Bambergerin verliert alles - und wird aus Verzweiflung selbst zu Täterin

2 Min
Staatsanwalt und Strafrichterin ließen bei der Angeklagten Milde walten. Foto: Ronald Rinklef
Staatsanwalt und Strafrichterin ließen bei der Angeklagten Milde walten. Foto: Ronald Rinklef

Ein Internet-Trickbetrüger erleichterte eine 49-jährige Bambergerin um 19 000 Euro. Aus Verzweiflung wurde sie dann selbst zur Betrügerin.

Vor drei Jahren fiel Angelika N. (Name geändert) auf einen Internet-Betrüger herein und verlor über 19 000 Euro. Nun stand sie vor Strafrichterin Magdalena Becker, weil sie sich einen Teil des Geldes zurückgeholt hatte - mit unlauteren Mitteln. Während des Prozesses am Amtsgericht Bamberg wegen Geldwäsche fand sie auf allen Seiten Verständnis und kam mit einer Geldstrafe zur Bewährung davon.

"Der Typ hat sich 19 000 Euro von mir erschlichen. Ich war damals psychisch instabil, sogar selbstmordgefährdet. Das war für ihn ein gefundenes Fressen." Angelika N. ist ohne einen Rechtsanwalt erschienen. Denn vor drei Jahren verlor die heute 49-jährige Frau aus Bamberg ihre gesamten Ersparnisse und einige Euro, die sie sich bei ihrer Mutter geliehen hatte, an einen Internet-Betrüger. Der nannte sich auf einer Dating-Seite "James Boss" und gab vor, ein hellhäutiger Amerikaner zu sein. "Er war jemand, der attraktiv aussah und gut zuhören konnte. Ich bin auf ihn hereingefallen."

Der "Romantiker" schrieb ihr ellenlange Liebesbriefe. Was Angelika N. damals noch nicht wusste: An dem Profil stimmte gar nichts. Weder der Name, noch das Foto, und schon gar nicht die Liebesschwüre, mit denen der "Love Scammer" sich das Vertrauen der geschiedenen Frau ergaunerte. Dann habe er um Hilfe gebeten, und die ahnungslose Alleinerziehende hatte ihm immer wieder kleinere Summen per Western Union überlassen.

Selbst recherchiert

Als ein Beamter der Kriminalpolizei Bamberg ihr gesagt hätte, das Geld sei unrettbar verloren, habe sie selbst angefangen zu ermitteln. Tatsächlich kam sie nach einigen Recherchen auf den richtigen Namen des vorgeblichen Liebhabers und kontaktierte ihn. "Ich brachte ihn dazu, sich vor der Webcam zu outen." Man traf eine Vereinbarung. Der westafrikanische Internet-Betrüger, der tatsächlich zur sogenannten "Nigeria-Connection" gehörte, bot Angelika N. an, sie könne bei künftigen Gaunereien mitverdienen. "Er sagte, ich bekäme 20 Prozent."

In ihrer finanziellen Notlage ging die verzweifelte Frau auf den Vorschlag ein. "Auf der Straße hilft dir kein Schwein. So aber hast du 200 Euro und kommst über den Monat." Sie eröffnete ein Konto. Auf diesem gingen im Mai und Juni 2017 insgesamt 7100 Euro von sieben anderen Betrugsopfern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein. "Ich weiß, was ich getan habe, und dass es scheiße ist", so Angelika N. vor Gericht. Sie habe aber keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Weil es sich um Zahlungen aus Straftaten handelte, lautete der Vorwurf Geldwäsche.

Inzwischen ist Angelika N. auf verschiedenen Dating- und Social-Media-Plattformen unterwegs und warnt andere Frauen, nicht auch auf solche Fake-Accounts hereinzufallen. Hinweise seien etwa Profile, auf denen man keine Freunde sehen könne, weil der Betrüger nicht offenbaren wolle, dass man nicht die einzige Frau in seinem Leben sei, sondern 40 oder 50 andere auch noch am Haken hingen.

Man solle bei allzu attraktiven Fotos und ungewöhnlichen Lebensgeschichten vorsichtig sein, mit denen das Interesse der meist über 40-jährigen Opfer geweckt würde. Zudem vermeide es der Love-Scammer, sein wahres Gesicht via Skype oder Webcam zu zeigen. Oder er sende nur Videos, die gar nicht ihn zeigten. Oft gebe er vor, aus den USA oder Großbritannien zu stammen. Wenn sein Fake-Account dann von den Dating- oder Social-Media-Diensten gesperrt würde, weiche er auf Whatsapp aus. Dann sehe man plötzlich eine afrikanische Vorwahl, die er mit einem Job oder Urlaub dort erkläre. Zu einem vereinbarten Treffen komme es aber nie. Ausreden seien der Militärdienst, eine schwere Erkrankung, ein unvorhersehbarer Unfall oder fehlendes Geld für einen Flug. Das seien auch immer Gründe, um an die Hilfsbereitschaft zu appellieren.

Ein Einsehen

Sowohl Staatsanwalt Felix Gerhardt von der Zentralstelle Cybercrime in Bamberg in seinem Antrag, als auch Strafrichterin Magdalena Becker in ihrem Urteil ließen Milde walten. "Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie eine hohe Strafe brauchen. Sie sind ja selbst massiv ausgenutzt worden." Es gab eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 50 Euro, die Angelika N. aber nicht bezahlen muss, insofern sie die Bewährungszeit von eineinhalb Jahren durchsteht. Einziger Wermutstropfen: Sie muss den Schaden von 6900 Euro an die geschädigten Frauen zurückzahlen, obwohl sie nur knapp 2700 Euro einbehalten, den Großteil von rund 4400 Euro aber weitergeleitet hatte. 200 Euro hatte sie vor dem Prozess bereits erstattet.