Der "unfeierliche Festakt", den Martin Neubauer zum 20-jährigen Bestehen seines Bamberger Brentano-Theaters angesetzt hatte, fand überwältigenden Zuspruch. Geboten wurde eine Revue der Kuriositäten.
Das hat das Brentano-Theater in seiner 20-jährigen Geschichte noch nicht erlebt: Wahre Zuschauermassen (für seine Verhältnisse, die in der Gartenstraße nur 28 eng gestellte Zuschauerstühle bieten) waren in die Aula des Clavius-Gymnasiums geströmt, um den "unfeierlichen Festakt" mitzuerleben, den Martin Neubauer, bescheiden wie immer, zum Geburtstag seines Theaterchens ausgelobt hatte.
An einem Montag? Um die Konventionen des Kulturbetriebs hat sich Neubauer nie viel gekümmert. Und noch ein gewichtiges Argument sprach fürs Datum: Neubauers Hausgott und Bühnen-Namensgeber, das romantische Universalgenie Clemens Brentano, hätte an diesem 9. September 235. Geburtstag feiern können.
Und des Dichters, einer problematischen, in vielen geistigen Facetten schillernden und vielleicht gerade deswegen faszinierenden Persönlichkeit, gedachte der Hausherr nicht nur in seiner launigen Dankesrede, sondern auch in Szenen, Prosa-Miniaturen ("Das Ländchen Vaduz") und biografischen Schnipseln. Entnommen recht entlegenen Fundstellen wie des Schweden Per Daniel Atterboms "Reisebilder[n] aus dem romantischen Deutschland", in denen Brentano mit E.T.A. Hoffmann in Verbindung gesetzt wird. Wobei dieser immerhin fünf Jahre in Bamberg ausharrte, jener nur einen Tag. Die beiden Exzentriker kannten sich wohl, zu näherem Umgang kam es nicht. Schade. Doch sie stießen sich vielleicht auch ab wie gleichgerichtete Magnetpole.
Atterboms Aufzeichnungen wurden vorgetragen von Andreas Ulich, der bereits mehrere Hoffmann-Erzählungen eingelesen hat. So fügt sich eins zum andern.
Der Schauspieler und Rezitator zählt zum Freundeskreis an Künstlern und Gönnern, der sich im Lauf der Jahre um Neubauers Wohnzimmerbühne in der alten Villa geschart hat. Und große Teile dieses Freundeskreises waren angetreten, einen Querschnitt durch das zu bieten, was das Bamberger Brentano-Theater ausmacht: Ausgrabungen, Kuriositäten, Tiefsinniges und blanken Unsinn, in dem jedoch auch Höheres nistet. Wie in den zum Schluss von Neubauer und seiner kongenialen Partnerin Elisabeth Wasserscheid inszenierten Karl-Valentin-Sketchen. Des Münchner Wortdrehers Humoresken sind und bleiben halt sichere Publikumslieblinge.
Halt - im Erkertheater spielt die Musik keine kleine Rolle. Klar also, dass ein Neubauer-Recke wie Heiko Triebener die Ventile seiner Tuba vibrieren ließ mit z. B. einer eigenen Version der "Freischütz"-Ouvertüre oder dass das Symphoniker-Paar Katja und Christoph Kuen die Saiten strich.
Veteranen sind auch der wie immer lustige Stephan Bach und die zarte Dorothea Schreiber, die zusammen mit Victoria Heinz ein Dramolett Brentanos spielten.
Das ernste Element steuerte Heidi Lehnert bei mit einer seltsamen "Zwergin" aus einem seltsamen Stück einer Großnichte Bretanos, das spielerische Hans-Otto Holzapfel mit Zauberkunststücken. Ja, es ist schon so, wie Oberbürgermeister Andreas Starke das "Kaffeefass"-Theater (wiederum eine Brentano-Anspielung) charakterisierte: als Zierde für die Kulturstadt Bamberg.