Der Zeppelinflug versetzte nicht nur unseren Volontär, sondern auch den Standortleiter des ZF-Werkes in Schweinfurt in eine längst vergangene Zeit.
Eine wacklige Metalleiter, brummende Motoren und darüber hunderte Kilogramm Gewicht. Zeppelinflüge sind nichts für schwache Nerven. Kein Wunder, haben sich doch Katastrophen mit Luftschiffen wie der "Hindenburg" ins Gedächtnis eingebrannt. Allerdings ist die Technik aus den 1930er Jahren weder in der Luftfahrt noch im Automobilbau, mit heutigen Standards zu vergleichen.
Evolution in der Technik
Ersichtlich wurde die technische Evolution bei einem Pressetermin mit dem Standortleiter des Schweinfurter ZF-Werkes, Hans-Jürgen Schneider. Für die Internationale Automobil Ausstellung Nutzfahrzeuge (IAA) fliegt ein Zeppelin der ZF-Friedrichshafen als Werbung auf die IAA nach Hannover. Das Pressegespräch trat aufgrund der Eindrücke während des Fluges sowohl beim Standortleiter, als auch beim Volontär in den Hintergrund.
Geschichte zum Anfassen
In Zweierreihen geht es nach der Sicherheitsunterweisung - die der eines Flugzeugs ähnelt - 300 Meter über einen sonnenverbrannten Rasen zum Startplatz. Ein kleiner Punkt am Himmel kommt schnell näher - der erwartete Zeppelin. Alle zücken ihre Smartphones oder Kameras - ein Blitzlichtgewitter. Kein Wunder: Ein Zeppelin wirkt in Zeiten von Passagierjets wie aus der Zeit gefallen. Meine Augen suchen nach Männern mit Melone und Monokel.
"Zügig gehen und nur nach Aufforderung stehen bleiben!", reißt mich die Bodencrew aus den Gedanken. Der 75 Meter lange Zeppelin geht in den Landeanflug über. Beim Beobachten der Landung wird mir klar, dass der Zeppelin NT nur wenig mit der zigarrenförmigen Hindenburg gemein hat: Während der Landung drehen sich die beiden Motorkanzeln aus der Horizontalen in die Vertikale, so dass das Luftschiff einem Hubschrauber ähnlich zu Boden schwebt. Das Bug- und Spornrad setzen auf dem braunen Gras auf. Kleine Staubwolken verhüllen die Räder. Wir erfahren, dass der Zeppelin nicht an einem Mast festmachen wird, um uns einsteigen zu lassen. Stattdessen ist ein "fliegender Passagierwechsel" vorgesehen. In meinem Kopf sehe ich meine Vorstellung eines fliegenden Wechsels: Ich, in Tweed-Anzug, einem alten englischen Doppeldecker-Bus hinterherrennend und auf die Trittstufe aufspringend.
Tatsächlich trifft mein Kopfkino die Realität - bis auf den Tweedanzug. Zwei Männer von der Bodencrew mit Gehörschutz befestigen eine Leiter auf Rollen an der Passagierkanzel. Der Sog der Propeller lässt die Kleidung noch in 20 Metern Entfernung flattern. "Es gehen jetzt immer zwei Personen auf Aufforderung in Richtung der Kanzel", ruft ein Mitglied der Bodencrew durch den Motorenlärm. Der Grund für die Vorsicht: Der Zeppelin schlingert mangels Fixierung mehrere Meter nach rechts und links. Ich versuche die erste Stufe der Leiter zu erwischen - zu kurz getreten, der Zeppelin schwankt von mir weg. Beim nächsten Versuch gelingt es mir, den Tritt zu erwischen. Zügig kraxle ich sechs steile Stufen nach oben und hechte in die Kanzel.
Raumschifffeeling
Im Innern ist es verglichen mit der Geräuschkulisse auf dem Rollfeld ruhig, kein Motorengeräusch dringt in die Kabine. Schließlich sind alle zwölf Plätze besetzt. Die Luft in der engen Kanzel knistert vor Spannung. Niemand redet mehr, viele hängen sich ihre Kamera um den Hals, andere krallen ihre Hände um das Smartphone. Bei einer Passagierin zeichnen sich die Knöchel weiß unter der Haut ab. Ich stelle mir vor, dass sich so der Start eines Raumschiffs anfühlen muss. Mir kommt David Bowies Lied "Space Oddity" in den Sinn: "Planet earth is blue, and there's nothing I can do". Ein Blick aus dem Fenster: Wir fliegen bereits. Den Start habe ich nicht wahrgenommen. "Bitte noch kurz angeschnallt bleiben", erinnert Flugbegleiterin Betül Wallenfels die Passagiere an die Sicherheit.