Bamberger schlug Angreifer in die Flucht
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Montag, 06. Oktober 2014
Franz Berry hat vor einem Jahr einen Mann in die Flucht geschlagen, der in Bamberg einen anderen mit dem Messer bedroht hat. Warum wir mehr Menschen wie ihn brauchen.
Marcel und Nadine sind stolz auf ihren Papa. Welches Kind wäre nicht stolz. Auf so einen mutigen und couragierten Vater. Ein Vorbild sicher für den 16-jährigen Marcel und seine 13-jährige Schwester. "Das hätte nicht jeder gemacht", sagt Marcel. Man sieht dem Sohn an, wie stolz er ist.
Papa Franz Berry sitzt entspannt am Tisch und hört seinem Sohn zu. Eine gute Erziehung, sagt er, sei wichtig für ihn. Dazu gehört auch, dass man nicht wegschaut, sondern sich für seine Mitmenschen interessiert.
Diese Einstellung ist auch am 7. Oktober 2013 gefragt, dem Tag, der aus Papa Berry einen Helden des Alltags macht. "Das war an einem Montag gegen 19.30 Uhr", erzählt Berry. Damals sitzt der heute 40-Jährige auf einer Bank vor der Georgenturnhalle in Bamberg. "Ich hatte Training mit meinen Mädels." Er coacht zu der Zeit die Handballdamenmannschaft des HC 03 Bamberg.
Wenige Minuten später, seine Spielerinnen sind bereits da, fangen einige aus der Damenmannschaft an zu schreien: "Der geht auf ihn los!" Hinter Berrys Rücken auf dem Radweg am Main-Donau-Kanal scheint sich etwas Schlimmes abzuspielen. Berry dreht sich Richtung Kanal um. Der Verwirrte, den er vorher auf der Bank beobachtet hatte, steht nun vor einem Mann, der ein kleines Kind auf dem Arm hält. Berry beobachtet, wie der Angreifer ein Teppichmesser in der Hand hält und den Mann massiv bedroht und beleidigt.
Täter lässt Messer sinken
Franz Berry handelt gedankenschnell - er geht auf den Mann zu. Und brüllt ihn an. "Lass ihn in Ruhe, er hat nichts gemacht!" Daraufhin erschrickt der Mann, schildert Berry, er lässt den Arm mit dem Messer sinken. Und will wegrennen. Der Angegriffene meint zu Berry: "Komm, den schnappen wir uns!" Berry winkt ab. "Ich ruf die Polizei an." Er weiß, dass falscher Heldentum fatal sein kann.
Die Fahndung der Polizei hat zunächst keinen Erfolg. Knapp zwei Wochen später ist Franz Berry erneut in der Georgenturnhalle. Ein paar Spielerinnen erkennen den Angreifer, der in dem Moment an der Turnhalle vorbeiläuft. Jetzt weiß Berry: Den schnapp' ich mir. Allerdings: Auf seine Art. Berry folgt dem Mann am Weidendamm in sicherem Abstand und ruft zeitgleich die Polizei. Am Handy schildert er, wo die aufregende Verfolgungsjagd hinführt. Die Polizei kommt, schnappt den Täter nahe der Europabrücke.
Für seinen Einsatz erhält Franz Berry großes Lob von der Polizei: "Wir sind dankbar und froh, dass es solche Menschen gibt", sagt der Bamberger Polizeichef Udo Skrzypczak. Ohne Zeugenaussagen sei die Polizei oft machtlos. Vor allem nachts könnten die Beamten nicht überall sein.
Nicht selbstverständlich
Das, was Franz Berry gemacht habe, aktiv einzugreifen, sei nicht selbstverständlich. Oft trauten sich viele nicht, aus einer anonymen Masse herauszutreten. "Einer muss die Initiative ergreifen", sagt der Polizeichef. Eine spontane Hilfe sei das Beste, was einem möglichen Opfer geschehen könne. Allerdings dürfe der Helfer sich nicht unnötig in Gefahr bringen: Es sei also immer eine Abwägungssache: "Ein Notruf ist immer eine Alternative."
Das sieht auch Franz Berry so: "Anrufen kann man immer." Woher sein Heldenmut stammt? "Vielleicht von meinem Vater, der war bei der Militärpolizei." Zwei seiner Cousins arbeiten bei Kripo und der Polizei. Das liegt anscheinend in der Familie. Franz Berry selbst ist kein Polizist, sondern Versandleiter bei Brose in Hallstadt und Ausbildungsbeauftragter für Industriekaufleute. Er muss kein Polizist sein - er setzt sich einfach für seine Mitmenschen ein. Ein Vorbild. Das finden auch die Arbeitskollegen. Die zollen Respekt auf ihre Weise: Da ist Berry auch mal als die scharfsinnige Detektivin Miss Marple auf einer Fotomontage abgebildet. Eine Anerkennung, die Franz Berry gefällt - und über die er auch schmunzeln kann.
Gericht Vor kurzem fand der Prozess am Landgericht Bamberg gegen den Täter statt. Franz Berry sagte als Zeuge aus. Der Angreifer gilt als schuldunfähig. Wir berichteten über die Verhandlung.
XY-Preis Franz Berry ist einer der vielen Nominierten für den Preis, den die ZDF-Sendung XY-ungelöst jedes Jahr Menschen mit Courage verleiht. Die diesjährige Verleihung findet am 8. Oktober in Berlin statt. Die Schirmherrschaft hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière übernommen. Das Preisgeld beträgt drei Mal 10 000 Euro. sem