Bamberger Erzbischof kritisiert Halloween - in welchem Jahrhundert leben wir denn?
Autor: Io Görz
Bamberg, Dienstag, 02. November 2021
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick kritisiert Halloween als "unchristlich" und schlägt eine weltfremde Alternative vor. Wer was feiert, geht niemanden etwas an, auch nicht den Erzbischof. Ein Kommentar.
Wir leben im Jahr 2021. Das heißt, wir befinden uns im 21. Jahrhundert. Das ist allgemein bekannt. Vielleicht sollte man das dem Bamberger Erzbischof Schick trotzdem noch einmal mitteilen. Der scheint noch in einem der letzten Jahrhunderte steckengeblieben zu sein – in welchem, sei dem Urteil jeder einzelnen Person überlassen.
Jüngst hat er mal wieder Halloween-Feiern kritisiert. Dieser Brauch sei „unchristlich“ und die Gepflogenheiten seien mit „christlichem Leben unvereinbar“. Er zeichnet in einem Interview ein Bild des Grauens, dessen Grundlage man aktuell in Berichten etwa der Polizei vergebens sucht. Aber sei es drum – es ist sicher richtig, dass Halloween kein christliches Fest ist.
Wer was wann feiert, geht niemanden etwas an
Aber genau das ist ja der Punkt: Wir – zumindest die meisten von uns – leben in einer säkularen Gesellschaft, in der viele Entwürfe nebeneinander existieren können und damit auch viele Traditionen. Nur weil Katholik*innen – in ganz Deutschland nur etwa ein Viertel der Bevölkerung – am 1. November ein Fest feiern, heißt das ja nicht, dass alle anderen dies als absoluten Maßstab für ihr Leben nehmen müssen.
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Wenn dem Erzbischof das Gruselfest am 31. Oktober, das auf vorchristliche Wurzeln zurückgeht und beileibe nicht ein bloßer Marketinggag der Süßwaren- und Bekleidungsbranche ist – nicht gefällt, ist das sein gutes Recht. Er muss auch nicht die Tür öffnen, wenn es an seiner Tür klingelt. Seine Vorstellungen davon, wie man den Vorabend eines christlichen Festes begeht, das für die meisten Menschen keine Bedeutung hat, weil sie keine praktizierenden Katholik*innen sind, sind an Weltfremdheit aber kaum zu überbieten.
Es bleibt die Frage, warum es inzwischen zur skurrilen Tradition geworden ist, alljährlich darum zu streiten, ob nun Halloween hierzulande gefeiert werden sollte oder nicht. Die normative Kraft des Faktischen gibt Orientierung: Es gibt Menschen, denen dieses Fest Freude bereitet und sie begehen den Tag – schnitzen Kürbisse, dekorieren Haus und Garten und ziehen um die Häuser. Das mag gefallen, das mag missfallen. In einer pluralistischen Gesellschaft hat dies aber ebenso eine Berechtigung wie religiöse Feierlichkeiten am Tag darauf. Was ich am 31. Oktober gerne tue, geht niemanden etwas an, auch nicht den Erzbischof.