Chefarzt-Prozess: Heinz W. redet viel, sagt aber wenig

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Termine noch bis Ende September
Termine noch bis Ende September
 

Am fünften Verhandlungstag im Fall des ehemaligen Chefarztes Heinz W., dem vorgeworfen wird, zwölf junge Frauen im Klinikum betäubt, vergewaltigt und dabei fotografiert zu haben, wurde bekannt: Der Prozess dauert bis Herbst.

Solange Heinz W. sich von seinem eigenen Redeschwall ungehindert davontragen lassen kann, ist für ihn im Gerichtssaal alles gut. Da erläutert der ehemalige Chefarzt am Klinikum Bamberg - neben sich eine XXL-Flasche mit Eistee - ruhig und in allen Einzelheiten Diagnose- und Therapiemöglichkeiten von Beckenvenen-Thrombosen.

So sagte er am fünften Verhandlungstag, dass die Beckenvarikose "meistens einer aufwändigen diagnostischen Abklärung bedürfe", weil man sich damit "im Niemandsland zwischen mehreren Fachdisziplinen" befinde. Die Zitate entnahm der Angeklagte einem von drei dicken medizinischen Fachbüchern, die er vor sich auf dem Tisch liegen hatte. Er ist überzeugt, dass diese Sätze seine Unschuld beweisen, weil sie "endgültig" sein "medizinisches Interesse herausstellen".

Angeklagter beteuert: Nicht von sexuellen Motivationen geleitet

Er sei beim Fotografieren von Frauen auf der Untersuchungsliege nicht von sexuellen Motivationen geleitet gewesen. Es habe keine sexuelle Erregung gegeben, "das liegt auf der Hand". Etwas anderes lasse er sich nicht unterstellen.

Reden mag er gerne, Fragen aber mag er nicht beantworten, vor allem nicht die von Oberstaatsanwalt Bernhard Lieb. Da wird W. schon mal scharf, wenn Lieb Näheres zu Untersuchungen und fotografischen "Dokumentationen" wissen will. Er fängt zu zischen an, wird laut. Wird die Situation zu brenzlig, greift sein Verteidiger, Rechtsanwalt Klaus Bernsmann ein, regelmäßig mit der Folge, dass die wirklich wichtigen Fragen von seinem Mandanten nicht mehr beantwortet werden.

Außerdem forderte der Anwalt für Heinz W. "mehr Ruhe". W. erklärte selbst, warum: Am letzten Freitag habe er "massivste Informationen" bekommen, dass in der Justizvollzugsanstalt etwas "gegen mich" geplant sei. Er habe das als belastend empfunden, "über das übliche Maß hinaus".

Der Angeklagte äußerte sich am Dienstag zu zwei weiteren Fällen der Anklage, nachdem er vergangene Woche seine Sicht der Dinge in vier der insgesamt 13 Fälle dargelegt hatte. Am Dienstag ging es um eine 18-jährige Patientin, die im Mai 2012 wegen eines Beckenvenenverschlusses ins Klinikum am Bruderwald kam und operiert wurde.

Um Bilder für Fallbesprechungen zu bekommen, habe er Fotos von der betroffenen Körperregion und später von der Wunde gemacht. Einmal sei die Mutter der Patientin dabei gewesen. Er habe sie und ihre Tochter gefragt: "Es ist ja so schön geworden, kann ich davon ein Foto machen?"

Mit einer Assistenzärztin habe er sich über die Verwendung der Bilder für Vorträge unterhalten: "Es wäre doch pfiffig, wenn wir eine schlanke, junge Frau hätten, die Model werden möchte und die eine Thrombose hat." Später habe jemand ein Ganzkörperfoto der jungen Frau aus dem Internet heruntergeladen und mit unkenntlich gemachtem Gesicht zur Fallstudie gestellt.

Die Frage, ob W. der jungen Frau bei Untersuchungen Kontrastmittel oder das Beruhigungsmittel Midazolam verabreicht habe, verneinte er kategorisch: "sicher nicht". Und dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt das Bewusstsein verloren haben könnte, schloss Heinz W. aus.

Unstimmigkeiten zum Thema Dokumentation

Unstimmigkeiten gibt es in allen bisher beleuchteten Fällen zum Thema Dokumentation, denn die Fotos, um die es geht, sind in den Krankenakten nicht zu finden. Laut W. sollen Untersuchungen außerhalb der Öffnungszeiten des Medizinischen Versorgungszentrums nicht belegt worden sein. W. meint aber, in der Ambulanzakte müsse die fragliche Untersuchung zu finden sein. Als Vorsitzender Richter Manfred Schmidt nachhakt, woher er denn die Unterlagen bekommen könne, wird W. wie so häufig vage: "Irgendwo müsste es nachzuvollziehen sein."