Der Tod eines "Sandmännlas"

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: In den unterirdischen Stollenanlagen ereignete sich 1936 ein tragischer Unglücksfall. Foto: Stadtarchiv Bamberg
: In den unterirdischen Stollenanlagen ereignete sich 1936 ein tragischer Unglücksfall.  Foto: Stadtarchiv Bamberg
Stollenführer Jost Lohmann inmitten der weitläufigen Gang-Anlagen aus Sandstein Foto: p
Stollenführer Jost Lohmann inmitten der weitläufigen Gang-Anlagen aus Sandstein  Foto: p
 

Am 22. Oktober 1936 wird der Sandschürfer Jakob Körner von herabfallenden Sandmassen begraben.

von Eva-Maria Bast

"In einer Stadt, in der Sandkerwa gefeiert wird, E.T.A. Hoffmann den Sandmann schrieb und man der Justizvollzugsanstalt den Beinamen "Café Sandbad" gegeben hat, spielt der Sand offenbar eine wichtige Rolle", sagt Jost Lohmann, Mitglied des Stollenführungsteams der Volkshochschule Bamberg Stadt.

Deshalb gab es in Bamberg sogar eine Berufsbezeichnung für die Menschen, die sich um den Sand kümmerten: "Sandmännla hießen die Arbeiter, die über Jahrhunderte hinweg in Gruben und unterirdischen Stollen den Sandabbau betrieben haben", erzählt Lohmann. Den Sand benötigt man zu Reinigungszwecken, schon im Jahr 1487 ist der Abbau durch einen Stadtratsbeschluss belegt, drei Personen werden namentlich erwähnt: Linhard Gredinger, Heintz Kifhaber und Albrecht Körner.
"Der Name Kaulberg, der sich möglicherweise vom Begriff ,Kuhle' oder ,Kaule' ableitet, taucht 1174 das erste Mal auf, und das würde zumindest andeuten, dass der Sandabbau sogar schon frühzeitiger eine Rolle spielte", sagt der Experte. Indem man den Stein gezielt zerschlägt, reibt und siebt, kann er zum Ausfegen der Stuben, als Scheuermittel und bei hartnäckigem Schmutz auch als intensives Putzmittel genutzt werden.


Beliebtes Reinigungsmittel

Bambergs Scheuer-, Putz- und Fegesand, auch Bamberger Silbersand genannt, sei nicht nur in Bamberg vertrieben worden, sondern in einem weiten Umkreis als Reinigungsmittel für Dielen und Tische zum Einsatz gekommen. Gewonnen wird dieser Sand durch die Arbeit der Sandschürfer, die das begehrte Reinigungsmittel durch Abschürfen gewinnen. "Viele Eigentümer ließen bei Bedarf von den Sandgräbern ihre Keller vergrößern, wodurch sie auch neue Lagerflächen für Vorratshaltung und für Wein und Bier schufen", erzählt Lohmann. "Der weiche weiße Sandstein wurde hierfür zunächst, wenn er in größeren Brocken anfiel, mit Holzschlegeln zerkleinert und dann durch Siebe geworfen. Der so gewonnene feine weiße Sand wurde buttenweise, benannt nach den auf dem Rücken getragenen Holzbutten, verkauft."

So ganz ungefährlich ist das aber nicht: "Im 19. Jahrhundert kam es wiederholt zu Einstürzen und auch Todesfällen durch unsachgemäßen Abbau", erklärt das Mitglied des VHS-Stollenführungsteams. "Das Sandschürfen wurde deshalb 1816 unter Androhung strengster körperlicher Züchtigung vom zuständigen Polizeikommissariat verboten."

Doch das Verbot hilft nicht viel: Offenbar von der Armut getrieben halten sich die Männer nicht an das Verbot, der Abbau kommt nie zum Erliegen. "Verbotenerweise stiegen die Sandmännla weiter in die dunklen Stollen und überdeckten hernach die Eingänge vorsichtshalber mit Brettern und einer Erdschicht, um unbemerkt zu bleiben", schildert der Stollenführer die Ereignisse.

Und genau diese Vorgehensweise kostet am 22. Oktober 1936 den Sandschürfer Jakob Körner das Leben. "Trotz aller Verbote und der bekannten Gefahren stieg Jakob Körner in die Stollen und wurde von herabfallenden Sandmassen begraben", berichtet Lohmann.

Vom Sandsteinabbau ist heute noch viel zu sehen, bei Führungen kann man Bamberg unterirdisch erkunden: "In einem weitläufigen System von unregelmäßigen Gängen ist Bamberg unter sechs von den sieben Hügeln mit insgesamt 170 Einzelanlagen unterhöhlt", schildert Jost Lohmann. "Die Stollenbreite und -höhe ist recht unterschiedlich, wobei das weiche Gestein nur eine begrenzte Spannweite zulässt."

Gefährlich ist das heute nicht mehr: "Um Einstürze zu vermeiden, sind bei den breiten Anlagen stützende Säulen beim Abbau verblieben." Einen Fall wie den des Jakob Körner wird es also in Bamberg nie wieder geben.

Türen in die Bamberger Geschichte öffnen wir dieses Jahr mit unserem Adventskalender im FT. Die einzelnen Folgen entstammen dem Buch "Was Bamberg prägte", das im Verlag Bast Medien in Kooperation mit dem Fränkischen Tag erschienen ist. Es hat 192 Seiten, kostet 14,90 Euro (ISBN: 978-3-946581-21-5) und ist erhältlich in der Geschäftsstelle des FT, in Buchhandlungen und online unter www.bast-medien.de.