Die Kooperation zwischen dem Klinikum Bamberg und dem Hospital Saint Jean de Dieu in Thiès nimmt konkrete Formen an.
Das winzige Baby schreit sich die Lunge aus dem Leib. Der Windelwechsel durch die Mama behagt dem Bübchen so gar nicht. Doch Karl-Heinz Deeg freut sich über dieses Konzert eines Kindes, das viel zu früh auf die Welt gekommen ist: im siebten Monat. Jetzt, einige Wochen später, scheint es über den Berg zu sein. Trotz der unzureichenden Ausstattung der Neugeborenenstation im Hospital Saint Jean de Dieu in Thiès.
Professor Deeg, langjähriger Chefarzt der Kinderklinik im Klinikum
Bamberg, gehört zu dem Ärzteteam, das in den westafrikanischen Senegal aufgebrochen ist, um dem neuen Kooperationspartner einen ersten Besuch abzustatten. Chefpathologe Gerhard Seitz und Unfallchirurg André Saal sowie Internist Karlheinz Seitz - Bruder des Pathologen aus Sigmaringen - wollen ausloten, wo konkret Hilfe für dieses einzige katholische Krankenhaus im Senegal ansetzen kann. Träger des Hospitals ist Bambergs Partnerbistum Thiès, verwaltet wird es von der Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Brüder.
"Wir können relativ kurzfristig etwas machen zum Wohle der Patienten, und es ist alles ohne großen finanziellen Aufwand leistbar", bilanziert Professor Gerhard Seitz, der im Auftrag von Xaver Frauenknecht, Vorstandsvorsitzender der Sozialstiftung Bamberg, diese Ärztedelegation organisiert hatte. Das Resümee zieht Seitz nach einer über vierstündigen Führung durch das Hospital, während der Verwaltungsdirektor Frère Brice Luc Ouendo auch die eigentlich weniger vorzeigbaren Winkel bereitwillig ansteuerte. Denn dem Ordensmann ist klar: "Wir brauchen Hilfe, nicht nur im Equipment, sondern vor allem im Transfer von Wissen."
Fachmännisch begutachten die deutschen Ärzte die Krankenzimmer, das Labor und die Operationssäle, die Intensivstation, die Notaufnahme. Sie testen medizinisches Gerät wie etwa den Ultraschall, löchern ihre afrikanischen Ärztekollegen und Krankenschwestern mit Fragen. "Wir sind in einer sehr armen Gegend unserer Welt, aber wir sind positiv überrascht über den guten Standard in einigen Bereichen", sagen die vier Bamberger Mediziner unisono. Sie differenzieren aber auch: "Für Afrika gar nicht schlecht, aber für unsere Verhältnisse gibt es unglaubliche Defizite", ergänzt André Saal.
So sei es zum Beispiel auffallend, dass keine Infektionsstation existiere, also etwa Tuberkulose-Patienten nicht von anderen getrennt werden. Oder dass das einzige Röntgengerät für den OP-Trakt seit Jahren defekt ist. Oder das es nur ein Uralt-Beatmungsgerät für Intensivpatienten gibt. Kinderarzt Deeg beklagt das Fehlen von Inkubatoren auf der Neugeborenen-Station oder Schallköpfen am Ultraschall für ganz kleine Kinder. Das größte Problem ist nach den Worten der Fachärzte aber die Hygiene: "Mit geringem finanziellen Aufwand für mehr Spender mit Desinfektionsmittel kann man eine Menge in der Prophylaxe für Infektionen tun."
Während ihres Aufenthaltes in Thiès erarbeiten die vier Doktoren einen mehreren Punkte umfassenden Plan, wie das Hospital Saint Jean de Dieu "ein Schmuckstück für die Diözese Thiès" wird. Wissenstransfer steht ganz oben auf der Liste: "Ärzte aus Bamberg stellen den Kollegen in Thiès ihr Wissen zur Verfügung und trainieren sie - entweder vor Ort oder bei uns im Klinikum." Unfallchirurg Saal beispielsweise kann sich gut vorstellen, den aktuellen Stand der chirurgischen Behandlungen weiterzugeben und mit den senegalesischen Kollegen einzuüben. Auch Karl-Heinz Deeg hat Feuer gefangen und ist bereit, in Thiès bei der Ausbildung etwa in Diagnostik zu helfen.
Internist Karlheinz Seitz schwebt vor, mit einer speziellen und doch preiswerten Behandlung von Leberkarzinomen aktiv zu werden und damit ein sehr häufiges, durch Hepatitis ausgelöstes Problem in den Griff zu bekommen.
Einige Verbesserungsvorschläge stehen im Abschlussbericht, den das Bamberger Ärzteteam mit Thomas Silberhorn besprochen hat. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium war ebenfalls auf Kurzbesuch in Thiès. Er will sich dafür einsetzen, dass die Klinikpartnerschaft Bamberg-Thiès in das gesonderte Programm des Ministeriums aufgenommen wird, das bereits fünfzig solcher Kontinente überschreitenden Krankenhauskooperationen fördert. "Ich kann natürlich keine Zusage ins Blaue hinein geben", sagt Silberhorn unserer Zeitung. Der Antrag aus Bamberg und Thiès werde von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) nach objektiven Kriterien bewertet wie jeder andere auch. "Aber natürlich sind wir in engem Kontakt, und die Antragsteller sind so beraten, dass sie auch die Kriterien erfüllen können", so Silberhorn.