Als Hausarzt am ganzen Menschen interessiert

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Hausarzt Tobias Hetzler am Schreibtisch in der Burgebracher Praxis Foto: Anette Schreiber
Hausarzt Tobias Hetzler am Schreibtisch  in der Burgebracher Praxis Foto: Anette Schreiber

In der Region Bamberg gibt es nach Zahlen und Berechnungsschlüsseln genügend Hausärzte, doch konzentrieren die sich in größeren Praxen.

Das Gros der Landärzte im Landkreis Bamberg hat im Durchschnitt die 50 schon lange überschritten. Zahlenmäßig gibt es nach Berechnungsschlüssel der Kassenärztlichen ausreichend Ärzte, doch finden sich auch Gemeinden, die keinen Hausarzt haben, dafür konzentrieren sie sich an andere n Orten in Gemekinschaftspraxen. Es wird auf jeden Fall nicht leicht sein, die Lücken zu schließen, wenn die heute älteren Hausärzte einmal in Rente gehen. Wir haben in Burgebrach einen jungen Arzt besucht, der sich entschieden hat, als Hausarzt auf dem Land zu praktizieren.

ie könne man nicht Allgemeinarzt werden wollen? Tobias Hetzler dreht die Frage um. "Allgemeinarzt ist für mich der schönste Beruf der Welt", sagt's und schnappt sich die Tasche, die er nach den Hausbesuchen in die Ecke gestellt hat. Ach ja, Hausbesuche, da lerne er die Menschen, seine Patienten, in ihrem Umfeld kennen. Das gehöre zu den Dingen, die ihm an diesem Bereich der Medizin besonders gefallen. Seit knapp zwei Jahren arbeitet der heute 36-Jährige mit seinem Seniorpartner in einer Burgebracher Allgemeinarztpraxis.

Was brachte den Hessen nach Oberfranken? Hetzler grinst ein bisschen: "Der Job meiner Frau." Die ist Gymnasiallehrerin und hat in Bamberg eine Anstellung gefunden. Seinerzeit habe er dazu gemeint, als Arzt würde er überall eine Stelle bekommen. Was sich bewahrheitet hat: Der Mediziner kam so an die Steigerwaldklinik.

Der Wechsel in die Allgemeinarztpraxis bahnte sich dann aber aus ganz profanen Gründen an: "Auch Ärzte werden mal krank und brauchen eine Krankschreibung." Genau das führte ihn in die Praxis, in der er heute wirkt. Sein Seniorpartner Ulrich Onken hatte wohl den richtigen Instinkt, indem er den Kollegen einfach ansprach und auf die Idee brachte, bei ihm mit einzusteigen. Denn heutzutage ist es bekanntlich nicht einfach, Mediziner als Allgemeinärzte aufs Land zu locken.

Hetzler wiederum stammt vom Land. Für ihn war eigentlich schon immer klar, dass er wieder aufs Land möchte. Ebenfalls war Allgemeinmediziner immer das, was er als Arzt sein wollte. "Da habe ich den ganzen Menschen, von der Haarspitze bis zum Zeh." Auf dem Weg zum Hausarzt machte er den Facharzt für innere Medizin. Hetzler ist, wie es das Praxisschild ausweist, hausärztlicher Internist. Zum 1. Januar letzten Jahres hat er das Leben als angestellter Klinikarzt gegen das eines selbstständigen Allgemeinarztes getauscht. Hat er sich damit für ein schwierigeres Arbeitsleben entschieden? Zunächst einmal stellt Hetzler klar, dass an der Steigerwaldklinik keine Oberarztstelle frei war.

Das war ein Aspekt. Ein anderer, dass er in der Klinik aus seiner Sicht mehr Zeit am Computer und mit Verwaltungstätigkeiten verbracht habe als beim Patienten. In der Praxis sitze er nun zwar auch wieder am Computer, aber mit dem Patienten. Generell habe er als selbstständiger Hausarzt ein Mehr an Flexibilität, was gerade für die Familie von großer Bedeutung ist.

Denn Hetzlers haben einen zweijährigen Sohn und eine sechsjährige Tochter. Und die werden auch vom Vater mit betreut, der seine Kinder schließlich aufwachsen sehen will. "Als Allgemeinarzt habe ich keinen 24-Stunden-Dienst wie in der Klinik", erklärt er weiter. Freilich kommen auch in der Allgemeinarztpraxis etliche Arbeitsstunden zusammen und er hat auch 14-Stunden-Tage. Dafür kann er, wenn nicht so viel los ist, "auch schon mal am Nachmittag daheim sein".

Wichtig ist ihm bei seiner Tätigkeit, Menschen langfristig zu begleiten, sie nicht nur für kurze Zeit zu behandeln. Auch deren Familien mit kennenzulernen. "Das kann man in der Klinik ebenso wenig wie etwa als Facharzt", macht Hetzler deutlich.

In Burgebrach fand er bei seinem Senior-Praxispartner mehr oder weniger ideale Voraussetzungen: Die beiden verstehen sich medizinisch und menschlich. Hetzler begrüßt es ausdrücklich, dass Onken noch weiter praktiziert. Dann ist der Übergang leichter, er kann noch vieles von dem dazulernen, was in der Klinik alles nicht erforderlich war. Der Umgang mit Kassen, die Interaktion mit dem Steuerberater und viele weitere nicht primär ärztliche Tätigkeiten.

Partner muss dahinterstehen

Glück hatte er obendrein mit den Mitarbeiterinnen in der Praxis. Ach ja, fast hätte er es vergessen, wenn seine Frau nicht mit am gleichen Strang ziehen würde, wäre dieser Wechsel in die Praxis kaum möglich gewesen. Da muss der Partner zu 100 Prozent dahinter stehen, zeigen seine Schilderungen.Wenn Seniorpartner Onken einmal in Rente geht, dann möchte Hetzler auf jeden Fall in der Praxis wieder einen Partner an der Seite haben. "Das ist heute einfach zeitgemäßer."

Die Familie ist angekommen

Familie Hetzler ist offenbar in Burgebrach angekommen, in der Praxis und auch privat. Hetzlers haben sich den Traum vom Eigenheim im Neubaugebiet verwirklicht, man ist in einigen Vereinen Mitglied, Tobias Hetzler spielt in einer Blaskapelle Flügelhorn - Familie, Beruf und Freizeit im Gleichklang.

KOMMENTAR

Tücke der Berechnung

Was haben sechs Urologen, acht Hautärzte, und 19 Nervenärzte gemeinsam? Es gibt diese Fachärzte ausschließlich in Bamberg. Dafür finden sich in der Stadt und im Landkreis Bamberg annähernd gleich viele Kinderärzte, zwölf beziehungsweise elf. Von 85 Psychotherapeuten praktizieren 69 in Bamberg. Augenärzte finden sich im Landkreis immerhin drei - in Bamberg 15.

Rein rechnerisch galt die Region Bamberg in Sachen Hausärzte lange als überversorgt, was an der hohen Dichte in der Stadt Bamberg lag. Doch seit beides statistisch getrennt ist, lassen die Zahlen die tatsächliche Versorgung erkennen. Gleichwohl wird das Bild nun wieder verzerrt, da die Zahl der Ärzte nicht der von Vollzeitstellen entspricht und Berechnungen eben auf theoretisch ermittelten Werten beruhen und kaum den Bedürfnissen einzelner Orte oder gar Gemeinden entsprechen.

Denn nur so erklärt sich, dass die Zahl der Hausärzte im Vergleich zu 2009 sogar noch leicht zugenommen hat, während in Wirklichkeit immer mehr Praxen verschwunden sind, ganze Gegenden gerade in den westlichen und östlichen Randbereichen keine Hausärzte haben. Keine gute Konstellation angesichts des demografischen Wandels. Der Trend beim Landarzt geht bei den Jüngeren klar hin zu mehr Teilzeitstellen in größeren, also in Gemeinschafts-Praxen. Denn die Jungen wollen verständlicherweise Zeit für ihre Familien und berechtigterweise auch Freizeit haben. Für ältere und nicht mobile Patienten alles andere als rosige Aussichten.

Der Hausarzt am Ort wird die Ausnahme werden, ähnlich wie der Seelsorger.

Eines bleibt gleich, wer sich für ein Arbeitsleben als Hausarzt entscheidet, bringt weiter viel Idealismus und umfassendes Interesse am Menschen mit.