Asyl-Alarm im Landkreis Bamberg: Brief von Landrat geleakt - "keine Unterkünfte mehr"
Autor: Daniel Krüger
LKR Bamberg, Mittwoch, 11. Oktober 2023
In den sozialen Medien ist ein interner Brief von Johann Kalb (CSU) zur aktuellen Asylsituation veröffentlicht worden. Darin bittet der Landrat alle Bürgermeister um Hilfe - und schildert eine kritische Lage.
- Landkreis Bamberg: Interner Asyl-Brief von Landrat veröffentlicht
- Johann Kalb (CSU) wendet sich in "dringender" Sache an Gemeinden
- "Entwicklung der Flüchtlingszahlen": Dramatische Unterbringungssituation
- "Bitte schon jetzt um Verständnis": Dieses Szenario droht in Kommunen
In den sozialen Netzwerken ist ein internes Schreiben aufgetaucht, in dem der Bamberger Landrat Johann Kalb (CSU) einen Hilferuf an die Gemeinden formuliert - Grund sei die aktuelle "Entwicklung der Flüchtlingszahlen". Das Landratsamt bestätigt die Echtheit des Briefes gegenüber inFranken.de - und nimmt zur kritischen Situation Stellung. Denn bald schon könnte den Kommunen ein Szenario drohen, das stark an die Flüchtlingskrise 2015 erinnert. Derweil fordert laut einer Umfrage eine Mehrheit der Deutschen eine verschärfte Migrationspolitik. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober hatte die AfD im Landkreis Bamberg frankenweit die meisten Stimmen erreicht.
"Ende des Flüchtlingsstroms nicht absehbar": Bamberger Landrat mit düsterer Prognose in Brief
Der Brief richtet sich an alle Bürgermeister im Kreis Bamberg. "Erneut wende ich mich mit der Bitte um Unterstützung an Sie", schreibt Kalb. "Wie allgemein bekannt, ist das Ankerzentrum wieder überfüllt. Ein Ende des Flüchtlingsstroms ist nicht absehbar", so der CSU-Politiker. Der Kreis Bamberg müsse im laufenden Oktober "mindestens 150 Geflüchtete neu aufnehmen". Angekündigt gewesen seien "ursprünglich nur 90 Personen". Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen "zwingt die Regierung jedoch zu einer kurzfristig mitgeteilten Erhöhung der Zuweisungen", schreibt der Landrat.
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"Mit ähnlich hohen Zahlen ist in der Folgezeit zu rechnen", lautet Kalbs Prognose. "Vor einem Jahr standen wir vor einer ähnlichen Situation. Seitdem konnten dank Ihrer Solidarität 40 neue Unterkünfte für 1000 Geflüchtete gegründet werden", heißt es weiter. "Ab November stehen jedoch keine Unterkünfte mehr zur Verfügung", so die dramatische Bilanz. Das Landratsamt sei daher auf eine Unterstützung "aller Gemeinden" angewiesen. "Ich bitte Sie daher erneut dringend um kurzfristige Nennung passender Lösungen in Ihrer Gemeinde", so Kalb.
Gesucht würden "Häuser ab einer Größe von circa 250 Quadratmeter, Grundstücke als Container-Standorte und Gewerbeimmobilien für Notunterkünfte". Bislang habe sich "das auf Freiwilligkeit und Kooperation beruhende Verfahren bestens bewährt", erklärt der Landrat. "Wir konnten gemeinsam einen Rückgriff auf Bürgerhäuser, Turnhallen und ähnliche Immobilien vermeiden." Er hoffe, "dass es auch in Zukunft nicht dazu kommen muss", bitte "aber andernfalls schon jetzt um Ihr Verständnis", richtet sich Kalb an die Kommunen im Landkreis.
"Wohnraum im Bamberger Land weitestgehend erschöpft": Flüchtlingszahl in Unterkünften um das Dreieinhalbfache gestiegen
"Das Schreiben ist ein erneutes Update der aktuellen Situation an alle, die für die Unterbringungen von Menschen Verantwortung tragen", bestätigt das Landratsamt Bamberg auf Anfrage von inFranken.de die Echtheit des Briefes. Die aktuelle Situation im Ankerzentrum "fordert die Regierung von Oberfranken heraus, die Verteilzahlen auf die Landkreise und kreisfreien Städte zu erhöhen", erklärt ein Sprecher. Man habe "seit Jahresbeginn rund 40 neue dezentrale Unterkünfte mit 10 (Wohnhäuser etc.) bis 66 Personen (Wohncontainer-Unterkünfte) neu erschlossen. Der vorhandene, geeignete (Brandschutz, Lage, …) Wohnraum im Bamberger Land ist weitgehend erschöpft", so die schriftliche Antwort.
In dezentralen Unterkünften im Kreis Bamberg sind nach Angaben der Behörde "derzeit 1400 Menschen" untergebracht. Insgesamt leben demnach 2400 Schutzsuchende - die meisten davon seien Ukrainer und Ukrainerinnen in Privatwohnungen - im Landkreis. Anfang Oktober 2021 lebten noch "400 Geflüchtete in dezentralen Unterkünften", heißt es in der Antwort, Anfang Oktober 2022 wegen des Ukraine-Kriegs 750. Binnen zwei Jahren ist die Zahl von Asylbewerbern und Geflüchteten in den Unterkünften also um das Dreieinhalbfache gestiegen. "Wir unternehmen alle Anstrengungen, um dies zu vermeiden", heißt es mit Blick auf die Belegung von Turnhallen und anderen öffentlichen Gebäuden im Landkreis.