Chris: Da hat sich in den letzten Jahren schon ganz viel getan. In der Bamberger Kneipenszene zum Beispiel ist die Qualität immer mehr gestiegen und die Gäste honorieren das.
Sven: Zum Beispiel ist bei uns kein gekaufter Sirup mehr zu finden, wir machen alles selbst, vom frisch gepressten Zitronensaft bis hin zum Beerensirup.
Chris: Man kann in der Bar ganz schön kreativ werden. Wir geben zum Beispiel Kräuter und Beeren in eine Spirituose - infusionieren nennt man das - und lassen das Ganze eine Weile ruhen. Es findet eine enzymatische Reaktion und damit ein Geschmacksaustausch statt und die Spirituose hat am Ende eine veränderte Aromatik.
Eure "Hauptgerichte" sind Cocktail und Longdrink. Was ist der Unterschied?
Chris: Ein Longdrink besteht normalerweise aus zwei Zutaten: Spirituose und Filler. Aus Gin und Tonic Water wird Gin Tonic. Dann gibt's noch Highballs. Im Prinzip sind das Longdrinks mit mehr Zutaten, etwa ein Tom Collins aus Gin, Zitrone, Zucker und Soda. Im Gegensatz zu Longdrinks und Highballs, bei denen nur das Glas aufgefüllt wird, werden Cocktails "gebaut", gerührt oder geschüttelt.
Ist es nur Show, dass viele Barkeeper so viel Wert aufs demonstrative Schütteln - "Shaken" - legen?
Chris: Nein, das hat System. Drinks mit Zutaten, die weniger leicht zu homogenisieren sind - Sirup, Säfte, Eiweiß, Kräuter - werden generell geshaked. Der größte Unterschied zwischen Shaken und Rühren besteht darin, dass Verwässerung und Abkühlung beim Shaken höher sind.
Sven: Ein guter Barkeeper wird übrigens nie den Shaker zum Öffnen gegen die Tischkante hauen.
Sven: Und er wird keine Kondom-Eiswürfel verwenden.
Was sind Kondom-Eiswürfel?
Sven: Die mit 'nem großen Loch. Die brechen schnell und verwässern den Drink zu rasch. Gute Bartender verwenden doppelt gefrostetes Eis, das den Drink kühlt, aber nicht über die Maßen verwässert.
Was sagt man stilsicher, wenn man einander mit einem guten Cocktail zuprostet?
Chris: Das steht jedem frei. Ich persönlich sag', glaube ich, am häufigsten "Cheers". Es gibt natürlich regionale Unterschiede. Und wenn's zu "Hau weg die Scheiße" am besten schmeckt, is' das für die Person genau richtig.
Gibt's Cocktail-Trends?
Chris: Gin-Varianten.
Sven: Generell sind Cocktails gefragt, die dem Zeitgeist "gesünder leben" entsprechen und wenig Zucker und kaum oder keinen Alkohol enthalten.
Für wen würdet Ihr gerne mal eine Kreation mixen?
Sven: Für Ryan Reynolds. Der ist ein toller Schauspieler und hat in den USA wegen Corona-bedingter Einnahmeausfälle einen Fonds für Barkeeper gegründet, damit diese überleben.
Ist so etwas in Franken auch nötig?
Sven: Ich befürchte, dass viele Betriebe der Gastro-Szene - und die ist immerhin der zweitgrößte Arbeitgeber in Bamberg - schließen müssen.
Chris: Touris und Einheimische werden auch nach der Lockerung der Verbote noch eine Weile fern bleiben. Zudem haben die meisten weniger Geld...
Was wünscht Ihr Euch konkret?
Chris: Dass die Stadt uns mit vergrößerten Außenflächen entgegenkommt, um, mit Abstand, eine vernünftige Zahl an Gästen bewirten zu können. Und, klar: Trinkt mehr guten Schnaps!
ZUR PERSON: Christoph Köll: Als der gebürtige Bayreuther mehr Cocktail- als Uni-Bücher besaß, beendete er sein Studium (Kommunikation, Germanistik, Anglistik) und wurde Barchef im "Schluckspecht". Mit seinem Kollegen Sven Goller hat er das "Cocktail Institut" gegründet, das Tastings und Cocktail-Kurse anbietet.
Sven Goller: An der Uni promovieren (Politikwissenschaften) oder als Barkeeper arbeiten? Der gebürtige Bad Staffelsteiner entschied sich für Letzteres. 2017 wurde der "Das Schwarze Schaf"-Mitbetreiber nationaler "World Class Bartender of the Year".