Druckartikel: Bamberg fürchtet um den Zugriff auf über 500 ehemalige US-Wohnungen

Bamberg fürchtet um den Zugriff auf über 500 ehemalige US-Wohnungen


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 13. Juli 2017

Es gibt ernst zu nehmende Befürchtungen, dass der Bund frei werdende Gebäude auf dem ehemaligen US-Gelände nun doch gegen Höchstgebot verkaufen könnte.
Mit über 200 Einheiten sind die derzeit von der Bundespolizei genutzten Häuser am Lindenanger eine wichtige Reserve auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Bamberg. Bisher schien der Verkauf an die Stadt nach dem Jahr 2020 als sicher. Nun ist das wieder offen.  Foto: Ronald Rinklef


Sieben Zeilen im Sitzungspapier des jüngsten Konversionssenats offenbaren den hürdenreichen Verlauf des Bamberger Konversionsprozesses. Einstimmig beschließen die Stadträte eine Resolution, die verhindern soll, dass die Stadt Bamberg bei den Flächen östlich des Berliner Rings leer ausgeht. Das Bundesfinanzministerium wird darin aufgefordert, verbindlich zu erklären, dass Flächen, die die Bundespolizei frei gibt, im direkten Verkauf an die Stadt veräußert werden können.


Den Wettbewerb verhindern

Doch warum muss die Stadt in Sachen Konversion nun erneut zum Mittel einer Resolution greifen? Und was kann ein solcher Appell bewirken? Dazu muss man wissen: Der Erstzugriff war das Zauberwort, mit dem die Stadt Bamberg die Konversion im Jahr des Abzugs der US-Armee 2014 als Jahrhundertchance anging. Der direkte Verkauf nach einer Wertermittlung sollte einen Bieterwettbewerb um Immobilien verhindern. In ihm würde die Stadt zwangsläufig schlechte Karten habe.

Heute ist klar: Für den Löwenanteil der ehemaligen US-Kaserne kann von Erstzugriff keine Rede sein. Nach der Vereinnahmung großer Flächen für die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken durch den Freistaat und den Ausbau der sechsten Bundespolizeischule muss die Stadt zwischenzeitlich sogar um jene Flächen bangen, die die Bundespolizei nach dem Übergang in den Regelbetrieb wieder frei geben sollte. Dazu gehören unter anderem die 208 Wohnungen an der Straße am Lindenanger und vier große Wohnblocks am Rande der Lagardekaserne, zusammen über 500 Wohnungen.


Die Gesetzeslage ist eindeutig

Grund für das Aufbegehren der Stadt sind Erklärungen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Sie haben bereits bestehende Befürchtungen in der Stadt bestätigt, wonach die Erstzugriffsoption für Flächen, die temporär durch die Bundespolizei genutzt werden, anders als bei militärischen Liegenschaften nicht zwingend ist und ein Direktverkauf an die Stadt unter dem Vorbehalt künftiger Haushaltsvorschriften steht.


Hört man die Stadtverwaltung, hat die Bima die Gesetzeslage zuletzt im Mai 2017 noch einmal klar gestellt. Da es keine Ausnahmen geben soll, hängt über der Konversion in Bamberg eine Art "Damoklesschwert", wie sich Konversionsreferent Christian Hinterstein ausdrückte. Es droht die Gefahr, dass die Stadt Bamberg abblitzt, wenn die Bundespolizei 2020 beim Übergang zum Regelbetrieb mit 1000 Schülern wieder Flächen abgibt.


Ein Brief allein genügt nicht

Kann Bamberg das Blatt noch wenden? Allzuviel Zuversichtverbreiteten die Mitglieder des Konversionssenats nicht. "Schaden kann es nicht, ob es etwas bringt, ist die andere Frage", beschrieb Peter Neller (CSU) die ungewissen Erfolgsaussichten der Resolution. Heinz Kuntke (SPD) sprach von einer theoretischen Diskussion. Der SPD-Stadtrat geht davon aus, dass Deutschland "nach Hamburg" deutlich mehr Polizisten bekommen werde. Er zweifelt, dass es unter diesen Vorzeichen zu Flächenrückgaben kommen wird. Kämpferisch zeigte sich Ursula Sowa (GAL). Sie glaubt, dass die Riesenfläche östlich des Berliner Rings Platz bieten würde, um mehr als nur den Bedarf der Bundespolizei zu decken. Dafür müsse man aber kämpfen: "Einen Brief mit einer Resolution abzuschicken, genügt nicht."


Kommentar des Autors:

Was für Bamberg übrig bleibt

Was waren das für Gedankenspiele, die der Stadtrat 2014 unter der Überschrift "Perspektive Ost" für eine halbe Million Euro eingekauft hat? Eine Gruppe von Planern wollte aus dem Abbruchschutt der Häuser einen achten Bamberger Hügel errichten. Andere plädierten dafür, den Berliner Ring höher zu legen und empfahlen seine Verkehrsberuhigung.
Heute wissen wir: Konversion in Bamberg - das ist das Gegenteil von Stadtplanung. Oder wie es der Chef der SPD-Fraktion ausführte: Konversion ist, wenn es anders kommt.

Leider hat dieser lockere Spruch auch Mitte 2017 nichts von seiner Bitterkeit verloren. Allem Widerstand zum Trotz wird das deutlich vergrößerte Flüchtlingslager eine fruchtbare Entwicklung in Bamberg-Ost auf Jahre hinaus blockieren. Und so willkommen die Bundespolizei am Anfang auch schien, so erweist sie sich nun doch als Bremsklotz für eine berechenbare Stadtentwicklung östlich des Rings.

Dabei ist der nun definitiv in Frage gestellte Erstzugriff nicht das größte Problem. Es ist die Selbstverständlichkeit, mit der die fernen Entscheidungsträger in München und Berlin eine halbe Stadt in Beschlag nehmen.
Flächen, die so dringend wie nie zuvor benötigt werden und die groß genug wären, um natürlich auch die Bürgerwünsche zu befriedigen. Diese Rücksichtslosigkeit schadet Bamberg.