Bamberg wird Rollerstadt: Wo dürfen die E-Scooter bald fahren?

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In Wien rollen die E-Scooter bereits: Dort gibt es breite Radwege und verkehrsberuhigte Straßen - in Bamberg können die Roller jetzt auch bald im Straßenverkehr getestet werden. Ronald Rinklef
In Wien rollen die E-Scooter bereits: Dort gibt es breite  Radwege und verkehrsberuhigte Straßen  -  in Bamberg können die Roller jetzt auch bald im Straßenverkehr getestet werden. Ronald Rinklef

Noch dürfen E-Tretroller nicht im Straßenverkehr fahren, doch soll das in Bamberg mit besonderer Genehmigung möglich werden. Experten bleiben skeptisch.

Die Fieberkurve bei den E-Scooter-Fans in Bamberg steigt derzeit ins Unermessliche. Seit Wochen wird ungeduldig auf die Zulassung der kleinen elektrischen Tretroller im Straßenverkehr gewartet. Doch jetzt soll es so weit sein: Bamberg wird in Kürze, so ist zu vernehmen, vor allen anderen deutschen Städten eine Sondergenehmigung erteilt bekommen.

"Wir sind auf der Zielgeraden", lässt Stadtwerke-Sprecher Jan Giersberg auf Nachfrage wissen. Die Genehmigung sei derzeit noch in der Abstimmung zwischen den Ministerien, dem TÜV und dem Straßenverkehrsamt. Es könnte sich womöglich nur noch um Tage handeln, bis die ersten 15 E-Tretroller durch die Domstadt düsen.

Dazu kooperieren die Stadtwerke mit dem US-amerikanischen Anbieter Bird. In der Sondergenehmigungsphase dürfen ausgewählte Tester mit einem Kennzeichen durch die Domstadt fahren, wie Giersberg erklärt. Wenn die bundesweite Verordnung für E-Kleinstfahrzeuge dann voraussichtlich im Juni kommt, soll das Sharing-Angebot in einer Pilotphase mit 100 elektrischen Tretrollern flächendeckend im Stadtgebiet gestartet werden.

Ein entsprechender Entwurf des Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) liegt bereits vor. Tritt die Verordnung in Kraft, sollen E-Scooter per Smartphone-App und gegen Bezahlung (1 Euro Grundpreis und 15 Cent pro Minute) von jedem Interessierten gefahren werden können.

Enger Raum in Bamberg

Ob sich die Roller in kleineren Städten wie Bamberg durchsetzen können, ist offen: Ein Blick nach Wien, wo E-Roller schon länger zugelassen sind und zum Stadtbild gehören, zeigt, dass dort eine wesentlich großzügigere Radwege-Infrastruktur von den E-Scooter-Fahrern genutzt werden kann. Trotzdem kommt es laut Medienberichten gelegentlich zu Konflikten.

In Bamberg ist der Raum relativ eng, auch die Radwege sind im Vergleich schmal, was auch Verkehrsexperte Dieter Volk kritisch sieht. Es bleibe letztlich dann nur die Straße. "Aber wer will es verantworten, in das Gedränge - bei bis zu 50 km/h und mehr - auch noch Tretroller zu schicken?", fragt der frühere Geschäftsführer des Verkehrsclubs Deutschland in Bamberg.

Volk setzt sich seit Jahren für schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer ein und warnt unter anderem vor der Überfüllung des Verkehrsraums, auch im Bereich der Gehsteige, wo laut geplanter Verordnung E-Roller mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 12 km/h fahren dürfen (siehe unten). In Bamberg sollen die Roller bis 20 km/h schnell sein, wohl erst ab 18 Jahren genutzt und nicht auf Gehsteigen, sondern Radwegen gefahren werden können.

Die Stadtwerke sehen die E-Roller als Ergänzung zum Busverkehr. Auch das Verkehrsministerium sieht in den E-Kleinstfahrzeugen einen "besonderen Mehrwert zur Verknüpfung unterschiedlicher Transportmittel und zur Überbrückung insbesondere kurzer Distanzen".

Skeptisch ist allerdings Dieter Volk, ob die E-Scooter zum Umbau des Verkehrswesens - weg vom Auto - beitragen können: "Das ist nicht zu erwarten." Es gebe zu viele Nachteile. Volk sieht eine generelle Unfall- und Verletzungsgefahr: In Österreich und der Schweiz soll es schon zu Unfällen gekommen sein. Aus Sicht des Experten müsste deshalb ein Helm Pflicht sein. Im Entwurf von Verkehrsminister Scheuer werde aber ein Helm bei einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 km/h nur empfohlen.

Erfahrungen sammeln

Laut Sprecher Jan Giersberg will man in dem bald startenden Test Erfahrungen sammeln. Er weiß um die Enge und spezielle Topographie Bambergs mit den vielen Hügeln und Pflastersteinen. Es seien deshalb auch Sollbruchstellen in der Kooperation mit Bird eingebaut, um nach der der Pilotphase, die im Sommer starten soll, weiterzusehen. "Dann werden alle ihre Schlüsse daraus ziehen." Bei einem erfolgreichen Test sollen die Flitzer freilich weiter durch Bamberg düsen.

Wo dürfen E-Kleinstfahrzeuge fahren?

Verordnung In Deutschland sind Elektrokleinstfahrzeuge derzeit nicht für den Straßenverkehr zugelassen. Das Verkehrsministerium hat jetzt aber einen Entwurf über die Verordnung für solche Fahrzeuge verfasst. Diesem muss auf europäischer Ebene und im Bundesrat zugestimmt werden - was bis Juni dauern kann. Im Entwurf wird unter anderem festgehalten, dass die E-Mobile mit zwei voneinander unabhängigen Bremsen ausgestattet und versichert sein müssen. Die zulässigen Verkehrsflächen sind außerdem wie folgt definiert:

Bis 12 km/h Elektrokleinstfahrzeuge mit einer Geschwindigkeit bis 12 km/h dürfen ab einem Alter von 12 Jahren nur auf Gehwegen, auf gemeinsamen Geh- und Radwegen und in Fußgängerzonen gefahren werden. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf baulich angelegten Radwegen, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen gefahren werden, wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf Fahrbahnen oder in verkehrsberuhigten Bereichen gefahren werden. Außerorts darf die Fahrbahn nicht genutzt werden. Auf dem Gehsteig haben Fußgänger Vorrang.

Bis 20 km/h Inner- oder außerorts dürfen Elektrokleinstfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 12 bis 20 km/h ab einem Alter von 14 Jahren nur auf Radwegen gefahren werden. Ansonsten darf auf Fahrbahnen oder in verkehrsberuhigten Bereichen gefahren werden.

Der Entwurf über die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge gibt es hier.