Druckartikel: Ankerzentrum Bamberg: Das dritte Feuer in gut einem Jahr

Ankerzentrum Bamberg: Das dritte Feuer in gut einem Jahr


Autor: Sebastian Martin, Stefan Fößel

Bamberg, Dienstag, 11. Dezember 2018

Nicht zum ersten Mal kam es zu einem Großeinsatz im Ankerzentrum in Bamberg - viele Konflikte haben mit Perspektivlosigkeit zu tun, wie vier Fälle zeigen.
Noch am späten Dienstagmorgen befand sich ein Großaufgebot der Polizei im Ankerzentrum in Bamberg. Foto: Ronald Rinklef


Die Asylunterkunft im Bamberger Osten ist derzeit mit 1268 Bewohnern belegt. Immer wieder kommt es in der seit 2015 bestehenden Einrichtung zu Auseinandersetzungen, zwar nicht in der Intensität, wie dies am Dienstagmorgen der Fall war, aber dennoch: "Konflikte haben wir dort tagtäglich zu schlichten", berichtet Bambergs Polizeichef Thomas Schreiber.

Am frühen Dienstag hatte laut Polizei eine Gruppe von Bewohnern aus Eritrea Mitarbeiter der Security in der Ankereinrichtung Oberfranken (AEO) attackiert. Auch ein Feuer soll dabei absichtlich gelegt worden sein. Der Großeinsatz von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften endete mit mehreren leicht verletzten Personen. Vier Bewohner wurden dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Der Sachschaden wird auf 100.000 Euro geschätzt.

Welche Schlüsse zieht die Regierung von Oberfranken aus dem jüngsten Vorfall? "Die Prozesse und Sicherheitskonzepte der Ankereinrichtung Oberfranken werden ständig unter Einbeziehung aller Sicherheitsbehörden und anderer Stellen aktualisiert", erklärt Pressesprecher Jakob Daubner. Da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, sei es verfrüht, konkrete Maßnahmen zu benennen. Die Voraussetzungen des Brandschutzes sind jedenfalls laut Stadtbrandrat Matthias Moyano in den Gebäuden des Ankerzentrums "grundsätzlich erfüllt". Der Rauchabzug über die Treppenhäuser funktioniere, die Bausubstanz sei grundsolide.

Konflikte mit Alleinreisenden

Laut Polizeichef Schreibers Worten liegen die Gründe für die Konflikte in der AEO auf der Hand: Beschäftigungslosigkeit, fehlendes Familiengefüge, Perspektivlosigkeit. So habe die Polizei vor allem mit jungen Männern zu tun, die keinen Anschluss haben und kaum Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss ihres Asylverfahrens. "Die Konflikte der Alleinreisenden reißen nicht ab." Diese Situation erzeuge bei Bewohnern Frust, in Kombination mit Alkohol komme es oft zu Aggressionen. Die Analyse des Polizeidirektors spiegelt sich in vier heiklen Fällen wider - die hier beispielhaft aufgelistet sind.

Dienstag, 5. September 2017: Weil ein Streit bei der Essensausgabe zu eskalieren drohte, musste die Polizei mit über einem Dutzend Streifen, unterstützt von der Bundespolizei, in die AEO ausrücken. Denn als die Security einen 18-Jährigen und dessen 28 Jahre alten Landsmann aus Nordafrika bändigen wollte, hatten sich laut Polizei 40 bis 50 Nordafrikaner zusammengerottet. Die Polizei beruhigte die Lage. Fünf Männer kamen in Gewahrsam, um eine Eskalation zu verhindern.

Mittwoch, 15. November 2017: Traurige Bilanz des ersten Feuers in der Aufnahmeeinrichtung: Bei dem Brand in Block 7, in dem sich zu dem Zeitpunkt über 60 Menschen befanden, kommt ein Bewohner ums Leben. Bei der stark verbrannten Leiche handelte es sich um einen allein lebenden 28 Jahre alten Eritreer, der laut den späteren Ermittlungen der Kripo selbst für das Feuer in seinem Zimmer im Erdgeschoss verantwortlich war. Der Mann hatte unerlaubterweise eine Zigarette geraucht. Bei dem Einsatz musste die Feuerwehr fünf Personen von einem Balkon retten. Drei Security-Mitarbeiter erlitten durch die Rauchentwicklung leichte Verletzungen. Der Schaden belief sich auf 15 000 Euro.

Montag, 11. Dezember 2017: An dem Tag ist es innerhalb kürzester Zeit zu drei verschiedenen Einsätzen der Polizei gekommen: Insgesamt sieben Streifen mussten in die AEO ausrücken. In einem Fall war die Polizei wegen häuslicher Gewalt gerufen worden. In einem weiteren Fall mussten die Beamten nahezu zeitgleich eine körperliche Auseinandersetzung zwischen mehreren Bewohnern schlichten. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei stand eine gefährliche Körperverletzung im Raum. Dabei könnte eine Eisenstange im Spiel gewesen sein. Außerdem musste ein Bewohner in die Nervenklinik: Er hatte wegen einer Entscheidung im Asylverfahren einen Suizidversuch unternommen.

Samstag, 22. September 2018: Der bisher größte Brand in der AEO forderte den Einsatz von 150 Rettungskräften: Drei Feuerwehrleute wurden bei dem Dachstuhlbrand in Block 10 leicht verletzt - der geschätzte Schaden liegt bei zwei Millionen Euro. Der Block, in dem rund 150 Menschen lebten, ist unbewohnbar: "Es wird in den nächsten Tagen ein Notdach errichtet", informiert aktuell Regierungssprecher Daubner. Während des Winters solle das Gebäude auslüften, da durch das Löschwasser Feuchtigkeit eingedrungen ist. Im Frühjahr erfolge eine Bewertung des genauen Schadens und die Entscheidung, was mit dem Gebäude passiert. Das Feuer war im Dachinneren ausgebrochen, weshalb die Kripo eine Einwirkung von außen ausschloss. Einen Tatverdächtigen haben die Ermittler bisher nicht, sie gehen von fahrlässigem oder vorsätzlichem menschlichen Handeln als Ursache aus.