Damals kam auch der Bamberger Reiter in den Dom. Es handelt sich hier um das früheste erhaltene Reiterstandbild nördlich der Alpen. Aus Frankreich sind Reiterstandbilder bereits im 12. Jahrhundert bekannt. Allerdings stehen diese nie in einer Kirche, sondern an Fassaden. Mit seiner Platzierung im Dom ist der Reiter einzigartig in Europa. Am spannendsten ist jedoch das Geheimnis, dass er birgt. Man weiß nicht, wen er darstellen soll. Es gibt dazu viele Interpretationen und Forschungsarbeiten. Einige Deutungsansätze stellen wir im Folgenden vor.
König Stephan von Ungarn
Wen stellt der stolze steinerne Reiter dar? Das Rätsel ist bisher nicht gelöst, doch es gibt dazu viele Theorien. Eine davon lautet, dass der Reiter den bereits 1083 von Papst Gregor IV. heiliggesprochenen König Stephan I. von Ungarn darstellt. König Stephan war der Schwager von Kaiser Heinrich II., der, um die Beziehungen zu Ungarn friedlich zu gestalten, seine Schwester Elisabeth mit ihm vermählte.
Die Legende sagt, dass Stephan bei seinem ersten Besuch in Bamberg noch Heide war und mit dem Pferd in den Dom geritten kam. Das würde die Darstellung als Reiter erklären. Für Stephan spricht außerdem die verwandtschaftliche Beziehung zu Heinrich und Kunigunde. Zudem legt die Darstellung des Reiters mit Krone, beschlagenem Pferd und prächtigem Mantel nahe, dass es sich um einen Fürsten handelt. Der Baldachin über der Statue könnte als Zeichen für die Heiligkeit stehen.
Die Tatsache, dass der Bamberger Reiter kein Schwert besitzt, wird in diesem Zusammenhang so gedeutet, dass wahrer Frieden nur durch Gewaltlosigkeit erreicht werden kann. Allerdings vollzog Stephan die Christianisierung seines Landes durchaus mit Gewalt, trotzdem war er beim Volk beliebt.
Philipp von Schwaben
Ein weiterer Deutungsansatz ordnet den Reiter Philipp von Schwaben zu. Dieser hat eine unglückliche Beziehung zu Bamberg. Am 21. Juni 1208 hielt er sich in Bamberg auf, um der Hochzeit seiner Nichte Beatrix von Burgund und Herzogs Otto IIV. von Meranien beizuwohnen. Am Nachmittag nach der Trauung wurde er in seinen Gemächern von Otto VIII. von Wittelsbach ermordet.
Bei dem Mord gab es keine Zeugen, auch das Motiv ist unklar. Vermutlich hängt es mit der Heiratspolitik Philipps zusammen. Er hatte eine seiner Töchter dem Wittelsbacher versprochen, das Bündnis aber gelöst, als er eine vermeintlich bessere Verbindung fand.
Da er bei seiner Ermordung unbewaffnet war, finden sich Parallelen zum ebenfalls unbewaffneten Bamberger Reiter. Kurioserweise bedeutet sein Vorname Philipp Pferdeliebhaber. In der mittelalterlichen Literatur wird Philipp als blondgelockter Jüngling beschrieben. Die Farbreste, die man an den Haaren des steinernen Reiters fand, sind jedoch schwarz. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass die Statue ihn darstellt. Zudem war er, wie das Magazin Singulart berichtet, sechs Jahre lang mit einem kirchlichen Bann belegt. Das schließt eigentlich ein Denkmal im heiligen Dom aus.
Der Messias aus der Apokalypse
In seinem Buch, König der Könige. Der Reiter in neuer Interpretation, stellt der Historiker Hannes Möhring die Theorie auf, der Bamberger Reiter könnte eine Darstellung des Messias sein, der nach der Apokalypse die Menschheit rettet.
Er bezieht sich dabei auf die Offenbarung des Johannes (Apk: 19,11-16), "Und ich sah den Himmel offen stehen, und siehe, ein weißes Pferd, und der auf ihm sitzt, heißt Treu und Wahr, und in Gerechtigkeit richtet und kämpft er." Der Messias kämpft ohne Schwert, nur durch sein Wort zeigt er seine Macht. Wie der Bamberger Reiter hat er kein Schwert, sondern siegt durch die Übermittlung des Wortes Gottes.
Betrachtet man den historischen Kontext, in dem der Reiter erschaffen wurde, erscheint diese Deutung durchaus plausibel. Die Zeit war geprägt von der Bedrohung durch den Islam und die Kreuzzüge. Die Bevölkerung litt darunter und die Zukunft war ungewiss. Das mag ausgereicht haben, um einen nahenden Weltuntergang zu befürchten.
Fazit
Der Bamberger Reiter ist eine faszinierende Skulptur, zu der bereits viel geforscht wurde. Über die oben erwähnten Deutungsansätze hinaus gibt es noch weitere Theorien. Manche vermuten eine der Heiligen drei Könige oder eine stilisierte Darstellung des Staufergeschlechts. Ziemlich sicher handelt es sich um die Darstellung eines Heiligen. Denn abgesehen von Grabfiguren wurden Reiterstandbilder nie in einem Gotteshaus aufgestellt. Letztendlich ist keine der Interpretationen endgültig nachweisbar. Aber vielleicht macht genau dieses Geheimnis den Reiter so interessant.
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vielleicht sollte man noch erwähnen, dass der "Magdeburger Reiter" sehr ähnlich ausgeführt ist und auch ähnlich alt ist