Bahnausbau bedroht Bamberger Schrebergärten

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Direkt an den Bahngleisen liegt der Garten. Foto: Sebastian Schanz
Direkt an den Bahngleisen liegt der Garten. Foto: Sebastian Schanz
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In Zeiten von Wucherpreisen bei Wohnungen erfüllen sich viele Menschen den Traum vom eigenen Garten in städtischen Randgebieten. Schlägt der Bahnausbau eine Schneise durch die Bamberger Schrebergarten-Idylle?

Mit fünf Kindern und neun Enkeln ist Bekir Agcioglu ein reicher Mann. Auch wenn er mit seiner selbst gedrehten Zigarette zerknirscht in seinem kleinen Paradies im Gleisdreieck an der Coburger Straße hockt und mürrisch murmelt, wie viel Arbeit so ein Schrebergarten doch macht. Die Holzhütte gehört erneuert, das Betonfundament bröckelt, die Sonnenblumen sind abgeblüht... Mehr ist nicht zu verstehen - was weniger am Gemurmel und der Sprachbarriere des Türken liegt, sondern am Regiozug "Hagenbüchach", der plötzlich nur wenige Meter am Garten entfernt vorbeirauscht.

"Mein Garten muss wahrscheinlich weg", sieht der 65-Jährige die Sache mit dem Bahnausbau realistisch und lädt in der Gartenhütte zu einem selbst aufgebrühten Kaffee ein. Es riecht nach Gas und altem Holz, während der Teekessel langsam zu pfeifen anfängt. Ja, an schönen Tagen rutschen seine Enkel hier im Garten die Kinderrutsche herunter. Aber gerade macht er sich eher über die Innenverschalung der Hütte Gedanken. "Soll ich das noch aufwendig erneuern?", fragt er seinen Gast - und sich selbst gleich mit.

Agcioglu gießt etwas heißes Wasser in eine Tasse und schüttet es weg. Sauber. Dann kredenzt er den Kaffee. Der schwarze Sud schmeckt so herb wie das Gesicht des einäugigen Mannes, der es zubereitet hat. Textil und Metall prägten Agcioglus Arbeitsleben in Franken. Nun fühlt er sich als Bamberger. Zwei seiner Kinder haben Deutsche geheiratet, erzählt der Türke rauchend. Er wohne zur Miete in der Stadt, deshalb komme er gerne in seinen Garten. Zug hin oder her.

Die Bahn hört auch "Nachbar" Willi Nüsslein, der zweihundert Meter weiter wohnt, vorbeirauschen. Und auch er zuckt mit den Schultern, wenn die Sprache auf den Ausbau der Trasse kommt. "Der eine sagt so, der andere so", berichtet der 74-Jährige aus Würgau von der Unsicherheit im Kleingartenparadies. Angeblich beschneide die geplante Ausbaustrecke seinen Garten, den er seit 20 Jahren hegt und pflegt, etwa sieben Meter breit. "Aber wir wissen nichts Genaues."

Nichts Genaues weiß auch der Sprecher der Bahn, wie er sagt: "Momentan gibt es nur Halbwissen, unterschiedliche Planungsstände." Wie weit sich der Bahnausbau auf die Gärten ausdehnen werde, sei noch nicht festgezurrt. "Wenn wir etwas wissen, werden wir öffentlich auf die Betroffenen zugehen."

Ungebunden und unorganisiert

Einen festen Ansprechpartner, so etwas wie einen Sprecher der Gartler, gibt es nicht. Weder Nüsslein noch Agcioglu ist in einem Verein organisiert. Doch schon alleine baulich sind die Kleintierzüchter hier draußen eine Instanz. "Ich habe mir einen provisorischen Lageplan zeigen lassen", berichtet Vorsitzender Leander Weiß. Und der verheiße nichts Gutes. Seit 1983 haben er und seine Kollegen ihre Gärten hier - mit großen Hütten, Stromanschluss, Volieren und Ställen für Brieftauben, Goldfasane, Zwergpapageien, Hühner, Kaninchen und Kanarienvögel. "Ein Ersatzstandort ist uns bisher nicht genannt worden", sagt der 70-jährige Vereinsvorsitzende. "Gegen die Bahn zu kämpfen, ist beinahe aussichtslos", sagt Wolfgang Kostal, der Vorsitzende des zweiten Vereins im Gleisdreieck: Bahn-Landwirtschaft Unterbezirk Bamberg.

Dass man Kämpfe auch gewinnen kann, haben die Schrebergarten-Kollegen auf der Erba-Insel bewiesen. Dort sollte im Vorfeld der Landesgartenschau Tabula rasa gemacht werden, doch die in Dachverbänden organisierten Kleingärtner beharrten auf Schadensersatz - letztlich hätten die Planer angesichts von "Millionensummen" dann ein Einsehen, dass es nicht zu einer Gartenschau passt, Planierraupen durch Kleingärten walzen zu lassen. Schmunzelnd erinnert sich Siegfried Prell, Vorsitzender im Kleingartenverein Schwarze Brücke: "Ich kann denen an der Coburger Straße nur raten: Organisiert euch!"

Willi Nüsslein ist skeptisch: "Bisher fand ich es immer gerade schön, niemandem anzugehören." Und auch Agcioglu schüttelt mit dem Kopf. "Ich weiß noch nicht, ob ich einen anderen Garten suchen will. In meinem Alter."

Einen anderen Garten suchen, ist gar nicht so einfach. Denn die Nachfrage ist konstant hoch, wie Elmar Hübner, der Vorsitzende der Gartler am Sendelbach, erklärt. Bevorzugt werden junge Familien aus Bamberg. "Alt sind wir selbst", scherzt der Vorsitzende - auch die Satzung der Stadt gibt diese Kriterien vor. 1200 Kleingärten gibt es in Bamberg insgesamt. 100 bis 200 sind vom Bahnausbau bedroht. Am Sendelbach sagt Vorsitzender Hübner: "Unsere Bewerberliste ist gut bestückt."

Kommentar des Autors:

Kleingärten sind heimelige, grüne Refugien, die der kleine Mann einer verdichteten und überplanten Schwarmstadt abgetrotzt hat. Sie entstehen oftmals im architektonischen Niemandsland, in den Nischen, die beim Ausbau der Infrastruktur übrig gelassen oder vergessen wurden. Der Name "Gleisdreieck" spricht Bände. Es ist bemerkenswert, wie liebevoll die Gärtner ihre Beete und Blumen pflegen und sich kleine Oasen in der Betonwüste schaffen. Sie wachsen wie Gänseblümchen zwischen Pflastersteinen.

Die Gärtnerstadt Bamberg sollte sich ihres Namens bewusst sein, wenn es darum geht, Ersatzstandorte für Kleingartensiedlungen zu schaffen. Die Stiefmütterchen in den Schrebergärten werden nur zu gerne stiefmütterlich behandelt.

Info:

Gesamtzahl Insgesamt gibt es quer durch Bamberg rund 1200 Kleingärten, die Stadt verpachtet davon 250. Nicht alle sind in den sechs Vereinen organisiert.

Amselfang an der Moosstraße, Vorsitzender: Thomas Stroblik, Telefon 0951/131727, Internet www.amselfang.de.

An der schwarzen Brücke auf der Erba-Insel, Vorsitzender Siegfried Prell, Telefon 0951/69288, E-Mail: prell.siegfried@t-online.de.

Gaustadt am Rothofer Weg, Vorsitzender Rainer Schäfer, Telefon 0951/41559 ; www.kleingartenverein-gaustadt.com

Sendelbach, Vorsitzender Elmar Hübner, Telefon 0951/91700622; www.kgv-sendelbach-bamberg.de

Kleintierzuchtanlage Bamberg-Nord, Vorsitzender Leander Weiß, Telefon 0171/2056276

Bahn-Landwirtschaft Unterbezirk Gleisdreieck an der Coburger Straße, Vorsitzender Wolfgang Kostal, Telefon 0951/12143, E-Mail: wolfgang.kostal@t-online.de