Es wird wohl Jahre, wenn nicht ein Jahrzehnt dauern, bis sich das Gewässer zwischen Wiesengiech und Hallstadt wieder erholt.
Frank Lesswing ist erschüttert: "Ich habe schon einige Fischsterben erlebt, aber ein so extremes noch nicht." Der Memmelsdorfer ist staatlicher Fischereibeauftragter für den Landkreis Bamberg und als solcher unter anderem für einen Teil des Leitenbachs zuständig. Genau in den sind Donnerstagabend vor einer Woche 1000 Liter Spritzmittel eingetreten: In Wiesengiech wollte ein Landwirt gleich in Bachnähe Flächen spritzen, als sein Fass versehentlich auslief.
Für 13 Kilometer zuständig
Lesswing, der für ungefähr 13 Kilometer Leitenbach staatlicher Fischereiaufseher ist, hat den Sachverhalt minutiös dokumentiert: Der Vorfall ereignete sich gegen 18.45 Uhr, eine halbe Stunde später war die Feuerwehr mit Pumpen uns Sperren vor Ort. Das Landratsamt mit Rüdiger Heußinger vom Fachbereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung war ebenso involviert wie die Polizei. Einbezogen wurde auch die Wasserschutzpolizei.
Bei Drosendorf wurden insgesamt 35 Kubikmeter mit Spritzmittel vermischtes Wasser abgepumpt und auf angrenzende Fläche ausgebracht. Während Heußinger anfangs gegenüber dem FT von einer geringen Menge verendeter Fische gesprochen hatte, wurde das ganze Ausmaß erst nach und nach deutlich. "Es wurde ein extremes Fischsterben festgestellt," bilanziert Lesswing in seinem Bericht. "Der gesamte Bestand an Fischen", das heißt Bachforellen, Äschen, Aitel, Edelkrebse und sogar die streng geschützten und gefährdeten Mühlkoppen sind verendet. Zudem seien sämtliche Lebensformen am Untergrund und damit die Nahrung der Fische zerstört, die Arbeit von teilweise zehn Jahren vernichtet. Lesswing hat bei seinen Recherchen im und am Bach Fische qualvoll sterben sehen, "das Fungizid ist vermutlich eines das auch auf Nerven wirkt."
Nach dem Vorfall vom Donnerstagabend häuften sich die Meldungen von verendeten Fischen im Leitenbach, so Heußinger. So hat das Landratsamt den am Leitenbach liegenden Gemeinden (Scheßlitz, Memmelsdorf, Gundelsheim, Hallstadt) geraten, Pflanzen, die zwischen Donnerstagabend und Freitagabend letzter Woche mit Wasser aus dem Leitenbach gegossen worden waren, zu entsorgen. "Als Vorsichtsmaßnahmen", wie Heußinger gegenüber dem FT angibt.
Alle Arten betroffen
In die ganze Sache war natürlich auch die Wasserschutzpolizei mit eingebunden. Heinz Römmelt, der den Fall bearbeitet, spricht hier von einem "unglücklichen Fall mit Riesen-Ausmaßen". Das bei Wiesengiech ausgetretene Pilzspritzmittel sei sehr fischtoxisch, also hochgiftig für Fische. Deshalb wurde ein Fischsterben bis hin in den Main registriert. "Fische mit einer Länge von zwei bis 45 Zentimeter waren betroffen." Es traf demnach nicht nur die sehr empfindlichen Forellen, sondern alle Arten. Es werde Jahre dauern, bis sich der Fischbestand wieder erholt hat, steht für ihn fest.
Dem Landwirt, dem das Malheur bei Wiesengiech passierte, könne wohl kein Vorwurf gemacht werden. Die bisherigen Ermittlungen hätten ergeben, dass wohl ein technischer Defekt ursächlich war. Am Traktor brach offenbar eine Halterung, so dass der Behälter mit dem Spritzmittel herunterfiel, mit Schläuchen verbundene Anbauteile brachen ebenfalls ab und "dann sprudelte es nur so". Das ganze nur drei Meter neben dem Leitenbach. Römmelt bescheinigt dem Landwirt, schnell reagiert und gleich die Feuerwehr alarmiert zu haben. Dennoch werde die Sache wohl ein Fall für die Staatsanwaltschaft werden und sicherlich auch Versicherungen beschäftigen.
Über die genaue Höhe der Schadenssumme war gestern nichts zu erfahren. Wie Lesswing namens der Pächter verlauten lässt, geht es um Schadenersatz. Zu klären ist mit den jeweiligen Gemeinden zudem die Frage der Pacht. Denn, so wie es derzeit aussieht, wird es Jahre dauern, bis sich der Bach wieder erholt hat und die Pächter wieder Fische einsetzen können
Zehn Zentner tote Fische
Lesswing fasst den derzeitigen Zustand so zusammen: "Der Leitenbach ist tot." Das hätten auch die Recherchen vom gestrigen Mittwoch gezeigt, die Lesswing mit Dr. Thomas Speierl von Fischereifachberatung (Bayreuth) unternommen hat. "Da ist kein Fisch mehr drin." Dafür wurden geschätzte zehn Zentner tote Fische geborgen und entsorgt.
Der nächste Vorfall ist schon vorprogrammiert, wenn sowas keine Konsequenzen hat.
Technischer Defekt, wenn ich das schon lese.
Gewissenlose Schlamperei nach dem Motto: Mir passiert ja nix.
Jeder Apotheker oder Chemiker würde Berufsverbot bekommen, wenn er so mit Giften hantiert.
Ich bin kein Ökomissionar, aber dieser Vorfall führt uns vor Augen, welches und wieviel Gift auf unsere Böden verteilt wird. Wäre alles nicht im Bach gelandet, so doch auf dem Acker und ... wo noch? Keiner bemerkt, was alles verendet, stirbt, verschwindet. Sollte uns dies egal sein, dann stehen wir doch am Ende der Nahrungskette. Vergiften wir uns leise, aber dauerhaft? Nur zum Nachdenken.
Ich finde es Unverantwortlich das die Bürger erst nach einer Woche der ernst der Lage erfahren.
Meine Hunde haben in den Bach ihren Durst gelöscht.
Jetzt wurden erst bei den Gärten die am Bach liegen erst nach einer Woche Schilder angebracht.
Danke
Ich vermisse das tägliche Bild im FT vom "Landrat" mit zwei toten Fischen in beiden Händen und der Aussage: "Das Landratsamt mit Rüdiger Heußinger vom Fachbereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung war ebenso involviert wie die Polizei. Leider halt erst nach den Geschehnissen. Damit haben wir im klimatisierten Büro nun wirklich nicht gerechnet. Gefahr für Leib und Leben der Bevölkerung habe nie bestanden; außerdem esse ich keinen Fisch - und vergifteten schon gleich gar nicht..."
Einfach verantwortungslos,
unmittelbar neben einem wichtigen Bachlauf 1000 ltr. (!) Giftbrühe wohl auf Lebensmittel (???) verspritzen zu wollen. Bei jedem Regen würde doch ein Teil wieder in den Bach geschwemmt. Ein solches Verhalten zeigt, wie wichtig ökologische Landwirtschaft ist. Ich hoffe, dass dieser "Landwirt" für den gesamten Schaden auf viele Jahre aufkommen muss. Nicht nur als Gundelsheimer schwillt mir gewaltig der Kamm...