Sonderaufgaben in Bayreuth, als im Januar 2017 in einer Asylbewerberunterkunft im Zapfendorfer Ortsteil Unterleiterbach ein 26-jähriger Bewohner brutal zu Tode gekommen war. Einer der beiden syrischen Täter machte Angaben und kam wie beiläufig auch darauf zu sprechen, er hätte wenige Wochen zuvor ein Kilogramm Haschisch aus Berlin geholt. Die ersten Namen anderer Kuriere, Dealer und Organisatoren tauchten auf.

Im April 2017 begann eine groß angelegte Überwachung der Telekommunikation, die 40 Personen erfasste und bundesweit zu 32 Verhaftungen führte. Die Ermittlungen brachten ein dichtes Netz zutage, das derzeit gegen andere syrische Drogenhändler auch in Landshut und Augsburg vor Gericht aufgearbeitet wird. Auch dem Hauptlieferanten in Berlin, der wohl "von libanesischen Clans" mit Haschisch versorgt wurde, wird der Prozess vor dem Landgericht Berlin gemacht. Er hatte auch die Ware für Bamberg und Umland zum Verkauf angeboten.


Den Markt unblutig übernommen

Die Qualität sei für fränkische Lungen außerordentlich gut gewesen. Von den fünf Prozent THC-Wirkstoffgehalt, an die sich der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt aus jahrelanger Prozesserfahrung erinnern konnte, sei schon lange keine Rede mehr. "Das wirkt bei den Leuten wie alkoholfreies Bier." Schließlich sei man längst Besseres gewöhnt. Inzwischen hatten die syrischen Händler mit 13 bis 17 Prozent und Dumpingpreisen den Markt in Bamberg übernommen und dabei die vorherigen deutschen, russischen und griechischen Anbieter ohne blutige Begleitumstände verdrängt. Für durchschnittliche Ware hatten sie nur 1350 Euro pro Kilogramm verlangt. So nebenbei versorgten die Haschischhändler per Zugkurier auch Coburg mit dem Stoff. Den Marihuana-Sektor behielten weiterhin albanische "Kollegen" in der Hand.


Reger Betrieb auf 40 Quadratmetern

Wie die umfangreiche Zeugenaussage eindrucksvoll belegte, war der älteste Angeklagte der Statthalter der Drogenhändlerbande in Bamberg. "Er war zwanzig Stunden täglich in seiner Wohnung anzutreffen und hatte immer etwas da." In der Nähe des Bahnhofes wurden nicht nur die Haschischpakete und das Bargeld zwischengelagert oder neue Kleindealer rekrutiert. In den Räumen konnte man offensichtlich einfach vorbeikommen und Joints rauchen. In den nur rund 40 Quadratmetern herrschte monatelang reger Betrieb.

Während ein Stockwerk höher eine armenische Bande sich um Speed- und Crystal-Kunden kümmerte, gingen unten selbst Minderjährige ein und aus. "Wenn man sie fragte, sollten sie sagen, sie hätten mit ihm Deutsch geübt."


Abnehmer auf der Kettenbrücke

Für immer neue Konsumenten sorgte der "Kopf der Bande", der "wie ein Versicherungsvertreter" durch Bamberg streifte und potenzielle Kundschaft ansprach, besonders Jugendliche. An der Kettenbrücke, einem stadtbekannten Platz für Haschisch- und Marihuanahandel, sei er fündig geworden. Hier wechselten die 100 Gramm-Haschischplatten, die auf den ersten Blick wie Tafelschokolade aussehen, für 300 bis 350 Euro den Besitzer. "Wenn der Stoff knapp war, kostete es auch schon einmal 400 Euro."

Mit dem Gewinn beschaffte die Haschischbande dann die nächste Lieferung. Dabei gingen sie, was die Nebenkosten anging, äußerst preisbewusst vor. So nutzten sie den Fernbus wegen der niedrigeren Kosten stets in den Nachtstunden für ihre Transporte. Die Haschischplatten versteckten sie zwischen Fladenbroten oder in Textilien.


Geschäftliche Desaster

Auch in die Bandenstruktur brachte der Kriminalhauptkommissar etwas mehr Licht. Dass einer der Angeklagten, der mit seinen Angaben bei der Polizei das Verfahren erst ermöglicht hatte, im Streit aus dem "Dreieck" aus Kopf, Statthalter und Beschaffer herausfiel, war wohl das Ergebnis mehrerer geschäftlicher Desaster. Zum einen lieferte der Beschaffer, durch dessen Kontakte in die Berliner Szene auch seine Komplizen profitierten, in einem Fall "extrem schlechtes Haschisch" aus Berlin, die "berüchtigte Ware mit den fünf Sternen", die bei der Kundschaft in und um Bamberg gar nicht gut ankam. Zum anderen riss eine fehlgeschlagene Kurierfahrt in die Spree-Metropole und die folgende Beschlagnahmung von drei Kilogramm Haschisch bei einer Autobahnkontrolle ein über 13 000 Euro tiefes Loch in die Finanzen.

In der Folge telefonierte der "Strippenzieher" der Bande "fieberhaft bundesweit herum", um den Lieferengpass nicht spürbar werden zu lassen. Die Versuche des Anführers, in Finsterwalde, Herzberg, Schwerin oder Guben an Haschisch guter Qualität zu kommen, zerschlugen sich jedoch sämtlich. Dabei hätten sogar fünf Kilogramm bereitgestanden. Da die finanziellen Mittel fehlten, kam der Deal nicht zustande.

Nachdem der jüngste Angeklagte als einziger nicht geständig ist, werden weitere Zeugen gebraucht, um ihm seine Verstrickung als Nachfolger des Beschaffers und als Dealer nachzuweisen. Er soll in einem Flüchtlingstreffpunkt in Ebrach und bei einem Landsmann in Burgwindheim Haschisch verkauft haben. Besonders pikant: Einige Übergaben fanden in unmittelbarer Nähe der Justizvollzugsanstalt Ebrach statt. Auch vier Sachverständige kommen noch zu Wort, um die Schuldfähigkeit und die Therapiefähigkeit der Angeklagten zu bewerten.