Christos Giannulopulos verließ nach dem Abitur 1977 auf Anraten seines Vaters Griechenland und kam zum Studium nach Franken. Bamberg, wo er sich als Arzt niederließ, wurde seine neue Heimat.
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Mein Vater hat die Entwicklung schon vor 40 Jahren prophezeit", sagt Christos Giannulopulos und schmunzelt nur ein bisschen. Lachen kann er über die frühe Erkenntnis nicht, geht es hier doch um sein Heimatland - das er direkt nach dem Abitur verlassen hat.
Der 56-Jährige erzählt lebhaft, wenn er an seinen Aufbruch als junger Mann denkt. Nach seinem Abschluss an einer deutschen Schule in Athen wollte er Architektur in seiner Heimatstadt studieren. "Aber mein Vater sagte, geh, hier wird alles zusammenbrechen." Das war nicht böse, sondern besorgt gemeint - und der Sohn folgte dem Rat. Der damals 18-Jährige kam im Oktober 1977 nach Erlangen, wo er Zahnmedizin studierte. 1995 ließ er sich als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg in Bamberg nieder. "Warum Bamberg? Es ist eine der schönsten Städte in Deutschland und es gab hier damals berufliche Perspektiven für mich".
"Meine Familie jammert schwer" Während er sich also in Franken mit mehreren Gemeinschaftspraxen seine Existenz aufgebaut und ebenso viele deutsche wie griechische Freunde hat, blieb seine Familie in Athen. "Sie jammern zurzeit schwer", sagt Giannulopulos, der sich auch als Vizepräsident beim deutsch-griechischen Club Bamberg engagiert. Sein Bruder hat keinen sicheren Arbeitsplatz und der Vater, krank und im Ruhestand, musste einen massiven Einschnitt bei seiner Rente hinnehmen. Obwohl auch er Arzt war: "Über 50 Prozent wurde die Renten im medizinischen Sektor gekürzt", sagt sein Sohn und leidet mit dem Vater in Athen. "Ich konnte das erst glauben, als ich die Belege gesehen habe."
Allgemeine Misswirtschaft Neben der allgemeinen Misswirtschaft und dem maroden Steuersystem ist nach Giannulopulos' Einschätzung gerade das Thema mit den Renten eines der Hauptprobleme, die Griechenland in die Krise gestürzt haben. "Viele gehen einfach zu früh in Rente." Auch höre man "die tollsten Dinge": Von Töchtern der Militärs, die eine Rente beziehen, weil sie nicht verheiratet sind. Oder von Sehenden, die eine Blindenrente bekommen, und von Angehörigen, die die Bezüge von verstorbenen Verwandten Bezüge einheimsen. "Das ist nicht erfunden", sagt Giannulopulos. "Das wird in der griechischen Presse publiziert und führt regelmäßig zu Aha-Erlebnissen."
Doch was könnte man dagegen tun? Giannulopulos hört jeden Tag griechisches Radio und sagt, er sei bestens informiert. Deshalb ist für ihn klar: "Wir müssen unseren Staat sanieren und die Reformen durchbringen. Wenn wir unsere Hausaufgaben machen, wird Europa uns helfen. Jeder mag Griechenland."
"Lassen Sie nicht die guten Kontakte zu Griechenland abreißen" Weil er mit seinem Geburtsort eng verbunden ist, hat Giannulopulos seine Staatsbürgerschaft behalten. "Ich bin Grieche geblieben", sagt er und lächelt. "Der einzige Nachteil daran ist die Passverlängerung. Dafür muss ich zum Konsulat nach München und das zieht sich immer einen ganzen Tag hin." Giannulopulos reist gern und regelmäßig an seinen Geburtsort, um seine Familie zu besuchen und Urlaub zu machen (oben stehendes Foto entstand auf der Kykladeninsel Milos). Dass auch andere das tun, ist sein größter Wunsch. "Wenn ich einen Appell an die deutschen Mitbürger geben darf, dann den, dass sie nicht die guten Kontakte zu Griechenland abreißen lassen. Es ist ein schönes und gastfreundliches Land."