Sie mieteten Leihautos und brachten sie ins Ausland: Zwei mutmaßliche Mitglieder einer Bande stehen in Bamberg vor Gericht.
Am 29. Juni 2016 wollten sie zum zweiten Mal in kurzer Zeit ein Fahrzeug in der Bamberger Station eines überregional tätigen Mietwagenunternehmens abholen. Statt des gebuchten Lastwagens wartete auf sie - die Polizei.
Fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrer Festnahme begann am Dienstag vor dem Landgericht der Prozess gegen den Tschechen Jan R. (43) und den 38-jährigen Raif Z. (Name von der Redaktion geändert), der Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina und Montenegro ist. Beiden wird gemeinschaftlicher gewerbs- und bandenmäßiger Betrug in 15 Fällen sowie ein Versuch vorgeworfen.
Die Angeklagten ließen durch ihre Verteidiger signalisieren, dass sie vor Gericht so umfassend aussagen wollen, wie sie es schon bei den Ermittlungsbehörden getan haben - aber erst am nächsten Verhandlungstag, der für 14. Juli vorgesehen ist. Die umfangreiche Anklageschrift, zu deren Verlesung Staatsanwalt Matthias Bachmann fast eine Stunde benötigte, beruht auf den Angaben, die die Männer nach ihrer Festnahme gemacht haben.
Die meisten Tatorte in Bayern
Tatzeit waren demnach die Wochen zwischen 19. April und 29. Juni 2016, Tatorte die Verleihstationen ein- und desselben Unternehmens in Frankfurt/Main, Regensburg, Straubing, Nürnberg, München, Hof, Bayreuth, Weiden, Ingolstadt, Augsburg und Bamberg.
Den Ermittlungen zufolge waren R. und Z. in führender Position tätig. Sie hätten ein raffiniert ausgeklügeltes "Geschäftsmodell" in die Tat umgesetzt. Als Kopf der Bande gilt aber ein Mann aus Bosnien-Herzegowina, nach dem noch gefahndet wird.
Dieser laut Anklageschrift "anderweitig Verfolgte" hat die kriminellen Geschäfte jeweils eingefädelt, indem er unter falschem Namen Leihfahrzeuge geordert und alle notwendigen Papiere und Bescheinigungen samt - gefälschten - Unterschriften organisiert hat.
Die beiden Angeklagten waren wohl so etwas wie seine Statthalter vor Ort. Zu ihren Aufgaben gehörte laut Anklageschrift "die Anwerbung, Einweisung und Begleitung der jeweiligen Fahrer der Fahrzeuge, die Überprüfung von deren Ausweisen und Führerscheinen, die von den Fahrern zur Vorlage bei der Abholung der Fahrzeuge benötigt wurden". Teilweise holten R. und Z. selbst angemietete Fahrzeuge ab oder begleiteten Fahrer.
Die Personenwagen und Lastwagen wurden ausnahmslos auf den Namen und die Papiere von zwei Firmen geordert. Es soll sich um Schein-Gesellschaften gehandelt haben, gegründet nur zu dem betrügerischen Zweck.
Die meisten Fahrzeuge wurden ins Ausland und nach Bosnien-Herzegowina gebracht. Dort sollen sie gewinnbringend verkauft und der Erlös unter den Bandenmitgliedern aufgeteilt worden sein. Auch die Männer, die in Bamberg vor Gericht stehen, hätten sich davon eine erhebliche Einnahmequelle "von einigem Umfang und einiger Dauer" versprochen.
Der Wert der erschwindelten Pkw und Lkw lag laut Anklageschrift zwischen 19 000 und fast 41 500 Euro. In Bamberg fiel der Bande am 6. Mai 2016 ein Transporter im Wert von 22 861 Euro in die Hände. Beim zweiten Mal wollten sie einen Lastwagen holen, dessen Wert in der Anklageschrift mit 19 370 Euro angegeben wird. R. wurde vor Ort festgenommen, Z. wenig später. Seitdem befinden sie sich in Untersuchungshaft.
Der 38-jährige Z. sitzt angeblich zum ersten Mal im Gefängnis. Er betreibt in Bosnien-Herzegowina einen Autohandel, seine Frau ein Lokal. Das Familieneinkommen gab er mit bis zu 3000 Euro im Monat an. Für das Haus zahle man 2500 Euro ab.
R. hat in Tschechien ein langes Vorstrafenregister und rund zehn Jahre Hafterfahrung. Er bekam zuletzt als Türsteher in einem Casino 1200 bis 1500 Euro, seine Lebensgefährtin soll im Monat zwischen 1000 und 3000 Euro heim bringen. Sie ist nach den Worten von Vorsitzendem Richter Manfred Schmidt "in der Unterhaltungsbranche" tätig.